Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

dorff, sondern auch eines dergleichen von der Medicinischen Facultät zu Wien, und producirten selbiges im October 1719, bey dem Rath zu Regensburg, in welchem, und fürnehmlich in dem letzten, gesprochen war, daß es eine schändliche und unerhörte That seyn würde, wenn man eines Schinders Sohn in coetum der Medicorum aufnehmen wolte, und daß die zu Straßburg geschehene Doctoral-promotion für unrechtmäßig, heßlich und nichtig zu achten wäre. Nun mochten wohl unterschiedene vom Rathe zu Regensburg mit ihren Medicis in diesem Stücke nicht einig seyn, und also ist nicht zu verwundern, daß das Responsum derer Medicorum zu Wien auch nach Straßburg passirte und die dasige Universität davon Copey erhielte. Diese säumten sich nicht, ihre promotion zu vertheydigen und wiederlegten das Wienerische Responsum in einem programmate, welches der damahlige Rector D. Schertz, Professor Juris im Monath December 1719. (bey Gelegenheit einer invitation zu Anhörung der Anfangs-Oration eines neuerwehlten Professoris Botanices & Chymiae) drucken lassen. Die Medici zu Regensburg liessen darauf Anno 1620. wiewohl ohne Benennung des Orts wiederum eine dissertationem epistolarem drucken und vertheydigten das Wienerische Responsum.

Rationes der Straßburgischen JCtorum mit welchen sie dergleichen promotiones vertheydigen.

§. X. Das Straßburgische Programma wundert sich anfänglich, daß des promovirten Scharffrichters-Sohns Feinde sich beredet hätten, den Stadt-Magistrat zu Regensburg durch ein Medicinisches Responsum auf ihre Seite zu bringen, und daß die Medici zu Wien sich unterfangen, in Sachen, die für die Juristen gehöreten, und da sie die fundamenta, was recht oder unrecht wäre, nicht gelernet hätten, Responfa zu geben, und, was noch ärger, der hohen Landes-Obrigkeiten ihre jura und regalia anzutasten, indem sie gemeldet; daß die infames infamia facti (dergleichen der Schinder ihre Söhne wären) und wenn sie auch schon von denen Landes-Fürsten ehrlich gemacht wären, in den Doctor-Stand nicht aufgenommen werden könten. Denn hierdurch würde ja das regale die Leute mit Nachdruck und vollkommen ehrlich zu machen, angefochten, welches doch insgemein von denen Publicisten (als Limnaeo, Rhetio, Schwedero) nebst dem Käyser auch allen Reichs Ständen zugestanden würde. Käyser Ferdinandus III. habe 1640. einem Scharffrichter ein diploma gegeben, in welchen er hohe und niedrige Aemter, geist- und weltliche Lehen und andere Gericht und Rechte zu besitzen, Urtheil schöpffen und recht zu sprechen fähig gemacht worden. Es helffe denen dissentirenden nichts, wenn sie vor-

dorff, sondern auch eines dergleichen von der Medicinischen Facultät zu Wien, und producirten selbiges im October 1719, bey dem Rath zu Regensburg, in welchem, und fürnehmlich in dem letzten, gesprochen war, daß es eine schändliche und unerhörte That seyn würde, wenn man eines Schinders Sohn in coetum der Medicorum aufnehmen wolte, und daß die zu Straßburg geschehene Doctoral-promotion für unrechtmäßig, heßlich und nichtig zu achten wäre. Nun mochten wohl unterschiedene vom Rathe zu Regensburg mit ihren Medicis in diesem Stücke nicht einig seyn, und also ist nicht zu verwundern, daß das Responsum derer Medicorum zu Wien auch nach Straßburg passirte und die dasige Universität davon Copey erhielte. Diese säumten sich nicht, ihre promotion zu vertheydigen und wiederlegten das Wienerische Responsum in einem programmate, welches der damahlige Rector D. Schertz, Professor Juris im Monath December 1719. (bey Gelegenheit einer invitation zu Anhörung der Anfangs-Oration eines neuerwehlten Professoris Botanices & Chymiae) drucken lassen. Die Medici zu Regensburg liessen darauf Anno 1620. wiewohl ohne Benennung des Orts wiederum eine dissertationem epistolarem drucken und vertheydigten das Wienerische Responsum.

