Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.Neuhauß ausgesagt, nicht wissen wollen. Ferner deponirt Ida Catharina Grotin, so 12. Jahr alt fol. 3. daß, als sie sich bey der Inquisitin aufgehalten, dieselbe ihr ein Gebet lernen wollen, Krafft dessen Sie ihr Lebetage keinen Mangel haben solte, ihr auch zu dem Ende einst ein Stück-Fleisch, nachhero aber ein Stücke Käse angeboten hätte, welches aber Inquisition fol. 4. gleichfalls negiret: dahero das Mägdgen ingleichen die Blomin und Neuhauß fol. 5. ihr, was bißher gemeldet worden, unter die Augen gesagt. Nichts desto weniger war Inquisitin bey ihrem Leugnen geblieben, hatte aber doch zuweilen dubitanter geantwortet, daß sie sich dessen nicht erinnere. Ferner wurde sie fol. 6. beschuldiget. daß sie Heinrich Bernds Sohn gelähmet hätte, und daß sie, als man ihr solches vorgeworffen, dazu stille geschwiegen, gestalt dann auch fol. 8. Bernd und sein Weib dafür hielten, daß ihr Kind das Unglück in der Inquisitin Hause bekommen hätte; und dabey berichtet, daß die Medici es nicht curiren können, und der eine gemeynet, es sey eine böse Hand darüber gewesen; Hingegen berichtete der Pfarrer fol. 7. daß Inquisitin ihn gesucht, und diese Beschuldigung bey ihm klagen wollen, er sey aber nicht einheimisch gewesen. So wolte man auch die Inquisitin dadurch verdächtig machen, daß, als sie einen Advocaten angesprochen mit ihr ins judicium zu gehen, und dieser geantwortet, er würde nicht zugelassen werden, weil sie der Zauberey beschuldiget würde, sie darauf gesaget hätte: O ihr Männer: Wer Rath geben kan, der gebe Rath! auch nachhero ihren Eydam zum Pastore abgeschickt, und melden lassen: Wo die Sache nicht zum Ende käme, müßte sie sich ein Leid thun: zumahlen da Inquisitin fol. 10. & 11. dieses beydes nicht läugnete, sondern nur dabey zu ihrer Entschuldigung fürbrachte, sie hätte den Advocaten zum Beystand angesprochen, und wäre erschrocken, daß man sie solche Dinge bezüchtigen wolte, und könte auch ein redlich Mensche über dergleichen Dinge wohl Rattenköppisch werden. §. II Gleichwie aber in Facultate geschlossen worden, daß besagte Burgmeyerin von der wieder sie angestellten Inquisition zu entbinden; Also bestanden die Rationes decidendi in folgenden. Obwohl wieder Inquisitin einigen Verdacht zumachen scheinet, daß durch sie dasjenige, so Jürgen Brusius am Lichtmesse Abend begegnet, am ersten auskommen, immassen ihr dann Catharina Blomen und Dietrich Neuhauß, was sie dieserwegen deponiret, ins Gesichte gesaget, Inquisitin auch selbst einiger massen hierunter variiret; Hiernechst da Catharina Grotin ihr ebenfalß unter die Augen gesaget, daß sie ihr einsten Neuhauß ausgesagt, nicht wissen wollen. Ferner deponirt Ida Catharina Grotin, so 12. Jahr alt fol. 3. daß, als sie sich bey der Inquisitin aufgehalten, dieselbe ihr ein Gebet lernen wollen, Krafft dessen Sie ihr Lebetage keinen Mangel haben solte, ihr auch zu dem Ende einst ein Stück-Fleisch, nachhero aber ein Stücke Käse angeboten hätte, welches aber Inquisition fol. 4. gleichfalls negiret: dahero das Mägdgen ingleichen die Blomin und Neuhauß fol. 5. ihr, was bißher gemeldet worden, unter die Augen gesagt. Nichts desto weniger war Inquisitin bey ihrem Leugnen geblieben, hatte aber doch zuweilen dubitanter geantwortet, daß sie sich dessen nicht erinnere. Ferner wurde sie fol. 6. beschuldiget. daß sie Heinrich Bernds Sohn