Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Sachen §. 15 unter einer wohlbedachten masse, injungiret ist, dennoch fast gäntzlich unterlassen, und ausser Augen gesetzt oder doch nicht mit behörigem Fleiß und Eifer getrieben werden, ja wohl bey itzterwehnten Judiciis Curiae von denen 40. Jahren her, da die letzte Versehung disfalls geschehen, zum wenigsten daran gedacht worden ist.

§. XXI. Dafern aber die Partheyen, um der zumahl gleich AnfangsDas 2. Mittel / willkührlicher Schieds-Richter Erwehlung. zum Streit mehr verkehrten Sinne, oder auch der von glücklichen Ausgang der Sache in Stande Rechtens ihnen von eigennützigen Advocaten beygebrachten persuasionen willen, nicht dahin zu bringen seyn, dem Process so fort durch gütlichen Vergleich seine Endfchafft zu geben; so ist der 2. und nechste Grad, daß dieselben nach Möglichkeit veranlasset werden, daß sie den endlichen Ausspruch der Sache ad arbitrum vel arbitratum tertii oder willkührlich erwehlten Richter stellen, geschiehet auch wohl eher, daß durch solche Veranlassung von denenselben ein oder ander Membrum aus dem Justiz-Collegio selbsten einmüthig erwehlet würden, die dann, wann es so weit gebracht ist, gute Gelegenheit haben, die Gemüther der Partheyen je mehr und mehr zu besänfftigen, und wo nicht gar noch vor dem Ausspruch Rechtens zu vereinigen, doch zu desto williger Aufnehmung desselben vorläuffig zu disponiren.

§. XXII. So aber auch dieses Mittel nicht anschlagen will, so komtDas 3. Mittel, durch willkührliche Losse. es 3. ad abitrium sortis, zumahl in zweiffelhafftigen Sachen und seynd zudem etzliche so beschaffen, daß Menschlicher Verstand nicht zu reichet, denenselben einen andern Ausschlag zugeben, sondern müssen es dem göttlichen Willen anheim stellen. Dahero dann auch die Schrifftrecht sagt, daß Loß stillet den Hader, und Augustinus beschreibet es in seiner vollkommenen Substanz, daß es sey: Judicium in humana dubitatione divinam voluntatem indicans, in c. 1. C. 26. qv. 2. adde l. 3. pr. Cod. Comm. de Legat.

§. XXIII. Letzlichen aber und wann dieses nicht verfänget, die PartheyenDas 4. Mittel / willkührliche Einschränckung der Proceße durch Compromisse. vom Streit abzuhalten, oder auch in allen Sachen sich nicht füglich appliciren lassen will, so hat ein jedes Judicium 4) darauf zu dencken, und ihnen alle diensame Remonstrationes zuthun, daß mit ihrem gutem Willen die Processe durch Compromissa eingeschränck et, und nur auf die Substantialia Processus gesehen, bey jedem aber der modus und die Zeit so kurtz gefasset wird, als es immer seyn kan, und die qualitas causae nur leiden will, da sich denn öffters auch in Progressu die Mittel zur glücklichen Beylegung leichter geben.

Sachen §. 15 unter einer wohlbedachten masse, injungiret ist, dennoch fast gäntzlich unterlassen, und ausser Augen gesetzt oder doch nicht mit behörigem Fleiß und Eifer getrieben werden, ja wohl bey itzterwehnten Judiciis Curiae von denen 40. Jahren her, da die letzte Versehung disfalls geschehen, zum wenigsten daran gedacht worden ist.

§. XXI. Dafern aber die Partheyen, um der zumahl gleich AnfangsDas 2. Mittel / willkührlicher Schieds-Richter Erwehlung. zum Streit mehr verkehrten Sinne, oder auch der von glücklichen Ausgang der Sache in Stande Rechtens ihnen von eigennützigen Advocaten beygebrachten persuasionen willen, nicht dahin zu bringen seyn, dem Process so fort durch gütlichen Vergleich seine Endfchafft zu geben; so ist der 2. und nechste Grad, daß dieselben nach Möglichkeit veranlasset werden, daß sie den endlichen Ausspruch der Sache ad arbitrum vel arbitratum tertii oder willkührlich erwehlten Richter stellen, geschiehet auch wohl eher, daß durch solche Veranlassung von denenselben ein oder ander Membrum aus dem Justiz-Collegio selbsten einmüthig erwehlet würdẽ, die dann, wann es so weit gebracht ist, gute Gelegenheit haben, die Gemüther der Partheyen je mehr und mehr zu besänfftigen, und wo nicht gar noch vor dem Ausspruch Rechtens zu vereinigen, doch zu desto williger Aufnehmung desselben vorläuffig zu disponiren.

