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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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vernünfftig dubium mit sich führet, kurtz jedoch deutlich allegiret, und sich darauff in rationibus dubitandi zu antworten fleißig angelegen seyn lassen.

§. XIII. Den 16. Augusti wurde beyden Inquisiten (fol. 89. seq.)Was nach dem dritten Urtheil im Proceße ferner vorgegangen. der Inhalt des Urtheils angedeutet, und sie dabey vermahnet, ihr Bekäntnüß richtiger zuthun, sonst würde selbiges ehestens an ihnen exequirt werden. Sie erhielten aber ab illustri Regimine auf ihre eingegebene supplication fol. 91. bis 100. den 20. Augusti ein Rescript, daß man ihnen auf ihre Kosten noch eine defension verstatten solte. Ferner hat der Thal-Vogt fol. 103. seq. folgenden Bericht eingeschickt.

Am 28. Augusti Abends vor 6. Uhr hat mich der Stock-Meister durch seine Frau aufs Rathhauß erfordern lassen, welcher mir etwas sagen wolte, wegen des Inquisiten Georgens, als ich nun zu ihme dem Stockmeister kommen, sagte er, es hätte George in zwey Tagen weder essen noch triucken wollen, sondern gäbe vor, er hätte was auf seinem Hertzen, bäthe, wenn er nur noch einmahl solte vor den Herrn Saltzgräffen kommen, wolte er es alles sagen, wie es zugegangen wäre mit den Schülern; worauff ich dem Stockmeister gesagt, er solte mir die Thüre vor dem Brodt-Gewölbe aufschliessen, ich wolte mit Georgen reden; als ich vor das Brodt-Gewölbe kommen, und gefragt, was sein Verlangen wäre, er hätte ja mit dem Stockmeister geredet, ob hätte er was auf seinem Hertzen, das wolte er gerne loß seyn, könte weder essen noch trincken, worauf ich ihme zugeredet, er sollte Gott und dem Richter die Ehre geben, die Wahrheit sagen, warum er um eines andern willen da sitzen und sich Ungelegenheit und Schimpff über den Hals ziehen wolte: Worauf ermeldter George anfieng: Ich solte dem Herrn Saltzgräffen nur sagen, so wäre es hergegangen: Er wäre den Tag, als es geschehen, nachdem er vorhero 4 Wagen Saltz geladen, Abends gegen 6. Uhr in grauen Wolff, auf dem Steinwege gegangen, und hätte eine Kanne Bier trincken wollen, da wäre Christoph nebst Christian Frosch gewesen, welche mit den beyden Weibsstücken, so des alten Heu-Binders Töchter gewesen, getantzet, und hätte ihm Frosch angeredet: Gevatter Petze, komm doch mit mir, wir wollen da nausgehen nach der Wiese; er aber George hätte sich solches offt geweigert, die Weibsstücken hätten sich verlohren, endlich auf vielfältiges Froschens Anhalten wäre er mit Christophen hinaus über die so genannte Schieber-Brücke gegangen, sich an dem Kulge zu dem Wächter Buchner gesetzet, allwo ein Geschrey sich erhoben, als sie ein klein weiligen da gesessen, je helfft uns doch Kieren-Christel, kommt und helfft uns doch! darauf wäre er sachte nach Christophen, welcher vor ihme geschwinde hinweg gelauffen, hinter hergegangen, als er aber an die Holtz-Schüchten kommen, hätten sich die Schüler nebst denen Weibsstücken und Schumannen geschlagen, und hätte er

vernünfftig dubium mit sich führet, kurtz jedoch deutlich allegiret, und sich darauff in rationibus dubitandi zu antworten fleißig angelegen seyn lassen.

§. XIII. Den 16. Augusti wurde beyden Inquisiten (fol. 89. seq.)Was nach dem dritten Urtheil im Proceße ferner vorgegangen. der Inhalt des Urtheils angedeutet, und sie dabey vermahnet, ihr Bekäntnüß richtiger zuthun, sonst würde selbiges ehestens an ihnen exequirt werden. Sie erhielten aber ab illustri Regimine auf ihre eingegebene supplication fol. 91. bis 100. den 20. Augusti ein Rescript, daß man ihnen auf ihre Kosten noch eine defension verstatten solte. Ferner hat der Thal-Vogt fol. 103. seq. folgenden Bericht eingeschickt.

