Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

chen im Lande besehen, und sich erkundigen wolte, welches ich denn selbst für hochnöthig hielte, und mit rathen halff. Es ward aber alsobald ein grosser Mißbrauch daraus, und solte die Besichtigung den Nahmen einer General Visitation haben, wieder die deutliche disposition der Kirchen-Ordnung, und die alten wohl verfasseten Canones, dadurch ward den Special-auch General-Superinten den eingegriffen, es geriethe aber in eine grosse Confusion, und ward noch ärger, als es vor diesem nie gewesen war.

§. XXX. Was durch solche Visitationes (ob sie zwar wohl gutUnd was für vielerley Unfug daraus erwachsen. mögen gemernet gewesen seyn, & ut nullus animus malus adfuerit, welches ich nimmermehr sagen kan, oder will) in den Kirchen dieses Fürsterthums gebauet, davon will ich andere zeugen lassen. Ich bin gewiß, daß öffters in einem Tage 2. 3. oder 4. Kirchen visitiret, da man doch unterweilen genug zu thun hat, wenn die Visitation recht und mit Nutz verrichtet werden soll, daß in einer jeglichen Kirchen gestallten Sachen und Umbständen nach, unterweilen nicht ein halber, sondern ein gantzer, ja wohl mehr Tage erfordert werden. Hierdurch war aber die Macht Inspectio und Judicatio, so ex veteri jure Archiepiscoporum den gnädigsten Landes Fürsten und in S. F. G. Nahmen dem Consistorio und Synodo zustund, gantz unterbrochen, und auf einen einigen Menschen transferiret, der den Sachen bey weiten nicht gewachsen war / und war bey solchen Umständen keine Hoffnung zu einigem Synodo mehr zu machen, sondern dißfalls dieß lex fundamentalis gantz umgekehret, denen General-Superintendenten ward ihr Amt gantz u. gar durch aus nieder geleget, die Harmonia und Ordnung, ohne welche kein Regiment bestehen kan, gantz aufgehoben, und die confusion grösser gemacht, als jemahls gewesen. Hierauf folget noch ein ander inconveniens. Die alten Canones haben weißlich gehandelt, daß dem Visitatori, er sey Archidiaconus oder Bischoff, insonderheit aber diesem letzten für die Visitation nicht das allergeringste werden solte, sondern er solte es umsonst thun, würde er etwas nehmen, solte er solches in duplum restituiren, welches hernach auf das triplum extendiret worden: Visitationis officium exercentes non quaerant quae sua, sed quae Jesu Christi, praedicationi, cohortationi, correctioni & reformationi vacando ut fructum referant, qui non perit. Qui autem contravenire tentaverit & quod accepit reddat, & ecclesiae quam taliter aggravavit, tantundem impendat. Diß sind die Worte der Alten. Eine gar geringmäßige Mahlzeit wird ihnen zwar gegönnet, jedoch daß sie einen geringen Comitat, und ein Su

chen im Lande besehen, und sich erkundigen wolte, welches ich denn selbst für hochnöthig hielte, und mit rathen halff. Es ward aber alsobald ein grosser Mißbrauch daraus, und solte die Besichtigung den Nahmen einer General Visitation haben, wieder die deutliche disposition der Kirchen-Ordnung, und die alten wohl verfasseten Canones, dadurch ward den Special-auch General-Superinten den eingegriffen, es geriethe aber in eine grosse Confusion, und ward noch ärger, als es vor diesem nie gewesen war.