gelähmet hätte, und daß sie, als man ihr solches vorgeworffen, dazu stille geschwiegen, gestalt dann auch fol. 8. Bernd und sein Weib dafür hielten, daß ihr Kind das Unglück in der Inquisitin Hause bekommen hätte; und dabey berichtet, daß die Medici es nicht curiren können, und der eine gemeynet, es sey eine böse Hand darüber gewesen; Hingegen berichtete der Pfarrer fol. 7. daß Inquisitin ihn gesucht, und diese Beschuldigung bey ihm klagen wollen, er sey aber nicht einheimisch gewesen. So wolte man auch die Inquisitin dadurch verdächtig machen, daß, als sie einen Advocaten angesprochen mit ihr ins judicium zu gehen, und dieser geantwortet, er würde nicht zugelassen werden, weil sie der Zauberey beschuldiget würde, sie darauf gesaget hätte: O ihr Männer: Wer Rath geben kan, der gebe Rath! auch nachhero ihren Eydam zum Pastore abgeschickt, und melden lassen: Wo die Sache nicht zum Ende käme, müßte sie sich ein Leid thun: zumahlen da Inquisitin fol. 10. & 11. dieses beydes nicht läugnete, sondern nur dabey zu ihrer Entschuldigung fürbrachte, sie hätte den Advocaten zum Beystand angesprochen, und wäre erschrocken, daß man sie solche Dinge bezüchtigen wolte, und könte auch ein redlich Mensche über dergleichen Dinge wohl Rattenköppisch werden. §. II Gleichwie aber in Facultate geschlossen worden, daß besagte Burgmeyerin von der wieder sie angestellten Inquisition zu entbinden; Also bestanden die Rationes decidendi in folgenden. Obwohl wieder Inquisitin einigen Verdacht zumachen scheinet, daß durch sie dasjenige, so Jürgen Brusius am Lichtmesse Abend begegnet, am ersten auskommen, immassen ihr dann Catharina Blomen und Dietrich Neuhauß, was sie dieserwegen deponiret, ins Gesichte gesaget, Inquisitin auch selbst einiger massen hierunter variiret; Hiernechst da Catharina Grotin ihr ebenfalß unter die Augen gesaget, daß sie ihr einsten <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0228" n="222"/> Neuhauß ausgesagt, nicht wissen wollen. Ferner deponirt Ida Catharina Grotin, so 12. Jahr alt fol. 3. daß, als sie sich bey der Inquisitin aufgehalten, dieselbe ihr ein Gebet lernen wollen, Krafft dessen Sie ihr Lebetage keinen Mangel haben solte, ihr auch zu dem Ende einst ein Stück-Fleisch, nachhero aber ein Stücke Käse angeboten hätte, welches aber Inquisition fol. 4. gleichfalls negiret: dahero das Mägdgen ingleichen die Blomin und Neuhauß fol. 5. ihr, was bißher gemeldet worden, unter die Augen gesagt. Nichts desto weniger war Inquisitin bey ihrem Leugnen geblieben, hatte aber doch zuweilen dubitanter geantwortet, daß sie sich dessen nicht erinnere. Ferner wurde sie fol. 6. beschuldiget. daß sie Heinrich Bernds Sohn gelähmet hätte, und daß sie, als man ihr solches vorgeworffen, dazu stille geschwiegen, gestalt dann auch fol. 8. Bernd und sein Weib dafür hielten, daß ihr Kind das Unglück in der Inquisitin Hause bekommen hätte; und dabey berichtet, daß die Medici es nicht curiren können, und der eine gemeynet, es sey eine böse Hand darüber gewesen; Hingegen berichtete der Pfarrer fol. 7. daß Inquisitin ihn gesucht, und diese Beschuldigung bey ihm klagen wollen, er sey aber nicht einheimisch gewesen. So wolte man auch die Inquisitin dadurch verdächtig machen, daß, als sie einen Advocaten angesprochen mit ihr ins judicium zu gehen, und dieser geantwortet, er würde nicht zugelassen werden, weil sie der Zauberey beschuldiget würde, sie