Am 28. Augusti Abends vor 6. Uhr hat mich der Stock-Meister durch seine Frau aufs Rathhauß erfordern lassen, welcher mir etwas sagen wolte, wegen des Inquisiten Georgens, als ich nun zu ihme dem Stockmeister kommen, sagte er, es hätte George in zwey Tagen weder essen noch triucken wollen, sondern gäbe vor, er hätte was auf seinem Hertzen, bäthe, wenn er nur noch einmahl solte vor den Herrn Saltzgräffen kommen, wolte er es alles sagen, wie es zugegangen wäre mit den Schülern; worauff ich dem Stockmeister gesagt, er solte mir die Thüre vor dem Brodt-Gewölbe aufschliessen, ich wolte mit Georgen reden; als ich vor das Brodt-Gewölbe kommen, und gefragt, was sein Verlangen wäre, er hätte ja mit dem Stockmeister geredet, ob hätte er was auf seinem Hertzen, das wolte er gerne loß seyn, könte weder essen noch trincken, worauf ich ihme zugeredet, er sollte Gott und dem Richter die Ehre geben, die Wahrheit sagen, warum er um eines andern willen da sitzen und sich Ungelegenheit und Schimpff über den Hals ziehen wolte: Worauf ermeldter George anfieng: Ich solte dem Herrn Saltzgräffen nur sagen, so wäre es hergegangen: Er wäre den Tag, als es geschehen, nachdem er vorhero 4 Wagen Saltz geladen, Abends gegen 6. Uhr in grauen Wolff, auf dem Steinwege gegangen, und hätte eine Kanne Bier trincken wollen, da wäre Christoph nebst Christian Frosch gewesen, welche mit den beyden Weibsstücken, so des alten Heu-Binders Töchter gewesen, getantzet, und hätte ihm Frosch angeredet: Gevatter Petze, komm doch mit mir, wir wollen da nausgehen nach der Wiese; er aber George hätte sich solches offt geweigert, die Weibsstücken hätten sich verlohren, endlich auf vielfältiges Froschens Anhalten wäre er mit Christophen hinaus über die so genannte Schieber-Brücke gegangen, sich an dem Kulge zu dem Wächter Buchner gesetzet, allwo ein Geschrey sich erhoben, als sie ein klein weiligen da gesessen, je helfft uns doch Kieren-Christel, kommt und helfft uns doch! darauf wäre er sachte nach Christophen, welcher vor ihme geschwinde hinweg gelauffen, hinter hergegangen, als er aber an die Holtz-Schüchten kommen, hätten sich die Schüler nebst denen Weibsstücken und Schumannen geschlagen, und hätte er

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[69/0077] vernünfftig dubium mit sich führet, kurtz jedoch deutlich allegiret, und sich darauff in rationibus dubitandi zu antworten fleißig angelegen seyn lassen. §. XIII. Den 16. Augusti wurde beyden Inquisiten (fol. 89. seq.) der Inhalt des Urtheils angedeutet, und sie dabey vermahnet, ihr Bekäntnüß richtiger zuthun, sonst würde selbiges ehestens an ihnen exequirt werden. Sie erhielten aber ab illustri Regimine auf ihre eingegebene supplication fol. 91. bis 100. den 20. Augusti ein Rescript, daß man ihnen auf ihre Kosten noch eine defension verstatten solte. Ferner hat der Thal-Vogt fol. 103. seq. folgenden Bericht eingeschickt. Was nach dem dritten Urtheil im Proceße ferner vorgegangen. Am 28. Augusti Abends vor 6. Uhr hat mich der Stock-Meister durch seine Frau aufs Rathhauß erfordern lassen, welcher mir etwas sagen wolte, wegen des Inquisiten Georgens, als ich nun zu ihme dem Stockmeister kommen, sagte er, es hätte George in zwey Tagen weder essen noch triucken wollen, sondern gäbe vor, er hätte was auf seinem Hertzen, bäthe, wenn er nur noch einmahl solte vor den Herrn Saltzgräffen kommen, wolte er es alles sagen, wie es zugegangen wäre mit den Schülern; worauff ich dem Stockmeister gesagt, er solte mir die Thüre vor dem Brodt-Gewölbe aufschliessen, ich wolte mit Georgen reden; als ich vor das Brodt-Gewölbe kommen, und gefragt, was sein Verlangen wäre, er hätte ja mit dem Stockmeister geredet, ob hätte er was auf seinem Hertzen, das wolte er gerne loß seyn, könte weder essen noch trincken, worauf ich ihme zugeredet, er sollte Gott und dem Richter die Ehre geben, die Wahrheit sagen, warum er um eines andern willen da sitzen und sich Ungelegenheit und Schimpff über den Hals ziehen wolte: Worauf ermeldter George anfieng: Ich solte dem Herrn Saltzgräffen nur sagen, so wäre es hergegangen: Er wäre den Tag, als es geschehen, nachdem er vorhero 4 Wagen Saltz geladen, Abends gegen 6. Uhr in grauen Wolff, auf dem Steinwege gegangen, und hätte eine Kanne Bier trincken wollen, da wäre Christoph nebst Christian Frosch gewesen, welche mit den beyden Weibsstücken, so des alten Heu-Binders Töchter gewesen, getantzet, und hätte ihm Frosch angeredet: Gevatter Petze, komm doch mit mir, wir wollen da nausgehen nach der Wiese; er aber George hätte sich solches offt geweigert, die Weibsstücken hätten sich verlohren, endlich auf vielfältiges Froschens Anhalten wäre er mit Christophen hinaus über die so genannte Schieber-Brücke gegangen, sich an dem Kulge zu dem Wächter Buchner gesetzet, allwo ein Geschrey sich erhoben, als sie ein klein weiligen da gesessen, je helfft uns doch Kieren-Christel, kommt und helfft uns doch! darauf wäre er sachte nach Christophen, welcher vor ihme geschwinde hinweg gelauffen, hinter hergegangen, als er aber an die Holtz-Schüchten kommen, hätten sich die Schüler nebst denen Weibsstücken und Schumannen geschlagen, und hätte er

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/77>, abgerufen am 23.11.2024.