§. XXX. Was durch solche Visitationes (ob sie zwar wohl gutUnd was für vielerley Unfug daraus erwachsen. mögen gemernet gewesen seyn, & ut nullus animus malus adfuerit, welches ich nimmermehr sagen kan, oder will) in den Kirchen dieses Fürsterthums gebauet, davon will ich andere zeugen lassen. Ich bin gewiß, daß öffters in einem Tage 2. 3. oder 4. Kirchen visitiret, da man doch unterweilen genug zu thun hat, wenn die Visitation recht und mit Nutz verrichtet werden soll, daß in einer jeglichen Kirchen gestallten Sachen und Umbständen nach, unterweilen nicht ein halber, sondern ein gantzer, ja wohl mehr Tage erfordert werden. Hierdurch war aber die Macht Inspectio und Judicatio, so ex veteri jure Archiepiscoporum den gnädigsten Landes Fürsten und in S. F. G. Nahmen dem Consistorio und Synodo zustund, gantz unterbrochen, und auf einen einigen Menschen transferiret, der den Sachen bey weiten nicht gewachsen war / und war bey solchen Umständen keine Hoffnung zu einigem Synodo mehr zu machen, sondern dißfalls dieß lex fundamentalis gantz umgekehret, denen General-Superintendenten ward ihr Amt gantz u. gar durch aus nieder geleget, die Harmonia und Ordnung, ohne welche kein Regiment bestehen kan, gantz aufgehoben, und die confusion grösser gemacht, als jemahls gewesen. Hierauf folget noch ein ander inconveniens. Die alten Canones haben weißlich gehandelt, daß dem Visitatori, er sey Archidiaconus oder Bischoff, insonderheit aber diesem letzten für die Visitation nicht das allergeringste werden solte, sondern er solte es umsonst thun, würde er etwas nehmen, solte er solches in duplum restituiren, welches hernach auf das triplum extendiret worden: Visitationis officium exercentes non quaerant quae sua, sed quae Jesu Christi, praedicationi, cohortationi, correctioni & reformationi vacando ut fructum referant, qui non perit. Qui autem contravenire tentaverit & quod accepit reddat, & ecclesiae quam taliter aggravavit, tantundem impendat. Diß sind die Worte der Alten. Eine gar geringmäßige Mahlzeit wird ihnen zwar gegönnet, jedoch daß sie einen geringen Comitat, und ein Su

