Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.die Cammer-Gerichts-Ordnung de a. 1495. §. 16. disponiret, sondern vielmehr nach den wahren wesentlichen Substantialien des Processus, wie sie die natürliche Rechte und die gesunde Vernunfft an die Hand geben, dergestalt eingetheilet würden, daß zum Exempel die Partheyen gehalten wären, und zwar 1) der Kläger allein ein weniges bey angestelter und angenommener Klage, hernach 2) beydes Kläger und Beklagter etwas mehrers nach beschehener Antwort, dann 3) noch ein mehrers nach vollführten Beweise, das meiste aber 4) wenn das End-Urtheil gesprochen, und in rem judicatam ergangen, mithin auch 5) es zu dem endlichen Effect, oder ad executionem rei judicatae kommen wäre, zu erlegen gehalten, der Sachfällige Theil aber, wann er nicht probabilem causam litigii vor sich gehabt, in die restitutionem des gantzen Aufwands condemniret, und die Execution gleich darauf vollstrecket, im wiedrigen aber ein jeder Theil das Seinige zutragen angewiesen würde, wobey man dann billig praesupponiret, daß der Judex sowohl in angeregter Eintheilung, nach denen partibus processus substantialibus & necessariis, als in endlicher determination des gantzen quanti sich also zu verhalten hätte, daß er nach Erwegung der Sachen Schwer- und Wichtigkeit auch der Mühe, welche dieselbe erfordert, sich allezeit als ein justus & aequus moderator & taxator sumtuum litis erwiese, und es wie sonsten, also auch in diesem Stück auf keine aequitatem cerebrinam hinaus lieffe, wiewohl, weil der Mißbrauch hierinnen zu verhüten kaum möglich ist, es am besten wäre, wann es bey dem nechst vorhergehenden Remedio verbliebe, und gegen verordnete ehrliche und auskömliche Besoldung alle Accidentia von Gerichts- und Advocaten gebühren abgeschaffet würden, als die auch in ihrer Natur & qua sunt accidentia von der Substanz der Sache gar wohl seyn können, und zu dem dergleichen Versehung vormahls im Reiche per Ord. Cam. deao. 1500. tit. 9. geschehen. § XX. Hievon aber 7) auf die Formalia oder diejenigen RemediaVII. Das 1. allgemeine Remedium voluntarium die Processe zu kürtzen. Versuchung der Güte. zu kommen, die zu Verkürtzung des processus und Absch neidung vieler Formalitäten, mithin auch der daraus entstehenden unsäglichen Kosten dienen, so seynd in Rechten bereits folgende und zwar persuasibilia & voluntaria versehen, und ist sich auch, wann die Judicia angeführter massen bestellet, von deren eigenen Zuneigung Hoffnung zu machen, daß sie erstlich gleich bey den ersten Angriff der Sache und auch wohl nach Befindung in media & quavis parte processus, wie es der jüngste Reichs-Abschied de ao. 1654. ausdrücklich vermag, nach dem sie von denen meritis causae die benöthigte summarische Information erlanget haben, die die Cammer-Gerichts-Ordnung de a. 1495. §. 16. disponiret, sondern vielmehr nach den wahren wesentlichen Substantialien des Processus, wie sie die natürliche Rechte und die gesunde Vernunfft an die Hand geben, dergestalt eingetheilet würden, daß zum Exempel die Partheyen gehalten wären, und zwar 1) der Kläger allein ein weniges bey angestelter und angenommener Klage, hernach 2) beydes Kläger und Beklagter etwas mehrers nach beschehener Antwort, dann 3) noch ein mehrers nach vollführten Beweise, das meiste aber 4) wenn das End-Urtheil gesprochen, und in rem judicatam ergangen, mithin auch 5) es zu dem endlichen Effect, oder ad executionem rei judicatae kommen wäre, zu erlegen gehalten, der Sachfällige Theil aber, wann er nicht probabilem causam litigii vor sich gehabt, in die restitutionem des gantzen Aufwands condemniret, und die Execution gleich darauf vollstrecket, im wiedrigen aber ein jeder Theil das Seinige zutragen angewiesen würde, wobey man dann billig praesupponiret, daß der Judex sowohl in angeregter Eintheilung, nach denen partibus processus substantialibus & necessariis, als in endlicher determination des gantzen quanti sich also zu verhalten hätte, daß er nach Erwegung der Sachen Schwer- und Wichtigkeit auch der Mühe, welche dieselbe erfordert, sich allezeit als ein justus & aequus moderator & taxator sumtuum litis erwiese, und es wie sonsten, also auch in diesem Stück auf keine aequitatem cerebrinam hinaus lieffe, wiewohl, weil der Mißbrauch hierinnen zu verhüten kaum möglich ist, es am besten wäre, wann es bey dem nechst vorhergehenden Remedio verbliebe, und gegen verordnete ehrliche und auskömliche Besoldung alle Accidentia von Gerichts- und Advocaten gebühren abgeschaffet würden, als die auch in ihrer Natur & qua sunt accidentia von der Substanz der Sache gar wohl seyn können, und zu dem dergleichen Versehung vormahls im Reiche per Ord. Cam. deao. 1500. tit. 9. geschehen. § XX. Hievon aber 7) auf die Formalia oder diejenigen RemediaVII. Das 1. allgemeine Remedium voluntarium die Processe zu kürtzen. Versuchung der Güte. zu kommen, die zu Verkürtzung des processus und Absch neidung vieler Formalitäten, mithin auch der daraus entstehenden unsäglichen Kosten dienen, so seynd in Rechten bereits folgende und zwar persuasibilia & voluntaria versehen, und ist sich auch, wann die Judicia angeführter massen bestellet, von deren eigenen Zuneigung Hoffnung zu machen, daß sie erstlich gleich bey den ersten Angriff der Sache und auch wohl nach Befindung in media & quavis parte processus, wie es der jüngste Reichs-Abschied de ao. 1654. ausdrücklich vermag, nach dem sie von denen meritis causae die benöthigte summarische Information erlanget haben, die <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0035" n="27"/> die Cammer-Gerichts-Ordnung de a. 1495. §. 