Rationes der Straßburgischen JCtorum mit welchen sie dergleichen promotiones vertheydigen.

§. X. Das Straßburgische Programma wundert sich anfänglich, daß des promovirten Scharffrichters-Sohns Feinde sich beredet hätten, den Stadt-Magistrat zu Regensburg durch ein Medicinisches Responsum auf ihre Seite zu bringen, und daß die Medici zu Wien sich unterfangen, in Sachen, die für die Juristen gehöreten, und da sie die fundamenta, was recht oder unrecht wäre, nicht gelernet hätten, Responfa zu geben, und, was noch ärger, der hohen Landes-Obrigkeiten ihre jura und regalia anzutasten, indem sie gemeldet; daß die infames infamia facti (dergleichen der Schinder ihre Söhne wären) und wenn sie auch schon von denen Landes-Fürsten ehrlich gemacht wären, in den Doctor-Stand nicht aufgenommen werden könten. Denn hierdurch würde ja das regale die Leute mit Nachdruck und vollkommen ehrlich zu machen, angefochten, welches doch insgemein von denen Publicisten (als Limnaeo, Rhetio, Schwedero) nebst dem Käyser auch allen Reichs Ständen zugestanden würde. Käyser Ferdinandus III. habe 1640. einem Scharffrichter ein diploma gegeben, in welchen er hohe und niedrige Aemter, geist- und weltliche Lehen und andere Gericht und Rechte zu besitzen, Urtheil schöpffen und recht zu sprechen fähig gemacht worden. Es helffe denen dissentirenden nichts, wenn sie vor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0192" n="186"/>
dorff, sondern auch eines dergleichen von der                      Medicinischen Facultät zu Wien, und producirten selbiges im October 1719, bey                      dem Rath zu Regensburg, in welchem, und fürnehmlich in dem letzten, gesprochen                      war, daß es eine schändliche und unerhörte That seyn würde, wenn man eines                      Schinders Sohn in coetum der Medicorum aufnehmen wolte, und daß die zu Straßburg                      geschehene Doctoral-promotion für unrechtmäßig, heßlich und nichtig zu achten                      wäre. Nun mochten wohl unterschiedene vom Rathe zu Regensburg mit ihren Medicis                      in diesem Stücke nicht einig seyn, und also ist nicht zu verwundern, daß das                      Responsum derer Medicorum zu Wien auch nach Straßburg passirte und die dasige                      Universität davon Copey erhielte. Diese säumten sich nicht, ihre promotion zu                      vertheydigen und wiederlegten das Wienerische Responsum in einem programmate,                      welches der damahlige Rector D. Schertz, Professor Juris im Monath December                      1719. (bey Gelegenheit einer invitation zu Anhörung der Anfangs-Oration eines                      neuerwehlten Professoris Botanices &amp; Chymiae) drucken lassen. Die Medici                      zu Regensburg liessen darauf Anno 1620. wiewohl ohne Benennung des Orts wiederum                      eine dissertationem epistolarem drucken und vertheydigten das Wienerische                      Responsum.</p>
        <note place="left"><hi rendition="#i">Rationes</hi> der Straßburgischen <hi rendition="#i">JCtorum</hi> mit welchen sie dergleichen <hi rendition="#i">promotiones</hi> vertheydigen.</note>
