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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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sores zu Straßburg so lange sie unter Franckreichs Botmäßigkeit sind, an die consuetudines Germanicas nicht gebunden werden können. Bey dieser Bewandnüß aber wären doch selbe nicht zu verdencken, daß sie ihre Ehre wieder das Wienerische responsum gerettet, weil dieses ihnen Schuld gegeben, daß sie unrechtmäßig und heßlich gehandelt, indem sie eines Scharffrichtes Sohn zum Doctore Medicinae creiret; obgleich diese promotion die Medicos in Teutschland nicht binden könne, dieselbe für gültig passiren zu lassen. Wie wenn man ferner erinnerte? daß allhier zuförderst zwey unterschiedene Fragen nicht müsten vermischt werden. So lange derer Medicorum oder anderer Doctorum, die eines Scharffrichters Sohn nicht unter sich leyden wollen, ihre hohe Landes-Obrigkeit mit ihnen eines Sinnes ist, so wolte ich dem Doctor Scharffrichters Sohne für seinen Doctor nicht einen Dreyer geben, und wenn er auch selben zu Rom von dem Praetendenten bey der Entbindung dessen Gemahlin erhalten, und noch darzu die neue Frau Gräffin und ehe mahlige Hebamme geheyrathet hätte: Wann aber der Landes-Herr ihn in numerum Medicorum will auffgenommen haben, und zumal wenn er ihn zu diesem Ende vorher legitimiret, da weiß ich eben nicht, ob die Herren Medici mit der distinction weit reichen würden, wenn sie unter andern melden, daß sie zwar nicht läugneten, daß die hohe Landes-Obrigkeit nicht solte Macht haben, unehrliche Leute ehrlich zu machen, sondern sie läugneten nur, daß dergleichen begnadigte Leute könnten zu Doctoribus ge macht und andern Collegiis aufgedrungen werden. Ja allen Ansehen nach haben die Herren Medici sich bey dieser odiösen materie nicht lange aufgehalten, weil sie (wie sie auch zuletzt rühmen) des Beystands ihrer Obrigkeit sich versichert, u. vermuthlich nur etliche wenige von denen Raths-Personen, die von denen meisten überstimmet worden, ihnen zuwieder gewesen. Aber ich will dieses alles nur discursive, nicht aber assertivevorgebracht haben, weil ich für die Hrn. Medicos burchgehends allzugrossen respect habe und gleich da ich dieses schreibe bey dem Autore Meditat. ad Instrum. pacis p. 1405. mit Vergnügen lese, daß derselbe sich nicht einmahl getrauet, mit Leuten von geringerer Condition, nehmlich mit den Barbirern, Peruquen-machern und Apotheckern einzulassen, weil, wie seine Worte lauten, die ersten sich mit dem Scheer-Messer / die andern an denen Haaren / und die dritten mir einen Laxier-Träncklein oder Ciystier leicht revangiren könten. Jedoch wird ihnen nicht zu wieder seyn, weil ich sehe, daß sie die Lesung der Meditationum ad Instrumentum Pacis ihren Adversariis recommendiret, wenn ich sie

sores zu Straßburg so lange sie unter Franckreichs Botmäßigkeit sind, an die consuetudines Germanicas nicht gebunden werden können. Bey dieser Bewandnüß aber wären doch selbe nicht zu verdencken, daß sie ihre Ehre wieder das Wienerische responsum gerettet, weil dieses ihnen Schuld gegeben, daß sie unrechtmäßig und heßlich gehandelt, indem sie eines Scharffrichtes Sohn zum Doctore Medicinae creiret; obgleich diese promotion die Medicos in Teutschland nicht binden könne, dieselbe für gültig passiren zu lassen. Wie wenn man ferner erinnerte? daß allhier zuförderst zwey unterschiedene Fragen nicht müsten vermischt werden. So lange derer Medicorum oder anderer Doctorum, die eines Scharffrichters Sohn nicht unter sich leyden wollen, ihre hohe Landes-Obrigkeit mit ihnen eines Sinnes ist, so wolte ich dem Doctor Scharffrichters Sohne für seinen Doctor nicht einen Dreyer geben, und wenn er auch selben zu Rom von dem Praetendenten bey der Entbindung dessen Gemahlin erhalten, und noch darzu die neue Frau Gräffin und ehe mahlige Hebamme geheyrathet hätte: Wann aber der Landes-Herr ihn in numerum Medicorum will auffgenommen haben, und zumal wenn er ihn zu diesem Ende vorher legitimiret, da weiß ich eben nicht, ob die Herren Medici mit der distinction weit reichen würden, wenn sie unter andern melden, daß sie zwar nicht läugneten, daß die hohe Landes-Obrigkeit nicht solte Macht haben, unehrliche Leute ehrlich zu machen, sondern sie läugneten nur, daß dergleichen begnadigte Leute könnten zu Doctoribus ge macht und andern Collegiis aufgedrungen werden. Ja allen Ansehen nach haben die Herren Medici sich bey dieser odiösen materie nicht lange aufgehalten, weil sie (wie sie auch zuletzt rühmen) des Beystands ihrer Obrigkeit sich versichert, u. vermuthlich nur etliche wenige von denen Raths-Personen, die von denen meisten überstimmet worden, ihnen zuwieder gewesen. Aber ich will dieses alles nur discursive, nicht aber assertivevorgebracht haben, weil ich für die Hrn. Medicos burchgehends allzugrossen respect habe und gleich da ich dieses schreibe bey dem Autore Meditat. ad Instrum. pacis p. 1405. mit Vergnügen lese, daß derselbe sich nicht einmahl getrauet, mit Leuten von geringerer Condition, nehmlich mit den Barbirern, Peruquen-machern und Apotheckern einzulassen, weil, wie seine Worte lauten, die ersten sich mit dem Scheer-Messer / die andern an denen Haaren / und die dritten mir einen Laxier-Träncklein oder Ciystier leicht revangiren könten. Jedoch wird ihnen nicht zu wieder seyn, weil ich sehe, daß sie die Lesung der Meditationum ad Instrumentum Pacis ihren Adversariis recommendiret, wenn ich sie