16. disponiret, sondern vielmehr nach den wahren wesentlichen Substantialien des Processus, wie sie die natürliche Rechte und die gesunde Vernunfft an die Hand geben, dergestalt eingetheilet würden, daß zum Exempel die Partheyen gehalten wären, und zwar 1) der Kläger allein ein weniges bey angestelter und angenommener Klage, hernach 2) beydes Kläger und Beklagter etwas mehrers nach beschehener Antwort, dann 3) noch ein mehrers nach vollführten Beweise, das meiste aber 4) wenn das End-Urtheil gesprochen, und in rem judicatam ergangen, mithin auch 5) es zu dem endlichen Effect, oder ad executionem rei judicatae kommen wäre, zu erlegen gehalten, der Sachfällige Theil aber, wann er nicht probabilem causam litigii vor sich gehabt, in die restitutionem des gantzen Aufwands condemniret, und die Execution gleich darauf vollstrecket, im wiedrigen aber ein jeder Theil das Seinige zutragen angewiesen würde, wobey man dann billig praesupponiret, daß der Judex sowohl in angeregter Eintheilung, nach denen partibus processus substantialibus & necessariis, als in endlicher determination des gantzen quanti sich also zu verhalten hätte, daß er nach Erwegung der Sachen Schwer- und Wichtigkeit auch der Mühe, welche dieselbe erfordert, sich allezeit als ein justus & aequus moderator & taxator sumtuum litis erwiese, und es wie sonsten, also auch in diesem Stück auf keine aequitatem cerebrinam hinaus lieffe, wiewohl, weil der Mißbrauch hierinnen zu verhüten kaum möglich ist, es am besten wäre, wann es bey dem nechst vorhergehenden Remedio verbliebe, und gegen verordnete ehrliche und auskömliche Besoldung alle Accidentia von Gerichts- und Advocaten gebühren abgeschaffet würden, als die auch in ihrer Natur & qua sunt accidentia von der Substanz der Sache gar wohl seyn können, und zu dem dergleichen Versehung vormahls im Reiche per Ord. 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die Cammer-Gerichts-Ordnung de a. 1495. §. 16. disponiret, sondern vielmehr nach den wahren wesentlichen Substantialien des Processus, wie sie die natürliche Rechte und die gesunde Vernunfft an die Hand geben, dergestalt eingetheilet würden, daß zum Exempel die Partheyen gehalten wären, und zwar 1) der Kläger allein ein weniges bey angestelter und angenommener Klage, hernach 2) beydes Kläger und Beklagter etwas mehrers nach beschehener Antwort, dann 3) noch ein mehrers nach vollführten Beweise, das meiste aber 4) wenn das End-Urtheil gesprochen, und in rem judicatam ergangen, mithin auch 5) es zu dem endlichen Effect, oder ad executionem rei judicatae kommen wäre, zu erlegen gehalten, der Sachfällige Theil aber, wann er nicht probabilem causam litigii vor sich gehabt, in die restitutionem des gantzen Aufwands condemniret, und die Execution gleich darauf vollstrecket, im wiedrigen aber ein jeder Theil das Seinige zutragen angewiesen würde, wobey man dann billig praesupponiret, daß der Judex sowohl in angeregter Eintheilung, nach denen partibus processus substantialibus & necessariis, als in endlicher determination des gantzen quanti sich also zu verhalten hätte, daß er nach Erwegung der Sachen Schwer- und Wichtigkeit auch der Mühe, welche dieselbe erfordert, sich allezeit als ein justus & aequus moderator & taxator sumtuum litis erwiese, und es wie sonsten, also auch in diesem Stück auf keine aequitatem cerebrinam hinaus lieffe, wiewohl, weil der Mißbrauch hierinnen zu verhüten kaum möglich ist, es am besten wäre, wann es bey dem nechst vorhergehenden Remedio verbliebe, und gegen verordnete ehrliche und auskömliche Besoldung alle Accidentia von Gerichts- und Advocaten gebühren abgeschaffet würden, als die auch in ihrer Natur & qua sunt accidentia von der Substanz der Sache gar wohl seyn können, und zu dem dergleichen Versehung vormahls im Reiche per Ord. Cam. deao. 1500. tit. 9. geschehen.
§ XX. Hievon aber 7) auf die Formalia oder diejenigen Remedia zu kommen, die zu Verkürtzung des processus und Absch neidung vieler Formalitäten, mithin auch der daraus entstehenden unsäglichen Kosten dienen, so seynd in Rechten bereits folgende und zwar persuasibilia & voluntaria versehen, und ist sich auch, wann die Judicia angeführter massen bestellet, von deren eigenen Zuneigung Hoffnung zu machen, daß sie erstlich gleich bey den ersten Angriff der Sache und auch wohl nach Befindung in media & quavis parte processus, wie es der jüngste Reichs-Abschied de ao. 1654. ausdrücklich vermag, nach dem sie von denen meritis causae die benöthigte summarische Information erlanget haben, die
VII. Das 1. allgemeine Remedium voluntarium die Processe zu kürtzen. Versuchung der Güte.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/35>, abgerufen am 17.02.2025. |