        <p>§. X. Das Straßburgische Programma wundert sich anfänglich, daß des promovirten                      Scharffrichters-Sohns Feinde sich beredet hätten, den Stadt-Magistrat zu                      Regensburg durch ein Medicinisches Responsum auf ihre Seite zu bringen, und daß                      die Medici zu Wien sich unterfangen, in Sachen, die für die Juristen gehöreten,                      und da sie die fundamenta, was recht oder unrecht wäre, nicht gelernet hätten,                      Responfa zu geben, und, was noch ärger, der hohen Landes-Obrigkeiten ihre jura                      und regalia anzutasten, indem sie gemeldet; daß die infames infamia facti                      (dergleichen der Schinder ihre Söhne wären) und wenn sie auch schon von denen                      Landes-Fürsten ehrlich gemacht wären, in den Doctor-Stand nicht aufgenommen                      werden könten. Denn hierdurch würde ja das regale die Leute mit Nachdruck und                      vollkommen ehrlich zu machen, angefochten, welches doch insgemein von denen                      Publicisten (als Limnaeo, Rhetio, Schwedero) nebst dem Käyser auch allen Reichs                      Ständen zugestanden würde. Käyser Ferdinandus III. habe 1640. einem                      Scharffrichter ein diploma gegeben, in welchen er hohe und niedrige Aemter,                      geist- und weltliche Lehen und andere Gericht und Rechte zu besitzen, Urtheil                      schöpffen und recht zu sprechen fähig gemacht worden. Es helffe denen                      dissentirenden nichts, wenn sie vor-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0192] dorff, sondern auch eines dergleichen von der Medicinischen Facultät zu Wien, und producirten selbiges im October 1719, bey dem Rath zu Regensburg, in welchem, und fürnehmlich in dem letzten, gesprochen war, daß es eine schändliche und unerhörte That seyn würde, wenn man eines Schinders Sohn in coetum der Medicorum aufnehmen wolte, und daß die zu Straßburg geschehene Doctoral-promotion für unrechtmäßig, heßlich und nichtig zu achten wäre. Nun mochten wohl unterschiedene vom Rathe zu Regensburg mit ihren Medicis in diesem Stücke nicht einig seyn, und also ist nicht zu verwundern, daß das Responsum derer Medicorum zu Wien auch nach Straßburg passirte und die dasige Universität davon Copey erhielte. Diese säumten sich nicht, ihre promotion zu vertheydigen und wiederlegten das Wienerische Responsum in einem programmate, welches der damahlige Rector D. Schertz, Professor Juris im Monath December 1719. (bey Gelegenheit einer invitation zu Anhörung der Anfangs-Oration eines neuerwehlten Professoris Botanices & Chymiae) drucken lassen. Die Medici zu Regensburg liessen darauf Anno 1620. wiewohl ohne Benennung des Orts wiederum eine dissertationem epistolarem drucken und vertheydigten das Wienerische Responsum. §. X. Das Straßburgische Programma wundert sich anfänglich, daß des promovirten Scharffrichters-Sohns Feinde sich beredet hätten, den Stadt-Magistrat zu Regensburg durch ein Medicinisches Responsum auf ihre Seite zu bringen, und daß die Medici zu Wien sich unterfangen, in Sachen, die für die Juristen gehöreten, und da sie die fundamenta, was recht oder unrecht wäre, nicht gelernet hätten, Responfa zu geben, und, was noch ärger, der hohen Landes-Obrigkeiten ihre jura und regalia anzutasten, indem sie gemeldet; daß die infames infamia facti (dergleichen der Schinder ihre Söhne wären) und wenn sie auch schon von denen Landes-Fürsten ehrlich gemacht wären, in den Doctor-Stand nicht aufgenommen werden könten. Denn hierdurch würde ja das regale die Leute mit Nachdruck und vollkommen ehrlich zu machen, angefochten, welches doch insgemein von denen Publicisten (als Limnaeo, Rhetio, Schwedero) nebst dem Käyser auch allen Reichs Ständen zugestanden würde. Käyser Ferdinandus III. habe 1640. einem Scharffrichter ein diploma gegeben, in welchen er hohe und niedrige Aemter, geist- und weltliche Lehen und andere Gericht und Rechte zu besitzen, Urtheil schöpffen und recht zu sprechen fähig gemacht worden. Es helffe denen dissentirenden nichts, wenn sie vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/192
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/192>, abgerufen am 24.11.2024.