Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.abgelegtes Zeugniß, wenn es gleich sonst zuläßlich wäre, gantz nichts tauget, sondern des eintzigen Buchners Zeugnüß übrig bleibet. Was demnach (3) dieses Buchners Zeugnüß selbst anlanget, so hat dieser Christophen in keinem Punct graviret, als daß er ausgesaget ad Art. 12. f. 10. a. & ad art. 16. f. 78.Christoph hätte die Mäntel aufgehoben, und den Weibs-Persohnen gegeben, welches bißhero Christoph beständig verneinet. Hierwieder aber hat Christoph in seiner vorigen Defension angeführet, daß Buchner disfalls nur testis unicus sey, dessen Aussage solcher gestalt ad decernendam torturam nicht sufficient wäre, worwieder die Herren Lipsienses fol. 87. a.regeriren, daß obgleich ein Zeuge wieder einen Delinquenten zur condemnation nicht genug, so könne doch derselbe dadurch so weit, daß er seine Unschuld nach Beschaffenheit des Verbrechens und der verhandenen Indicien entweder jurato, oder vermittelst der Tortur erhalten müsse, graviret werden. Nun bescheidet man sich zwar wiederumb, daß wenn ein tüchtiger Zeuge de crimine ipso, daß er solches vollbringen gesehen, deponiret, derselbe gestalten Sachen nach ad decernendam torturam sufficient seyn könne. Carpzov. Inquisition-Proceß p. m. 108. & in Pract. Crim. quaest. 114. n. 54.Hergegen aber, wenn er nur von einem indicio ad torturam deponiret, so müssen zum wenigsten zwey Zeugen vorhanden seyn, wenn die Tortur erkennet werden soll. per expressa verba Const. crimin. art. 30. Brunnemann d. c. 8. membr. 5. n. 17.Wann demnach Buchner wieder Christophen ausgesagt, daß er die auf der Erden liegende Mäntel aufgehoben, und denen Weibs-Persohnen gegeben, so ist zuförderst die Frage, ob dieses Aufheben und Ubergebung der Mäntel denn eigentlich das delictum selbsten sey? welches beständig verneinet wird; massen denn, wie oben gedacht, solche Aufhebung der auf der Erden liegenden Mäntel an sich selbst keine rapina ist, zumahl wenn solche zu dem Ende geschehen, daß die Weibs-Persohnen ein Pfand hätten, die Schüler wegen der an ihnen verübten Gewaltthat zu überzeugen. Und auf diese Weise könte diese Aufhebung und Ubergebung, wenn es hoch käme, für nichts mehr als pro indicio aliquo geachtet werden. Schließlich ist (4) Georgens letzte Aussage, die er fol. 103. & seqq. ingleichen f. 105. und seqq.gethan, noch übrig, als worinnen eines und das andere zu befinden ist, welches Christophen in etwas graviren könte. Wenn man aber im Gegentheil betrachtet, daß 1) dieser George ein Correus und Socius criminis seyn soll, derer Aussage sonsten in dem Inquisitions-Proceß selten pro sufficiente ad torturam alterius gehalten wird: 2) Wohl zu beobachten ist, daß dieser George, in so weit er Christophen abgelegtes Zeugniß, wenn es gleich sonst zuläßlich wäre, gantz nichts tauget, sondern des eintzigen Buchners Zeugnüß übrig bleibet. Was demnach (3) dieses Buchners Zeugnüß selbst anlanget, so hat dieser Christophen in keinem Punct graviret, als daß er ausgesaget ad Art. 12. f. 10. a. & ad art. 16. f. 78.Christoph hätte die Mäntel aufgehoben, und den Weibs-Persohnen gegeben, welches bißhero Christoph beständig verneinet. Hierwieder aber hat Christoph in seiner vorigen Defension angeführet, daß Buchner disfalls nur testis unicus sey, dessen Aussage solcher gestalt ad decernendam torturam nicht sufficient wäre, worwieder die Herren Lipsienses fol. 87. a.regeriren, daß obgleich ein Zeuge wieder einen Delinquenten zur condemnation nicht genug, so könne doch derselbe dadurch so weit, daß er seine Unschuld nach Beschaffenheit des Verbrechens und der verhandenen Indicien entweder jurato, oder vermittelst der Tortur erhalten müsse, graviret werden. Nun bescheidet man sich zwar wiederumb, daß wenn ein tüchtiger Zeuge de crimine ipso, daß er solches vollbringen gesehen, deponiret, derselbe gestalten Sachen nach ad decernendam torturam sufficient seyn könne. Carpzov. Inquisition-Proceß p. m. 108. & in Pract. Crim. quaest. 