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0371" n="363"/>
chen im Lande besehen, und sich                      erkundigen wolte, welches ich denn selbst für hochnöthig hielte, und mit rathen                      halff. Es ward aber alsobald ein grosser Mißbrauch daraus, und solte die                      Besichtigung den Nahmen einer General Visitation haben, wieder die deutliche                      disposition der Kirchen-Ordnung, und die alten wohl verfasseten Canones, dadurch                      ward den Special-auch General-Superinten den eingegriffen, es geriethe aber in                      eine grosse Confusion, und ward noch ärger, als es vor diesem nie gewesen war.</p>
        <p>§. XXX. Was durch solche Visitationes (ob sie zwar wohl gut<note place="right">Und was für vielerley Unfug daraus erwachsen.</note>                      mögen gemernet gewesen seyn, &amp; ut nullus animus malus adfuerit, welches                      ich nimmermehr sagen kan, oder will) in den Kirchen dieses Fürsterthums gebauet,                      davon will ich andere zeugen lassen. Ich bin gewiß, daß öffters in einem Tage 2.                      3. oder 4. Kirchen visitiret, da man doch unterweilen genug zu thun hat, wenn                      die Visitation recht und mit Nutz verrichtet werden soll, daß in einer jeglichen                      Kirchen gestallten Sachen und Umbständen nach, unterweilen nicht ein halber,                      sondern ein gantzer, ja wohl mehr Tage erfordert werden. Hierdurch war aber die                      Macht Inspectio und Judicatio, so ex veteri jure Archiepiscoporum den gnädigsten                      Landes Fürsten und in S. F. G. Nahmen dem Consistorio und Synodo zustund, gantz                      unterbrochen, und auf einen einigen Menschen transferiret, der den Sachen bey                      weiten nicht gewachsen war / und war bey solchen Umständen keine Hoffnung zu                      einigem Synodo mehr zu machen, sondern dißfalls dieß lex fundamentalis gantz                      umgekehret, denen General-Superintendenten ward ihr Amt gantz u. gar durch aus                      nieder geleget, die Harmonia und Ordnung, ohne welche kein Regiment bestehen                      kan, gantz aufgehoben, und die confusion grösser gemacht, als jemahls gewesen.                      Hierauf folget noch ein ander inconveniens. Die alten Canones haben weißlich                      gehandelt, daß dem Visitatori, er sey Archidiaconus oder Bischoff, insonderheit                      aber diesem letzten für die Visitation nicht das allergeringste werden solte,                      sondern er solte es umsonst thun, würde er etwas nehmen, solte er solches in                      duplum restituiren, welches hernach auf das triplum extendiret worden:                      Visitationis officium exercentes non quaerant quae sua, sed quae Jesu Christi,                      praedicationi, cohortationi, correctioni &amp; reformationi vacando ut                      fructum referant, qui non perit. Qui autem contravenire tentaverit &amp;                      quod accepit reddat, &amp; ecclesiae quam taliter aggravavit, tantundem                      impendat. Diß sind die Worte der Alten. Eine gar geringmäßige Mahlzeit wird                      ihnen zwar gegönnet, jedoch daß sie einen geringen Comitat, und ein Su
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0371] chen im Lande besehen, und sich erkundigen wolte, welches ich denn selbst für hochnöthig hielte, und mit rathen halff. Es ward aber alsobald ein grosser Mißbrauch daraus, und solte die Besichtigung den Nahmen einer General Visitation haben, wieder die deutliche disposition der Kirchen-Ordnung, und die alten wohl verfasseten Canones, dadurch ward den Special-auch General-Superinten den eingegriffen, es geriethe aber in eine grosse Confusion, und ward noch ärger, als es vor diesem nie gewesen war. §. XXX. Was durch solche Visitationes (ob sie zwar wohl gut mögen gemernet gewesen seyn, & ut nullus animus malus adfuerit, welches ich nimmermehr sagen kan, oder will) in den Kirchen dieses Fürsterthums gebauet, davon will ich andere zeugen lassen. Ich bin gewiß, daß öffters in einem Tage 2. 3. oder 4. Kirchen visitiret, da man doch unterweilen genug zu thun hat, wenn die Visitation recht und mit Nutz verrichtet werden soll, daß in einer jeglichen Kirchen gestallten Sachen und Umbständen nach, unterweilen nicht ein halber, sondern ein gantzer, ja wohl mehr Tage erfordert werden. Hierdurch war aber die Macht Inspectio und Judicatio, so ex veteri jure Archiepiscoporum den gnädigsten Landes Fürsten und in S. F. G. Nahmen dem Consistorio und Synodo zustund, gantz unterbrochen, und auf einen einigen Menschen transferiret, der den Sachen bey weiten nicht gewachsen war / und war bey solchen Umständen keine Hoffnung zu einigem Synodo mehr zu machen, sondern dißfalls dieß lex fundamentalis gantz umgekehret, denen General-Superintendenten ward ihr Amt gantz u. gar durch aus nieder geleget, die Harmonia und Ordnung, ohne welche kein Regiment bestehen kan, gantz aufgehoben, und die confusion grösser gemacht, als jemahls gewesen. Hierauf folget noch ein ander inconveniens. Die alten Canones haben weißlich gehandelt, daß dem Visitatori, er sey Archidiaconus oder Bischoff, insonderheit aber diesem letzten für die Visitation nicht das allergeringste werden solte, sondern er solte es umsonst thun, würde er etwas nehmen, solte er solches in duplum restituiren, welches hernach auf das triplum extendiret worden: Visitationis officium exercentes non quaerant quae sua, sed quae Jesu Christi, praedicationi, cohortationi, correctioni & reformationi vacando ut fructum referant, qui non perit. Qui autem contravenire tentaverit & quod accepit reddat, & ecclesiae quam taliter aggravavit, tantundem impendat. Diß sind die Worte der Alten. Eine gar geringmäßige Mahlzeit wird ihnen zwar gegönnet, jedoch daß sie einen geringen Comitat, und ein Su Und was für vielerley Unfug daraus erwachsen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/371
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/371>, abgerufen am 16.07.2024.