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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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gäben, daß dergleichen promotiones den gemeinen Rechten, auch denen Privilegiis und denen von Käysern confirmirten statutis zuwieder wären, indem dieselben erforderten, daß die Candidati von denen ehrlichsten (ab honestissimis) Eltern gebohren wären, und verböten, daß kein mercklicher befleckter (insignis notae macula inustus) zum Doctor gemacht würde. Denn erstlich stehe dahin, ob die Worte (honestissimis Parentibus) in denen statutis einer eintzigen Universität befindlich seyn solten; Hernach aber, wenn es ja wäre, so könte doch durch dieselbige nicht verstanden werden, daß der Candidaten ihre Eltern eben Leute von sehr geehrter condition seyn müssen, weil sonst die Bauers- und Handwercksmanns-Söhne nicht würden können Doctores werden, sondern daß sie, wie ltter de Grad. Acad. c. 7. §. 20 lehre, ehelich gebohren seyn müsten, denen aber doch die ehrlichgemachten gleich geachtet würden. So wären auch ohne dem der Scharffrichters oder Schinder-Söhne nicht nach der Medicorum Vorgeben laborantes infamia facti, aut insigni macula inusti, denn ihre eintzige raison, weil sie von dergleichen Eltern gebohren wären, hätte keine connexion, und könten sie deshalb keine leges für sich anführen. Was in der Policey-Ordnung 1548. tit. von Handwercks-Söhnen und anno 1577. tit. 38. ausdrücklich von Müllers- oder Baders-Söhnen u. d. g. verordnet würde, hätte schon längst Bentus in Cas. Variis p. 24. gezeiget, daß es auch müsse auf Schinders- oder Scharffrichters Söhne appliciret werden, und zwar um so vielmehr, weil nach allen Rechten der Eltern ihre Mängel und Fehler denen Kindern nicht praejudiciren solten. Decret Gratiani dist 56. per tot. und weil man nach dem gemeinen Rechts-Sprich-Wort eher suchen solle, zehen ehrlich, als einen unehrlich zu machen. Aus diesen Ursachen wären die Juristischen Facultäten in Jena, Tübingen und Leipzig Besage Richteri Part. 2. Decis 80. n. 25. Carpzovii P. II. decis 112. in fine, From manni de levis notae macula § 37. bewogen worden, für die Söhne der Schinder, Scharffrichter / Häscher, zu sprechen, denen auch Mauritius Resp. Tubingensi 7. und Itterus d. c. 7. §. 24. beyfielen und noch andere mehr citirten. Und obwohl auch etliche Juristen anderer Meynung wären, so würden doch diese dadurch überwogen, weil die berühmtesten und gelehrtesten Theologi, Juristen und Medici mit guten Grunde gezweiffelt, daß ein Scharffrichter oder Schinder unehrlich seyn solte. Denn was thäten sie denn übels oder schändliches: Synesius hätte sie schon Epist. 44. die Hände der Gesetze genennet, und Gregorius Nazianzenus in der 8 Epist. gesagt: die Scharffrichter thären nichts übels,

gäben, daß dergleichen promotiones den gemeinen Rechten, auch denen Privilegiis und denen von Käysern confirmirten statutis zuwieder wären, indem dieselben erforderten, daß die Candidati von denen ehrlichsten (ab honestissimis) Eltern gebohren wären, und verböten, daß kein mercklicher befleckter (insignis notae macula inustus) zum Doctor gemacht würde. Denn erstlich stehe dahin, ob die Worte (honestissimis Parentibus) in denen statutis einer eintzigen Universität befindlich seyn solten; Hernach aber, wenn es ja wäre, so könte doch durch dieselbige nicht verstanden werden, daß der Candidaten ihre Eltern eben Leute von sehr geehrter condition seyn müssen, weil sonst die Bauers- und Handwercksmanns-Söhne nicht würden können Doctores werden, sondern daß sie, wie ltter de Grad. Acad. c. 7. §. 