114. n. 54.Hergegen aber, wenn er nur von einem indicio ad torturam deponiret, so müssen zum wenigsten zwey Zeugen vorhanden seyn, wenn die Tortur erkennet werden soll. per expressa verba Const. crimin. art. 30. Brunnemann d. c. 8. membr. 5. n. 17.Wann demnach Buchner wieder Christophen ausgesagt, daß er die auf der Erden liegende Mäntel aufgehoben, und denen Weibs-Persohnen gegeben, so ist zuförderst die Frage, ob dieses Aufheben und Ubergebung der Mäntel denn eigentlich das delictum selbsten sey? welches beständig verneinet wird; massen denn, wie oben gedacht, solche Aufhebung der auf der Erden liegenden Mäntel an sich selbst keine rapina ist, zumahl wenn solche zu dem Ende geschehen, daß die Weibs-Persohnen ein Pfand hätten, die Schüler wegen der an ihnen verübten Gewaltthat zu überzeugen. Und auf diese Weise könte diese Aufhebung und Ubergebung, wenn es hoch käme, für nichts mehr als pro indicio aliquo geachtet werden. Schließlich ist (4) Georgens letzte Aussage, die er fol. 103. & seqq. ingleichen f. 105. und seqq.gethan, noch übrig, als worinnen eines und das andere zu befinden ist, welches Christophen in etwas graviren könte. Wenn man aber im Gegentheil betrachtet, daß 1) dieser George ein Correus und Socius criminis seyn soll, derer Aussage sonsten in dem Inquisitions-Proceß selten pro sufficiente ad torturam alterius gehalten wird: 2) Wohl zu beobachten ist, daß dieser George, in so weit er Christophen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0098" n="90"/> abgelegtes Zeugniß, wenn es gleich sonst zuläßlich wäre, gantz nichts tauget, sondern des eintzigen Buchners Zeugnüß übrig bleibet.</p> <p>Was demnach (3) dieses Buchners Zeugnüß selbst anlanget, so hat dieser Christophen in keinem Punct graviret, als daß er ausgesaget</p> <l>ad Art. 12. f. 10. a. & ad art. 16. f. 78.</l> <p>Christoph hätte die Mäntel aufgehoben, und den Weibs-Persohnen gegeben, welches bißhero Christoph beständig verneinet. Hierwieder aber hat Christoph in seiner vorigen Defension angeführet, daß Buchner disfalls nur testis unicus sey, dessen Aussage solcher gestalt ad decernendam torturam nicht sufficient wäre, worwieder die Herren Lipsienses</p> <l>fol. 87. a.</l> <p>regeriren, daß obgleich ein Zeuge wieder einen Delinquenten zur condemnation nicht genug, so könne doch derselbe dadurch so weit, daß er seine Unschuld nach Beschaffenheit des Verbrechens und der verhandenen Indicien entweder jurato, oder vermittelst der Tortur erhalten müsse, graviret werden. Nun bescheidet man sich zwar wiederumb, daß wenn ein tüchtiger Zeuge de crimine ipso, daß er solches vollbringen gesehen, deponiret, derselbe gestalten Sachen nach ad decernendam torturam sufficient seyn könne.</p> <l>Carpzov. Inquisition-Proceß p. m. 108. & in Pract. 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Und auf diese Weise könte diese Aufhebung und Ubergebung, wenn es hoch käme, für nichts mehr als pro indicio aliquo geachtet werden.</p> <p>Schließlich ist (4) Georgens letzte Aussage, die er</p> <l>fol. 103. & seqq. ingleichen f. 105. und seqq.</l> <p>gethan, noch übrig, als worinnen eines und das andere zu befinden ist, welches Christophen in etwas graviren könte. Wenn man aber im Gegentheil betrachtet, daß 1) dieser George ein Correus und Socius criminis seyn soll, derer Aussage sonsten in dem Inquisitions-Proceß selten pro sufficiente ad torturam alterius gehalten wird: 2) Wohl zu beobachten ist, daß dieser George, in so weit er Christophen </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0098]
abgelegtes Zeugniß, wenn es gleich sonst zuläßlich wäre, gantz nichts tauget, sondern des eintzigen Buchners Zeugnüß übrig bleibet.
