Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

machet, auch dieselbe nicht approbiret, bey ihr kein Abfall von der Religion und Verleugnung Christi und seiner Worte seyn, und dabey vorgehen, oder dero Zutritt also genennet werden, eben so wenig als Herr D. Spener ihm selbst oder einem Prediger einen Abfall oder Verleugnung Christi und seiner Worte imputiren wird, obgleich in den Verfall der Evangelischen Kirche, worzu wir uns bekennen, sich solche Dinge finden, die ein Priester dulden muß, welche sonst den Grund des Glaubens und der H. Sacramenten gar hefftig berühren, wenn nehmlich von so mannichen Prediger der Glaube so krafftloß zur Heiligung geprediget, und die Sacramente so liederlich denen Leuthen zu ihren opere operato hingereichet werden, ja von manchen noch sorgfältigen Prediger zu seiner grossen Beänstigung hingereichet werden müssen.

Der 2. Grund, welchen der seelige Herr D. Spener anführet, istBeantwortung des 2. arguments von der Sünde wieder das Gewissen. dieser, daß die Bekänntnüs zu der Catholischen Religion, wo man vorher in unserer Lehre gründlich unterrichtet ist, eine Sünde wieder das Gewissen sey, welcherley Sünde insgemein den Verlust göttlicher Gnade nach sich ziehe. Welcher Grund zwar in solchen Fall an einer zu denen Catholischen übergehenden Person seine Krafft erhielte, wenn sie im geringsten von dem, was eigentliche und insonderheit nothwendige Glaubens-Lehren sind, sie auch als solche vorher erkannt hat, abwiche, oder etwas, was solchen wahren Glaubens-Grund umstösset oder schwächet, annähme. Wann uns aber ja genugsam bekannt, in was consideration die Lehre von der infallibilität des Pabsts bey denen grossen Herrn sey, diejenige Prinzeßin auch, welche mit ihrer Heyrath an einen Catholischen Herrn zu solcher Religion übergehet, den Grund dero vorher gefasseten Glaubens-Lehren beständig bewahret, unsere Evangelische Lehre und deren Bekenner nicht als ketzerisch abschwehret, das heilige Abendmahl unter beyderley Gestalt behält, und was noch von Schlacken bey der Messe sich finden möchte, sich nicht theilhafftig machet; so kan auch derselben dieser Grund nicht treffen, und sie einer Sünde wieder das Gewissen in diesem Stücke nicht beschuldiget werden.

Es wendet zwar der Herr D. Spener gegen solchen VorbehaltUnd der Spenerischen Einwürffe a.) von Betrug. und Vorsichtigkeit bey Annehmung der Catholischen Religion ein, daß, wenn man ja Catholischer Seiten in solchen Fällen dispensirte, es doch nur ein Betrug und Spiegelfechten sey, die Leute damit zu fangen, und man nichts anders damit wolle, als auf eine Zeit lang einiges an einem

machet, auch dieselbe nicht approbiret, bey ihr kein Abfall von der Religion und Verleugnung Christi und seiner Worte seyn, und dabey vorgehen, oder dero Zutritt also genennet werden, eben so wenig als Herr D. Spener ihm selbst oder einem Prediger einen Abfall oder Verleugnung Christi und seiner Worte imputiren wird, obgleich in den Verfall der Evangelischen Kirche, worzu wir uns bekennen, sich solche Dinge finden, die ein Priester dulden muß, welche sonst den Grund des Glaubens und der H. Sacramenten gar hefftig berühren, wenn nehmlich von so mannichen Prediger der Glaube so krafftloß zur Heiligung geprediget, und die Sacramente so liederlich denen Leuthen zu ihren opere operato hingereichet werden, ja von manchen noch sorgfältigen Prediger zu seiner grossen Beänstigung hingereichet werden müssen.

