Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.testiret haben, und hätte dabey die Umbstehenden zu Zeugen angeruffen. §. V. Nun ist zwar aus denen Rechten bekannt, daß eine Obrigkeit oder Richter wohl befugt sey, die ihm beschehenen injurien ohne weitläufftigen inquisitions-process alsbald zu bestraffen. Nachdem aber die Doctores als Mevius P. 6. Dec. 343. 344. & Parte 9. decis. 108. 111. 112. Carpzovius P. 1. c. 16. def. 28. Doctores ad titulum: si quis jus dicenti non obtemperaverit; & alii a prioribus citati dabey wohl erinnert, daß das factum notorium seye und keines ferneren Beweises brauchen müsse: (wannenhero vermuthlich der Rath gehoffet hatte, daß unser colegium dem Advocato alsbald eine nachdrückliche Geld-Busse, oder suspensionem a praxi auf eine gewisse Zeitlang dictiren würde:) in Gegentheil aber die acta zeugeten, daß die in diesen casu erforderte notorietas nach der Erklährung derer JCtorum noch nicht fürhanden wäre; sondern daß auf Seiten des Raths auch einige affecten aus denen acten selbst zu spühren wären; als war wohl unstreitig, daß noch kein definitiv fallen könte, sondern vorher interloquiret werden müste: nur war die Frage: ob alsbald inquisitio specialis zu erkennen, oder ob nicht vielmehr dem Advocato vorher die defensio pro avertenda zuzulassen wäre? Und nachdem die Umstände in Facultate reiflich überleget worden, wurde beschlossen, daß das Wort inquisition in dem Urtheil übergangen und auf folgende Art gesprochen werden solte: Daraus so viel zu befinden: daß besagter Johann George B. vor allen Dingen wegen der in denen gehaltenen Registraturen, als auch in dem Supplicato fol. 6. befindlichen Puncten auf gewisse Articul zu befragen, auch darnächst ferner Proceß mäßig wieder ihn zu verfahren. Wenn er nun dabey mit seiner Defension zugleich nothdürfftig gehöret worden, ergehet so dann seiner Bestraffung wegen, oder sonsten allenthalben ferner was recht ist. Der dritte Casus, von einen Rath der ein favorable Urtheil wieder einen Advoca-§. VI. Es ist aber indergleichen Fällen nicht zu verwundern, wenn die Collegia dißfalls nicht allemahl einerley Meynung sind: weil öffters beyde Partheyen etliche favorable und odiöse Umbstande vor und wieder sich haben. Also wurden uns in Junio 1699. andre Acta zu geschickt: in welchen der Rath einer Stadt einen Advocatum injuriarum für der Landes-Regierung belanget, daß er sie in unterschiedenen Schrifften schimpfflich angegriffen, als wenn er in einen Supplicat über sie geklagt, daß sie ihn über die Gebühr mit Einquartirung beschweret, und sie dabey beschuldiget, daß solches aus lauter Piequanterie und feind- testiret haben, und hätte dabey die Umbstehenden zu Zeugen angeruffen. §. V. Nun ist zwar aus denen Rechten bekannt, daß eine Obrigkeit oder Richter wohl befugt sey, die ihm beschehenen injurien ohne weitläufftigen inquisitions-process alsbald zu bestraffen. Nachdem aber die Doctores als Mevius P. 6. Dec. 343. 344. & Parte 9. decis. 108. 111. 112. Carpzovius P. 1. c. 16. def. 28. Doctores ad titulum: si quis jus dicenti non obtemperaverit; & alii a prioribus citati dabey wohl erinnert, daß das factum notorium seye und keines ferneren Beweises brauchen müsse: (wannenhero vermuthlich der Rath gehoffet hatte, daß unser colegium dem Advocato alsbald eine nachdrückliche Geld-Busse, oder suspensionem a praxi auf eine gewisse Zeitlang dictiren würde:) in Gegentheil aber die acta zeugeten, daß die in diesen casu erforderte notorietas nach der Erklährung derer JCtorum noch nicht fürhanden wäre; sondern daß auf Seiten des Raths auch einige affecten aus denen acten selbst zu spühren wären; als war wohl unstreitig, daß noch kein definitiv fallen könte, sondern vorher interloquiret werden müste: nur war die Frage: ob alsbald inquisitio specialis zu erkennen, oder ob nicht vielmehr dem Advocato vorher die defensio pro avertenda zuzulassen wäre? Und nachdem die Umstände in Facultate reiflich überleget worden, wurde beschlossen, daß das Wort inquisition in dem Urtheil übergangen und auf folgende Art gesprochen werden solte: Daraus so viel zu