§. XXII. So aber auch dieses Mittel nicht anschlagen will, so komtDas 3. Mittel, durch willkührliche Losse. es 3. ad abitrium sortis, zumahl in zweiffelhafftigen Sachen und seynd zudem etzliche so beschaffen, daß Menschlicher Verstand nicht zu reichet, denenselben einen andern Ausschlag zugeben, sondern müssen es dem göttlichen Willen anheim stellen. Dahero dann auch die Schrifftrecht sagt, daß Loß stillet den Hader, und Augustinus beschreibet es in seiner vollkommenen Substanz, daß es sey: Judicium in humana dubitatione divinam voluntatem indicans, in c. 1. C. 26. qv. 2. adde l. 3. pr. Cod. Comm. de Legat.

§. XXIII. Letzlichen aber und wann dieses nicht verfänget, die PartheyenDas 4. Mittel / willkührliche Einschränckung der Proceße durch Compromisse. vom Streit abzuhalten, oder auch in allen Sachen sich nicht füglich appliciren lassen will, so hat ein jedes Judicium 4) darauf zu dencken, und ihnen alle diensame Remonstrationes zuthun, daß mit ihrem gutem Willen die Processe durch Compromissa eingeschränck et, und nur auf die Substantialia Processus gesehen, bey jedem aber der modus und die Zeit so kurtz gefasset wird, als es immer seyn kan, und die qualitas causae nur leiden will, da sich denn öffters auch in Progressu die Mittel zur glücklichen Beylegung leichter geben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0037" n="29"/>
Sachen §. 15 unter einer                      wohlbedachten masse, injungiret ist, dennoch fast gäntzlich unterlassen, und                      ausser Augen gesetzt oder doch nicht mit behörigem Fleiß und Eifer getrieben                      werden, ja wohl bey itzterwehnten Judiciis Curiae von denen 40. Jahren her, da                      die letzte Versehung disfalls geschehen, zum wenigsten daran gedacht worden ist.</p>
        <p>§. XXI. Dafern aber die Partheyen, um der zumahl gleich Anfangs<note place="right">Das 2. Mittel / willkührlicher Schieds-Richter                          Erwehlung.</note> zum Streit mehr verkehrten Sinne, oder auch der von                      glücklichen Ausgang der Sache in Stande Rechtens ihnen von eigennützigen                      Advocaten beygebrachten persuasionen willen, nicht dahin zu bringen seyn, dem                      Process so fort durch gütlichen Vergleich seine Endfchafft zu geben; so ist der                      2. und nechste Grad, daß dieselben nach Möglichkeit veranlasset werden, daß sie                      den endlichen Ausspruch der Sache ad arbitrum vel arbitratum tertii oder                      willkührlich erwehlten Richter stellen, geschiehet auch wohl eher, daß durch                      solche Veranlassung von denenselben ein oder ander Membrum aus dem                      Justiz-Collegio selbsten einmüthig erwehlet würde&#x0303;, die dann, wann                      es so weit gebracht ist, gute Gelegenheit haben, die Gemüther der Partheyen je                      mehr und mehr zu besänfftigen, und wo nicht gar noch vor dem Ausspruch Rechtens                      zu vereinigen, doch zu desto williger Aufnehmung desselben vorläuffig zu                      disponiren.</p>
        <p>§. XXII. So aber auch dieses Mittel nicht anschlagen will, so komt<note place="right">Das 3. Mittel, durch willkührliche Losse.</note> es 3.                      ad abitrium sortis, zumahl in zweiffelhafftigen Sachen und seynd zudem etzliche                      so beschaffen, daß Menschlicher Verstand nicht zu reichet, denenselben einen                      andern Ausschlag zugeben, sondern müssen es dem göttlichen Willen anheim                      stellen. Dahero dann auch die Schrifftrecht sagt, daß Loß stillet den Hader, und                      Augustinus beschreibet es in seiner vollkommenen Substanz, daß es sey: Judicium                      in humana dubitatione divinam voluntatem indicans, in c. 1. C. 26. qv. 2. adde                      l. 3. pr. Cod. Comm. de Legat.</p>