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[169/0199] sores zu Straßburg so lange sie unter Franckreichs Botmäßigkeit sind, an die consuetudines Germanicas nicht gebunden werden können. Bey dieser Bewandnüß aber wären doch selbe nicht zu verdencken, daß sie ihre Ehre wieder das Wienerische responsum gerettet, weil dieses ihnen Schuld gegeben, daß sie unrechtmäßig und heßlich gehandelt, indem sie eines Scharffrichtes Sohn zum Doctore Medicinae creiret; obgleich diese promotion die Medicos in Teutschland nicht binden könne, dieselbe für gültig passiren zu lassen. Wie wenn man ferner erinnerte? daß allhier zuförderst zwey unterschiedene Fragen nicht müsten vermischt werden. So lange derer Medicorum oder anderer Doctorum, die eines Scharffrichters Sohn nicht unter sich leyden wollen, ihre hohe Landes-Obrigkeit mit ihnen eines Sinnes ist, so wolte ich dem Doctor Scharffrichters Sohne für seinen Doctor nicht einen Dreyer geben, und wenn er auch selben zu Rom von dem Praetendenten bey der Entbindung dessen Gemahlin erhalten, und noch darzu die neue Frau Gräffin und ehe mahlige Hebamme geheyrathet hätte: Wann aber der Landes-Herr ihn in numerum Medicorum will auffgenommen haben, und zumal wenn er ihn zu diesem Ende vorher legitimiret, da weiß ich eben nicht, ob die Herren Medici mit der distinction weit reichen würden, wenn sie unter andern melden, daß sie zwar nicht läugneten, daß die hohe Landes-Obrigkeit nicht solte Macht haben, unehrliche Leute ehrlich zu machen, sondern sie läugneten nur, daß dergleichen begnadigte Leute könnten zu Doctoribus ge macht und andern Collegiis aufgedrungen werden. Ja allen Ansehen nach haben die Herren Medici sich bey dieser odiösen materie nicht lange aufgehalten, weil sie (wie sie auch zuletzt rühmen) des Beystands ihrer Obrigkeit sich versichert, u. vermuthlich nur etliche wenige von denen Raths-Personen, die von denen meisten überstimmet worden, ihnen zuwieder gewesen. Aber ich will dieses alles nur discursive, nicht aber assertivevorgebracht haben, weil ich für die Hrn. Medicos burchgehends allzugrossen respect habe und gleich da ich dieses schreibe bey dem Autore Meditat. ad Instrum. pacis p. 1405. mit Vergnügen lese, daß derselbe sich nicht einmahl getrauet, mit Leuten von geringerer Condition, nehmlich mit den Barbirern, Peruquen-machern und Apotheckern einzulassen, weil, wie seine Worte lauten, die ersten sich mit dem Scheer-Messer / die andern an denen Haaren / und die dritten mir einen Laxier-Träncklein oder Ciystier leicht revangiren könten. Jedoch wird ihnen nicht zu wieder seyn, weil ich sehe, daß sie die Lesung der Meditationum ad Instrumentum Pacis ihren Adversariis recommendiret, wenn ich sie

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/199>, abgerufen am 24.11.2024.