20 lehre, ehelich gebohren seyn müsten, denen aber doch die ehrlichgemachten gleich geachtet würden. So wären auch ohne dem der Scharffrichters oder Schinder-Söhne nicht nach der Medicorum Vorgeben laborantes infamia facti, aut insigni macula inusti, denn ihre eintzige raison, weil sie von dergleichen Eltern gebohren wären, hätte keine connexion, und könten sie deshalb keine leges für sich anführen. Was in der Policey-Ordnung 1548. tit. von Handwercks-Söhnen und anno 1577. tit. 38. ausdrücklich von Müllers- oder Baders-Söhnen u. d. g. verordnet würde, hätte schon längst Bentus in Cas. Variis p. 24. gezeiget, daß es auch müsse auf Schinders- oder Scharffrichters Söhne appliciret werden, und zwar um so vielmehr, weil nach allen Rechten der Eltern ihre Mängel und Fehler denen Kindern nicht praejudiciren solten. Decret Gratiani dist 56. per tot. und weil man nach dem gemeinen Rechts-Sprich-Wort eher suchen solle, zehen ehrlich, als einen unehrlich zu machen. Aus diesen Ursachen wären die Juristischen Facultäten in Jena, Tübingen und Leipzig Besage Richteri Part. 2. Decis 80. n. 25. Carpzovii P. II. decis 112. in fine, From manni de levis notae macula § 37. bewogen worden, für die Söhne der Schinder, Scharffrichter / Häscher, zu sprechen, denen auch Mauritius Resp. Tubingensi 7. und Itterus d. c. 7. §. 24. beyfielen und noch andere mehr citirten. Und obwohl auch etliche Juristen anderer Meynung wären, so würden doch diese dadurch überwogen, weil die berühmtesten und gelehrtesten Theologi, Juristen und Medici mit guten Grunde gezweiffelt, daß ein Scharffrichter oder Schinder unehrlich seyn solte. Denn was thäten sie denn übels oder schändliches: Synesius hätte sie schon Epist. 44. die Hände der Gesetze genennet, und Gregorius Nazianzenus in der 8 Epist. gesagt: die Scharffrichter thären nichts übels,

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[187/0193] gäben, daß dergleichen promotiones den gemeinen Rechten, auch denen Privilegiis und denen von Käysern confirmirten statutis zuwieder wären, indem dieselben erforderten, daß die Candidati von denen ehrlichsten (ab honestissimis) Eltern gebohren wären, und verböten, daß kein mercklicher befleckter (insignis notae macula inustus) zum Doctor gemacht würde. Denn erstlich stehe dahin, ob die Worte (honestissimis Parentibus) in denen statutis einer eintzigen Universität befindlich seyn solten; Hernach aber, wenn es ja wäre, so könte doch durch dieselbige nicht verstanden werden, daß der Candidaten ihre Eltern eben Leute von sehr geehrter condition seyn müssen, weil sonst die Bauers- und Handwercksmanns-Söhne nicht würden können Doctores werden, sondern daß sie, wie ltter de Grad. Acad. c. 7. §. 20 lehre, ehelich gebohren seyn müsten, denen aber doch die ehrlichgemachten gleich geachtet würden. So wären auch ohne dem der Scharffrichters oder Schinder-Söhne nicht nach der Medicorum Vorgeben laborantes infamia facti, aut insigni macula inusti, denn ihre eintzige raison, weil sie von dergleichen Eltern gebohren wären, hätte keine connexion, und könten sie deshalb keine leges für sich anführen. Was in der Policey-Ordnung 1548. tit. von Handwercks-Söhnen und anno 1577. tit. 38. ausdrücklich von Müllers- oder Baders-Söhnen u. d. g. verordnet würde, hätte schon längst Bentus in Cas. Variis p. 24. gezeiget, daß es auch müsse auf Schinders- oder Scharffrichters Söhne appliciret werden, und zwar um so vielmehr, weil nach allen Rechten der Eltern ihre Mängel und Fehler denen Kindern nicht praejudiciren solten. Decret Gratiani dist 56. per tot. und weil man nach dem gemeinen Rechts-Sprich-Wort eher suchen solle, zehen ehrlich, als einen unehrlich zu machen. Aus diesen Ursachen wären die Juristischen Facultäten in Jena, Tübingen und Leipzig Besage Richteri Part. 2. Decis 80. n. 25. Carpzovii P. II. decis 112. in fine, From manni de levis notae macula § 37. bewogen worden, für die Söhne der Schinder, Scharffrichter / Häscher, zu sprechen, denen auch Mauritius Resp. Tubingensi 7. und Itterus d. c. 7. §. 24. beyfielen und noch andere mehr citirten. Und obwohl auch etliche Juristen anderer Meynung wären, so würden doch diese dadurch überwogen, weil die berühmtesten und gelehrtesten Theologi, Juristen und Medici mit guten Grunde gezweiffelt, daß ein Scharffrichter oder Schinder unehrlich seyn solte. Denn was thäten sie denn übels oder schändliches: Synesius hätte sie schon Epist. 44. die Hände der Gesetze genennet, und Gregorius Nazianzenus in der 8 Epist. gesagt: die Scharffrichter thären nichts übels,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/193>, abgerufen am 24.11.2024.