darauf gesaget hätte: O ihr Männer: Wer Rath geben kan, der gebe Rath! auch nachhero ihren Eydam zum Pastore abgeschickt, und melden lassen: Wo die Sache nicht zum Ende käme, müßte sie sich ein Leid thun: zumahlen da Inquisitin fol. 10. & 11. dieses beydes nicht läugnete, sondern nur dabey zu ihrer Entschuldigung fürbrachte, sie hätte den Advocaten zum Beystand angesprochen, und wäre erschrocken, daß man sie solche Dinge bezüchtigen wolte, und könte auch ein redlich Mensche über dergleichen Dinge wohl Rattenköppisch werden.</p> <note place="left"><hi rendition="#i">Sententz</hi> mit denen <hi rendition="#i">rationibus.</hi></note> <p>§. 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Neuhauß ausgesagt, nicht wissen wollen. Ferner deponirt Ida Catharina Grotin, so 12. Jahr alt fol. 3. daß, als sie sich bey der Inquisitin aufgehalten, dieselbe ihr ein Gebet lernen wollen, Krafft dessen Sie ihr Lebetage keinen Mangel haben solte, ihr auch zu dem Ende einst ein Stück-Fleisch, nachhero aber ein Stücke Käse angeboten hätte, welches aber Inquisition fol. 4. gleichfalls negiret: dahero das Mägdgen ingleichen die Blomin und Neuhauß fol. 5. ihr, was bißher gemeldet worden, unter die Augen gesagt. Nichts desto weniger war Inquisitin bey ihrem Leugnen geblieben, hatte aber doch zuweilen dubitanter geantwortet, daß sie sich dessen nicht erinnere. Ferner wurde sie fol. 6. beschuldiget. daß sie Heinrich Bernds Sohn gelähmet hätte, und daß sie, als man ihr solches vorgeworffen, dazu stille geschwiegen, gestalt dann auch fol. 8. Bernd und sein Weib dafür hielten, daß ihr Kind das Unglück in der Inquisitin Hause bekommen hätte; und dabey berichtet, daß die Medici es nicht curiren können, und der eine gemeynet, es sey eine böse Hand darüber gewesen; Hingegen berichtete der Pfarrer fol. 7. daß Inquisitin ihn gesucht, und diese Beschuldigung bey ihm klagen wollen, er sey aber nicht einheimisch gewesen. So wolte man auch die Inquisitin dadurch verdächtig machen, daß, als sie einen Advocaten angesprochen mit ihr ins judicium zu gehen, und dieser geantwortet, er würde nicht zugelassen werden, weil sie der Zauberey beschuldiget würde, sie darauf gesaget hätte: O ihr Männer: Wer Rath geben kan, der gebe Rath! auch nachhero ihren Eydam zum Pastore abgeschickt, und melden lassen: Wo die Sache nicht zum Ende käme, müßte sie sich ein Leid thun: zumahlen da Inquisitin fol. 10. & 11. dieses beydes nicht läugnete, sondern nur dabey zu ihrer Entschuldigung fürbrachte, sie hätte den Advocaten zum Beystand angesprochen, und wäre erschrocken, daß man sie solche Dinge bezüchtigen wolte, und könte auch ein redlich Mensche über dergleichen Dinge wohl Rattenköppisch werden.
§. II Gleichwie aber in Facultate geschlossen worden, daß besagte Burgmeyerin von der wieder sie angestellten Inquisition zu entbinden; Also bestanden die Rationes decidendi in folgenden.
Obwohl wieder Inquisitin einigen Verdacht zumachen scheinet, daß durch sie dasjenige, so Jürgen Brusius am Lichtmesse Abend begegnet, am ersten auskommen, immassen ihr dann Catharina Blomen und Dietrich Neuhauß, was sie dieserwegen deponiret, ins Gesichte gesaget, Inquisitin auch selbst einiger massen hierunter variiret; Hiernechst da Catharina Grotin ihr ebenfalß unter die Augen gesaget, daß sie ihr einsten
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/228>, abgerufen am 16.02.2025. |