befinden: daß besagter Johann George B. vor allen Dingen wegen der in denen gehaltenen Registraturen, als auch in dem Supplicato fol. 6. befindlichen Puncten auf gewisse Articul zu befragen, auch darnächst ferner Proceß mäßig wieder ihn zu verfahren. Wenn er nun dabey mit seiner Defension zugleich nothdürfftig gehöret worden, ergehet so dann seiner Bestraffung wegen, oder sonsten allenthalben ferner was recht ist. Der dritte Casus, von einen Rath der ein favorable Urtheil wieder einen Advoca-§. VI. Es ist aber indergleichen Fällen nicht zu verwundern, wenn die Collegia dißfalls nicht allemahl einerley Meynung sind: weil öffters beyde Partheyen etliche favorable und odiöse Umbstande vor und wieder sich haben. Also wurden uns in Junio 1699. andre Acta zu geschickt: in welchen der Rath einer Stadt einen Advocatum injuriarum für der Landes-Regierung belanget, daß er sie in unterschiedenen Schrifften schimpfflich angegriffen, als wenn er in einen Supplicat über sie geklagt, daß sie ihn über die Gebühr mit Einquartirung beschweret, und sie dabey beschuldiget, daß solches aus lauter Piequanterie und feind- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0288" n="282"/> testiret haben, und hätte dabey die Umbstehenden zu Zeugen angeruffen.</p> <note place="left">Unser Urtheil nebst etlichen dazu gehörigen Anmerckungen.</note> <p>§. V. Nun ist zwar aus denen Rechten bekannt, daß eine Obrigkeit oder Richter wohl befugt sey, die ihm beschehenen injurien ohne weitläufftigen inquisitions-process alsbald zu bestraffen. Nachdem aber die Doctores als Mevius P. 6. Dec. 343. 344. & Parte 9. decis. 108. 111. 112. Carpzovius P. 1. c. 16. def. 28. Doctores ad titulum: si quis jus dicenti non obtemperaverit; & alii a prioribus citati dabey wohl erinnert, daß das factum notorium seye und keines ferneren Beweises brauchen müsse: (wannenhero vermuthlich der Rath gehoffet hatte, daß unser colegium dem Advocato alsbald eine nachdrückliche Geld-Busse, oder suspensionem a praxi auf eine gewisse Zeitlang dictiren würde:) in Gegentheil aber die acta zeugeten, daß die in diesen casu erforderte notorietas nach der Erklährung derer JCtorum noch nicht fürhanden wäre; sondern daß auf Seiten des Raths auch einige affecten aus denen acten selbst zu spühren wären; als war wohl unstreitig, daß noch kein definitiv fallen könte, sondern vorher interloquiret werden müste: nur war die Frage: ob alsbald inquisitio specialis zu erkennen, oder ob nicht vielmehr dem Advocato vorher die defensio pro avertenda zuzulassen wäre? Und nachdem die Umstände in Facultate reiflich überleget worden, wurde beschlossen, daß das Wort inquisition in dem Urtheil übergangen und auf folgende Art gesprochen werden solte:</p> <p>Daraus so viel zu befinden: daß besagter Johann George B. vor allen Dingen wegen der in denen gehaltenen Registraturen, als auch in dem Supplicato fol. 6. befindlichen Puncten auf gewisse Articul zu befragen, auch darnächst ferner Proceß mäßig wieder ihn zu verfahren. Wenn er nun dabey mit seiner Defension zugleich nothdürfftig gehöret worden, ergehet so dann seiner Bestraffung wegen, oder sonsten allenthalben ferner was recht ist.</p> <note place="left">Der dritte <hi rendition="#i">Casus</hi>, von einen Rath der ein <hi rendition="#i">favorable</hi> Urtheil wieder einen Advoca-</note> <p>§. VI. Es ist aber indergleichen Fällen nicht zu verwundern, wenn die Collegia dißfalls nicht allemahl einerley Meynung sind: weil öffters beyde Partheyen etliche favorable und odiöse Umbstande vor und wieder sich haben. Also wurden uns in Junio 1699. andre Acta zu geschickt: in welchen der Rath einer Stadt einen Advocatum injuriarum für der Landes-Regierung belanget, daß er sie in unterschiedenen Schrifften schimpfflich angegriffen, als wenn er in einen Supplicat über sie geklagt, daß sie ihn über die Gebühr mit Einquartirung beschweret, und sie dabey beschuldiget, daß solches aus lauter <hi rendition="#i">Piequanterie</hi> und feind- </p> </div> </body> </text> </TEI> [282/0288]
testiret haben, und hätte dabey die Umbstehenden zu Zeugen angeruffen.