        <p>§. XXIII. Letzlichen aber und wann dieses nicht verfänget, die Partheyen<note place="right">Das 4. Mittel / willkührliche Einschränckung der                          Proceße durch <hi rendition="#i">Compromisse</hi>.</note> vom Streit                      abzuhalten, oder auch in allen Sachen sich nicht füglich appliciren lassen will,                      so hat ein jedes Judicium 4) darauf zu dencken, und ihnen alle diensame                      Remonstrationes zuthun, daß mit ihrem gutem Willen die Processe durch                      Compromissa eingeschränck et, und nur auf die Substantialia Processus gesehen,                      bey jedem aber der modus und die Zeit so kurtz gefasset wird, als es immer seyn                      kan, und die qualitas causae nur leiden will, da sich denn öffters auch in                      Progressu die Mittel zur glücklichen Beylegung leichter geben.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0037] Sachen §. 15 unter einer wohlbedachten masse, injungiret ist, dennoch fast gäntzlich unterlassen, und ausser Augen gesetzt oder doch nicht mit behörigem Fleiß und Eifer getrieben werden, ja wohl bey itzterwehnten Judiciis Curiae von denen 40. Jahren her, da die letzte Versehung disfalls geschehen, zum wenigsten daran gedacht worden ist. §. XXI. Dafern aber die Partheyen, um der zumahl gleich Anfangs zum Streit mehr verkehrten Sinne, oder auch der von glücklichen Ausgang der Sache in Stande Rechtens ihnen von eigennützigen Advocaten beygebrachten persuasionen willen, nicht dahin zu bringen seyn, dem Process so fort durch gütlichen Vergleich seine Endfchafft zu geben; so ist der 2. und nechste Grad, daß dieselben nach Möglichkeit veranlasset werden, daß sie den endlichen Ausspruch der Sache ad arbitrum vel arbitratum tertii oder willkührlich erwehlten Richter stellen, geschiehet auch wohl eher, daß durch solche Veranlassung von denenselben ein oder ander Membrum aus dem Justiz-Collegio selbsten einmüthig erwehlet würdẽ, die dann, wann es so weit gebracht ist, gute Gelegenheit haben, die Gemüther der Partheyen je mehr und mehr zu besänfftigen, und wo nicht gar noch vor dem Ausspruch Rechtens zu vereinigen, doch zu desto williger Aufnehmung desselben vorläuffig zu disponiren. Das 2. Mittel / willkührlicher Schieds-Richter Erwehlung. §. XXII. So aber auch dieses Mittel nicht anschlagen will, so komt es 3. ad abitrium sortis, zumahl in zweiffelhafftigen Sachen und seynd zudem etzliche so beschaffen, daß Menschlicher Verstand nicht zu reichet, denenselben einen andern Ausschlag zugeben, sondern müssen es dem göttlichen Willen anheim stellen. Dahero dann auch die Schrifftrecht sagt, daß Loß stillet den Hader, und Augustinus beschreibet es in seiner vollkommenen Substanz, daß es sey: Judicium in humana dubitatione divinam voluntatem indicans, in c. 1. C. 26. qv. 2. adde l. 3. pr. Cod. Comm. de Legat. Das 3. Mittel, durch willkührliche Losse. §. XXIII. Letzlichen aber und wann dieses nicht verfänget, die Partheyen vom Streit abzuhalten, oder auch in allen Sachen sich nicht füglich appliciren lassen will, so hat ein jedes Judicium 4) darauf zu dencken, und ihnen alle diensame Remonstrationes zuthun, daß mit ihrem gutem Willen die Processe durch Compromissa eingeschränck et, und nur auf die Substantialia Processus gesehen, bey jedem aber der modus und die Zeit so kurtz gefasset wird, als es immer seyn kan, und die qualitas causae nur leiden will, da sich denn öffters auch in Progressu die Mittel zur glücklichen Beylegung leichter geben. Das 4. Mittel / willkührliche Einschränckung der Proceße durch Compromisse.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/37
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/37>, abgerufen am 23.11.2024.