Der 2. Grund, welchen der seelige Herr D. Spener anführet, istBeantwortung des 2. arguments von der Sünde wieder das Gewissen. dieser, daß die Bekänntnüs zu der Catholischen Religion, wo man vorher in unserer Lehre gründlich unterrichtet ist, eine Sünde wieder das Gewissen sey, welcherley Sünde insgemein den Verlust göttlicher Gnade nach sich ziehe. Welcher Grund zwar in solchen Fall an einer zu denen Catholischen übergehenden Person seine Krafft erhielte, wenn sie im geringsten von dem, was eigentliche und insonderheit nothwendige Glaubens-Lehren sind, sie auch als solche vorher erkannt hat, abwiche, oder etwas, was solchen wahren Glaubens-Grund umstösset oder schwächet, annähme. Wann uns aber ja genugsam bekannt, in was consideration die Lehre von der infallibilität des Pabsts bey denen grossen Herrn sey, diejenige Prinzeßin auch, welche mit ihrer Heyrath an einen Catholischen Herrn zu solcher Religion übergehet, den Grund dero vorher gefasseten Glaubens-Lehren beständig bewahret, unsere Evangelische Lehre und deren Bekenner nicht als ketzerisch abschwehret, das heilige Abendmahl unter beyderley Gestalt behält, und was noch von Schlacken bey der Messe sich finden möchte, sich nicht theilhafftig machet; so kan auch derselben dieser Grund nicht treffen, und sie einer Sünde wieder das Gewissen in diesem Stücke nicht beschuldiget werden.