§. V. Nun ist zwar aus denen Rechten bekannt, daß eine Obrigkeit oder Richter wohl befugt sey, die ihm beschehenen injurien ohne weitläufftigen inquisitions-process alsbald zu bestraffen. Nachdem aber die Doctores als Mevius P. 6. Dec. 343. 344. & Parte 9. decis. 108. 111. 112. Carpzovius P. 1. c. 16. def. 28. Doctores ad titulum: si quis jus dicenti non obtemperaverit; & alii a prioribus citati dabey wohl erinnert, daß das factum notorium seye und keines ferneren Beweises brauchen müsse: (wannenhero vermuthlich der Rath gehoffet hatte, daß unser colegium dem Advocato alsbald eine nachdrückliche Geld-Busse, oder suspensionem a praxi auf eine gewisse Zeitlang dictiren würde:) in Gegentheil aber die acta zeugeten, daß die in diesen casu erforderte notorietas nach der Erklährung derer JCtorum noch nicht fürhanden wäre; sondern daß auf Seiten des Raths auch einige affecten aus denen acten selbst zu spühren wären; als war wohl unstreitig, daß noch kein definitiv fallen könte, sondern vorher interloquiret werden müste: nur war die Frage: ob alsbald inquisitio specialis zu erkennen, oder ob nicht vielmehr dem Advocato vorher die defensio pro avertenda zuzulassen wäre? Und nachdem die Umstände in Facultate reiflich überleget worden, wurde beschlossen, daß das Wort inquisition in dem Urtheil übergangen und auf folgende Art gesprochen werden solte:
Daraus so viel zu befinden: daß besagter Johann George B. vor allen Dingen wegen der in denen gehaltenen Registraturen, als auch in dem Supplicato fol. 6. befindlichen Puncten auf gewisse Articul zu befragen, auch darnächst ferner Proceß mäßig wieder ihn zu verfahren. Wenn er nun dabey mit seiner Defension zugleich nothdürfftig gehöret worden, ergehet so dann seiner Bestraffung wegen, oder sonsten allenthalben ferner was recht ist.
§. VI. Es ist aber indergleichen Fällen nicht zu verwundern, wenn die Collegia dißfalls nicht allemahl einerley Meynung sind: weil öffters beyde Partheyen etliche favorable und odiöse Umbstande vor und wieder sich haben. Also wurden uns in Junio 1699. andre Acta zu geschickt: in welchen der Rath einer Stadt einen Advocatum injuriarum für der Landes-Regierung belanget, daß er sie in unterschiedenen Schrifften schimpfflich angegriffen, als wenn er in einen Supplicat über sie geklagt, daß sie ihn über die Gebühr mit Einquartirung beschweret, und sie dabey beschuldiget, daß solches aus lauter Piequanterie und feind-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/288 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/288>, abgerufen am 16.02.2025. |