Was demnach (3) dieses Buchners Zeugnüß selbst anlanget, so hat dieser Christophen in keinem Punct graviret, als daß er ausgesaget
ad Art. 12. f. 10. a. & ad art. 16. f. 78. Christoph hätte die Mäntel aufgehoben, und den Weibs-Persohnen gegeben, welches bißhero Christoph beständig verneinet. Hierwieder aber hat Christoph in seiner vorigen Defension angeführet, daß Buchner disfalls nur testis unicus sey, dessen Aussage solcher gestalt ad decernendam torturam nicht sufficient wäre, worwieder die Herren Lipsienses
fol. 87. a. regeriren, daß obgleich ein Zeuge wieder einen Delinquenten zur condemnation nicht genug, so könne doch derselbe dadurch so weit, daß er seine Unschuld nach Beschaffenheit des Verbrechens und der verhandenen Indicien entweder jurato, oder vermittelst der Tortur erhalten müsse, graviret werden. Nun bescheidet man sich zwar wiederumb, daß wenn ein tüchtiger Zeuge de crimine ipso, daß er solches vollbringen gesehen, deponiret, derselbe gestalten Sachen nach ad decernendam torturam sufficient seyn könne.
Carpzov. Inquisition-Proceß p. m. 108. & in Pract. Crim. quaest. 114. n. 54. Hergegen aber, wenn er nur von einem indicio ad torturam deponiret, so müssen zum wenigsten zwey Zeugen vorhanden seyn, wenn die Tortur erkennet werden soll.
per expressa verba Const. crimin. art. 30. Brunnemann d. c. 8. membr. 5. n. 17. Wann demnach Buchner wieder Christophen ausgesagt, daß er die auf der Erden liegende Mäntel aufgehoben, und denen Weibs-Persohnen gegeben, so ist zuförderst die Frage, ob dieses Aufheben und Ubergebung der Mäntel denn eigentlich das delictum selbsten sey? welches beständig verneinet wird; massen denn, wie oben gedacht, solche Aufhebung der auf der Erden liegenden Mäntel an sich selbst keine rapina ist, zumahl wenn solche zu dem Ende geschehen, daß die Weibs-Persohnen ein Pfand hätten, die Schüler wegen der an ihnen verübten Gewaltthat zu überzeugen. Und auf diese Weise könte diese Aufhebung und Ubergebung, wenn es hoch käme, für nichts mehr als pro indicio aliquo geachtet werden.
Schließlich ist (4) Georgens letzte Aussage, die er
fol. 103. & seqq. ingleichen f. 105. und seqq. gethan, noch übrig, als worinnen eines und das andere zu befinden ist, welches Christophen in etwas graviren könte. Wenn man aber im Gegentheil betrachtet, daß 1) dieser George ein Correus und Socius criminis seyn soll, derer Aussage sonsten in dem Inquisitions-Proceß selten pro sufficiente ad torturam alterius gehalten wird: 2) Wohl zu beobachten ist, daß dieser George, in so weit er Christophen
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