Es wendet zwar der Herr D. Spener gegen solchen VorbehaltUnd der Spenerischen Einwürffe a.) von Betrug. und Vorsichtigkeit bey Annehmung der Catholischen Religion ein, daß, wenn man ja Catholischer Seiten in solchen Fällen dispensirte, es doch nur ein Betrug und Spiegelfechten sey, die Leute damit zu fangen, und man nichts anders damit wolle, als auf eine Zeit lang einiges an einem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0101" n="93"/>
machet, auch dieselbe nicht approbiret, bey ihr kein                      Abfall von der Religion und Verleugnung Christi und seiner Worte seyn, und dabey                      vorgehen, oder dero Zutritt also genennet werden, eben so wenig als Herr D.                      Spener ihm selbst oder einem Prediger einen Abfall oder Verleugnung Christi und                      seiner Worte imputiren wird, obgleich in den Verfall der Evangelischen Kirche,                      worzu wir uns bekennen, sich solche Dinge finden, die ein Priester dulden muß,                      welche sonst den Grund des Glaubens und der H. Sacramenten gar hefftig berühren,                      wenn nehmlich von so mannichen Prediger der Glaube so krafftloß zur Heiligung                      geprediget, und die Sacramente so liederlich denen Leuthen zu ihren <hi rendition="#i">opere operato</hi> hingereichet werden, ja von manchen noch                      sorgfältigen Prediger zu seiner grossen Beänstigung hingereichet werden                      müssen.</p>
        <p>Der 2. Grund, welchen der seelige Herr D. Spener anführet, ist<note place="right">Beantwortung des 2. arguments von der Sünde wieder das Gewissen.</note>                      dieser, daß die Bekänntnüs zu der Catholischen Religion, wo man vorher in                      unserer Lehre gründlich unterrichtet ist, eine Sünde wieder das Gewissen sey,                      welcherley Sünde insgemein den Verlust göttlicher Gnade nach sich ziehe. Welcher                      Grund zwar in solchen Fall an einer zu denen Catholischen übergehenden Person                      seine Krafft erhielte, wenn sie im geringsten von dem, was eigentliche und                      insonderheit nothwendige Glaubens-Lehren sind, sie auch als solche vorher                      erkannt hat, abwiche, oder etwas, was solchen wahren Glaubens-Grund umstösset                      oder schwächet, annähme. Wann uns aber ja genugsam bekannt, in was consideration                      die Lehre von der infallibilität des Pabsts bey denen grossen Herrn sey,                      diejenige Prinzeßin auch, welche mit ihrer Heyrath an einen Catholischen Herrn                      zu solcher Religion übergehet, den Grund dero vorher gefasseten Glaubens-Lehren                      beständig bewahret, unsere Evangelische Lehre und deren Bekenner nicht als                      ketzerisch abschwehret, das heilige Abendmahl unter beyderley Gestalt behält,                      und was noch von Schlacken bey der Messe sich finden möchte, sich nicht                      theilhafftig machet; so kan auch derselben dieser Grund nicht treffen, und sie                      einer Sünde wieder das Gewissen in diesem Stücke nicht beschuldiget werden.</p>
        <p>Es wendet zwar der Herr D. Spener gegen solchen Vorbehalt<note place="right">Und                          der Spenerischen Einwürffe a.) von Betrug.</note> und Vorsichtigkeit bey                      Annehmung der Catholischen Religion ein, daß, wenn man ja Catholischer Seiten in                      solchen Fällen dispensirte, es doch nur ein Betrug und Spiegelfechten sey, die                      Leute damit zu fangen, und man nichts anders damit wolle, als auf eine Zeit lang                      einiges an einem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0101] machet, auch dieselbe nicht approbiret, bey ihr kein Abfall von der Religion und Verleugnung Christi und seiner Worte seyn, und dabey vorgehen, oder dero Zutritt also genennet werden, eben so wenig als Herr D. Spener ihm selbst oder einem Prediger einen Abfall oder Verleugnung Christi und seiner Worte imputiren wird, obgleich in den Verfall der Evangelischen Kirche, worzu wir uns bekennen, sich solche Dinge finden, die ein Priester dulden muß, welche sonst den Grund des Glaubens und der H. Sacramenten gar hefftig berühren, wenn nehmlich von so mannichen Prediger der Glaube so krafftloß zur Heiligung geprediget, und die Sacramente so liederlich denen Leuthen zu ihren opere operato hingereichet werden, ja von manchen noch sorgfältigen Prediger zu seiner grossen Beänstigung hingereichet werden müssen. Der 2. Grund, welchen der seelige Herr D. Spener anführet, ist dieser, daß die Bekänntnüs zu der Catholischen Religion, wo man vorher in unserer Lehre gründlich unterrichtet ist, eine Sünde wieder das Gewissen sey, welcherley Sünde insgemein den Verlust göttlicher Gnade nach sich ziehe. Welcher Grund zwar in solchen Fall an einer zu denen Catholischen übergehenden Person seine Krafft erhielte, wenn sie im geringsten von dem, was eigentliche und insonderheit nothwendige Glaubens-Lehren sind, sie auch als solche vorher erkannt hat, abwiche, oder etwas, was solchen wahren Glaubens-Grund umstösset oder schwächet, annähme. Wann uns aber ja genugsam bekannt, in was consideration die Lehre von der infallibilität des Pabsts bey denen grossen Herrn sey, diejenige Prinzeßin auch, welche mit ihrer Heyrath an einen Catholischen Herrn zu solcher Religion übergehet, den Grund dero vorher gefasseten Glaubens-Lehren beständig bewahret, unsere Evangelische Lehre und deren Bekenner nicht als ketzerisch abschwehret, das heilige Abendmahl unter beyderley Gestalt behält, und was noch von Schlacken bey der Messe sich finden möchte, sich nicht theilhafftig machet; so kan auch derselben dieser Grund nicht treffen, und sie einer Sünde wieder das Gewissen in diesem Stücke nicht beschuldiget werden. Beantwortung des 2. arguments von der Sünde wieder das Gewissen. Es wendet zwar der Herr D. Spener gegen solchen Vorbehalt und Vorsichtigkeit bey Annehmung der Catholischen Religion ein, daß, wenn man ja Catholischer Seiten in solchen Fällen dispensirte, es doch nur ein Betrug und Spiegelfechten sey, die Leute damit zu fangen, und man nichts anders damit wolle, als auf eine Zeit lang einiges an einem Und der Spenerischen Einwürffe a.) von Betrug.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/101
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/101>, abgerufen am 22.11.2024.