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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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be ankommet, sondern vielmehr die persona exempta in Betrachtung gezogen werden muß, welche einem höhern Gericht unterworffen, und also ein ander forum competens privilegiatum hat, so durch die Bewohnung eines Bürger-Haufes nicht aufgehoben werden mag, indeme sonst alle Räthe und eximirte Personen, den Stadt-Rath unterworffen werden würden, weil sie doch in Stadt-Häusern wohnen müssen. Martini Comment. ad Ord. Sax. tit. XI. §. II. n. 366. Welches, gleichwie es ungewöhnlich, also ist um so viel weniger zu zweiffeln, daß der Regierung utpote Judici illustrium personarum competenti, und nicht dem Stadt-Magistrat die Versieglung und Inventur nach dem Tode solcher eximirten Personen gebühre, und weil dieser über dieselbe die geringste Jurisdiction nicht hat, auch nicht einmahl bey der Obsignation und Inventur zu concurriren, oder per deputatos zu erscheinen berechtiget sey.

Bey der andern Frage, ob eine Person von solcher Beschaffenheit wie Titia, welche eines vornehmen Herrn Maitresse gewesen, deßhalben pro illustri persona zu halten oder nicht zu halten sey? Will zwar einiger Zweiffel entstehen, daß, weil Cajus Titiam fast affectione maritali geliebet, und dieselbe in den Graffen-Stand wollen erheben lassen, auch die Sache schon ziemlich weit avanciret gewesen, und sonsten cingendus pro cincto gehalten wird, auch das odium in concubinas bey grossen Fürsten und Herren cessiren muß, indeme diese den legibus privatorum poenalibus nicht unterworffen, sondern allein GOTT von ihren Handlungen Rechenschafft geben müssen, hiernechst eine Concubina etwas von dem Splendeur ihres Amanten zu überkommen scheinet, indeme hier eine gleiche ratio als bey den Weibern militiret, welche wegen der genauen Vereinigung etwas von der Ehre ihres Herren und Gemahls participiren, hingegen Titia Inhalts der speciei facti fast einer rechtmäßigen Gemahlin gleich gehalten worden. Jedennoch aber und dieweil der Beyschlaff keinen Adel würcket oder vermehret, indeme dieser einig und allein von der Begnadigung des Kaysers oder Jure sanguinis herrühret, Ericus Mauritius Dissert. de nobil. Imp. Germ. §. 8. p. m. 292. und unter einer Gemahlin und Maitresse ein grosser Unterschied bleibet, Lyncker Cent. II. Decis. 126. Myler ab Ehrenbach Gamol. P. I. Cap. 26. §. 2. seq. folglich die Jura conjugum keinesweges derselben angedeyhen können, ingleichen dubiös, ob auch die Gemahlinnen, wenn sie nicht illustres, durch blosse Verheyrathung in einen solchen trefflichen Stand gesetzet werden, inmassen bekandt, daß sie nicht selten erst von Kayserlicher Majestät in Fürsten- oder Graffen-Stand erhoben werden, wodurch anderer Doctorum wiedrige Meynung ziemlich unwahrscheinlich wird, in gegenwärtigen Fall aber Titia das Kayserliche diploma noch nicht erhalten, hingegen das blosse Unternehmen Caji, und dessen Wunsch nichts reelles würcken mag; ferner der niedere Adel-Stand keinen

be ankommet, sondern vielmehr die persona exempta in Betrachtung gezogen werden muß, welche einem höhern Gericht unterworffen, und also ein ander forum competens privilegiatum hat, so durch die Bewohnung eines Bürger-Haufes nicht aufgehoben werden mag, indeme sonst alle Räthe und eximirte Personen, den Stadt-Rath unterworffen werden würden, weil sie doch in Stadt-Häusern wohnen müssen. Martini Comment. ad Ord. Sax. tit. XI. §. II. n. 366. Welches, gleichwie es ungewöhnlich, also ist um so viel weniger zu zweiffeln, daß der Regierung utpote Judici illustrium personarum competenti, und nicht dem Stadt-Magistrat die Versieglung und Inventur nach dem Tode solcher eximirten Personen gebühre, und weil dieser über dieselbe die geringste Jurisdiction nicht hat, auch nicht einmahl bey der Obsignation und Inventur zu concurriren, oder per deputatos zu erscheinen berechtiget sey.

Bey der andern Frage, ob eine Person von solcher Beschaffenheit wie Titia, welche eines vornehmen Herrn Maitresse gewesen, deßhalben pro illustri persona zu halten oder nicht zu halten sey? Will zwar einiger Zweiffel entstehen, daß, weil Cajus Titiam fast affectione maritali geliebet, und dieselbe in den Graffen-Stand wollen erheben lassen, auch die Sache schon ziemlich weit avanciret gewesen, und sonsten cingendus pro cincto gehalten wird, auch das odium in concubinas bey grossen Fürsten und Herren cessiren muß, indeme diese den legibus privatorum poenalibus nicht unterworffen, sondern allein GOTT von ihren Handlungen Rechenschafft geben müssen, hiernechst eine Concubina etwas von dem Splendeur ihres Amanten zu überkommen scheinet, indeme hier eine gleiche ratio als bey den Weibern militiret, welche wegen der genauen Vereinigung etwas von der Ehre ihres Herren und Gemahls participiren, hingegen Titia Inhalts der speciei facti fast einer rechtmäßigen Gemahlin gleich gehalten worden. Jedennoch aber und dieweil der Beyschlaff keinen Adel würcket oder vermehret, indeme dieser einig und allein von der Begnadigung des Kaysers oder Jure sanguinis herrühret, Ericus Mauritius Dissert. de nobil. Imp. Germ. §. 8. p. m. 292. und unter einer Gemahlin und Maitresse ein grosser Unterschied bleibet, Lyncker Cent. II. Decis. 126. Myler ab Ehrenbach Gamol. P. I. Cap. 26. §. 2. seq. folglich die Jura conjugum keinesweges derselben angedeyhen können, ingleichen dubiös, ob auch die Gemahlinnen, wenn sie nicht illustres, durch blosse Verheyrathung in einen solchen trefflichen Stand gesetzet werden, inmassen bekandt, daß sie nicht selten erst von Kayserlicher Majestät in Fürsten- oder Graffen-Stand erhoben werden, wodurch anderer Doctorum wiedrige Meynung ziemlich unwahrscheinlich wird, in gegenwärtigen Fall aber Titia das Kayserliche diploma noch nicht erhalten, hingegen das blosse Unternehmen Caji, und dessen Wunsch nichts reelles würcken mag; ferner der niedere Adel-Stand keinen

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[219/0225] be ankommet, sondern vielmehr die persona exempta in Betrachtung gezogen werden muß, welche einem höhern Gericht unterworffen, und also ein ander forum competens privilegiatum hat, so durch die Bewohnung eines Bürger-Haufes nicht aufgehoben werden mag, indeme sonst alle Räthe und eximirte Personen, den Stadt-Rath unterworffen werden würden, weil sie doch in Stadt-Häusern wohnen müssen. Martini Comment. ad Ord. Sax. tit. XI. §. II. n. 366. Welches, gleichwie es ungewöhnlich, also ist um so viel weniger zu zweiffeln, daß der Regierung utpote Judici illustrium personarum competenti, und nicht dem Stadt-Magistrat die Versieglung und Inventur nach dem Tode solcher eximirten Personen gebühre, und weil dieser über dieselbe die geringste Jurisdiction nicht hat, auch nicht einmahl bey der Obsignation und Inventur zu concurriren, oder per deputatos zu erscheinen berechtiget sey. Bey der andern Frage, ob eine Person von solcher Beschaffenheit wie Titia, welche eines vornehmen Herrn Maitresse gewesen, deßhalben pro illustri persona zu halten oder nicht zu halten sey? Will zwar einiger Zweiffel entstehen, daß, weil Cajus Titiam fast affectione maritali geliebet, und dieselbe in den Graffen-Stand wollen erheben lassen, auch die Sache schon ziemlich weit avanciret gewesen, und sonsten cingendus pro cincto gehalten wird, auch das odium in concubinas bey grossen Fürsten und Herren cessiren muß, indeme diese den legibus privatorum poenalibus nicht unterworffen, sondern allein GOTT von ihren Handlungen Rechenschafft geben müssen, hiernechst eine Concubina etwas von dem Splendeur ihres Amanten zu überkommen scheinet, indeme hier eine gleiche ratio als bey den Weibern militiret, welche wegen der genauen Vereinigung etwas von der Ehre ihres Herren und Gemahls participiren, hingegen Titia Inhalts der speciei facti fast einer rechtmäßigen Gemahlin gleich gehalten worden. Jedennoch aber und dieweil der Beyschlaff keinen Adel würcket oder vermehret, indeme dieser einig und allein von der Begnadigung des Kaysers oder Jure sanguinis herrühret, Ericus Mauritius Dissert. de nobil. Imp. Germ. §. 8. p. m. 292. und unter einer Gemahlin und Maitresse ein grosser Unterschied bleibet, Lyncker Cent. II. Decis. 126. Myler ab Ehrenbach Gamol. P. I. Cap. 26. §. 2. seq. folglich die Jura conjugum keinesweges derselben angedeyhen können, ingleichen dubiös, ob auch die Gemahlinnen, wenn sie nicht illustres, durch blosse Verheyrathung in einen solchen trefflichen Stand gesetzet werden, inmassen bekandt, daß sie nicht selten erst von Kayserlicher Majestät in Fürsten- oder Graffen-Stand erhoben werden, wodurch anderer Doctorum wiedrige Meynung ziemlich unwahrscheinlich wird, in gegenwärtigen Fall aber Titia das Kayserliche diploma noch nicht erhalten, hingegen das blosse Unternehmen Caji, und dessen Wunsch nichts reelles würcken mag; ferner der niedere Adel-Stand keinen

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/225>, abgerufen am 22.11.2024.