Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.tendiret werden, sich hernach nicht einmahl geziemet hätte, das Jus Principis öffentlich zu examiniren, und daß die geschehene dispensatio unrecht sey, zu behaupten, weil die prostitutio Principis coram populo unvermeydlich damit verknüpfft ist, zu welcher treue Evangelische Lehrer keinen Beruff haben, obwohl 9) das Papstthum ex arcano politico dominandi Nona. principibus das Gegentheil behauptet, und in dieser Frage das ausserordentliche Prophetische Amt und den Zustand der Jüdischen Republick mit dem ordentlichen Amt der Lehrer und Kirchen-Diener, und mit dem Zustand anderer Republicken zu vermischen pfleget, und solte 10) Decima. einem Evangelischen Prediger, wenn er gleich in andern den Glaubens-Grund angehenden Stücken anderer Meynung wäre, von dergleichen expositione principis ad contemtum populi, in gegenwärtigem casu nochmahls diese Betrachtung abhalten, daß die Sache eine Streit-Frage beträffe, die von denen Unsrigen pro & contra pfleget disputiret zu werden. Wann aber hierwieder von einem Evangelischen Lehrer pecciretWenn es aber geschehen. Daß er erst mit seiner defension zu hören. Rationes pro poena mitig anda. Prima. Secunda. worden, ist wohl kein Zweiffel, es habe derselbige etwas straffbares begangen. Jedoch kan die determination der Straffe nicht wohl ante formatum processum gemacht werden, und da man sonsten ordentlich niemand, den man nicht vorher gehöret hat, zu condemniren befugt ist, so erfordert solches vielmehr die dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß man zuförderst Prediger in dergleichen Fällen mit ihrer defension höre. In gegenwärtigem Fall würde auch bey Abfassung einer definitivae quoad mitigationem zu consideriren seyn, 1) daß bißher in dieser Streit-Frage von vielen unserer Theologen und JCtorum mit einem dergleichen Eyffer verfahren worden, und also diese pluralitas exemplorum auch andere irritiren können, 2) daß bißhero conniventibus Principibus Evangelicis & eorum Ministris Politicis auf denen Universitäten dociret und quotidie practiciret worden, daß ein Prediger schuldig sey, auch des Regenten Fehler öffentlich für dem Volck zu bestraffen; welche Connivenz abermahl in consideration zu ziehen ist, wenn durch selbige hernach jemand verleitet wird, dergleichen zu thun. So erfordert auch 3) die ietzt gedachte dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß Tertia. man das Versehen der Prediger mit gelinderer Straffe beleget, als anderer Personen. Und pflegen Christliche Regenten (zweiffelsohne aus BetrachtungBißherige ver nünfftige Praxis die Be- der angeführten Ursachen) in dergleichen Fällen dem sich vorhergehenden Theil eine zwar ernstliche, doch glimpfliche Weisung geben und künfftig silentium imponiren zu lassen. Da aber auch dieses nicht tendiret werden, sich hernach nicht einmahl geziemet hätte, das Jus Principis öffentlich zu examiniren, und daß die geschehene dispensatio unrecht sey, zu behaupten, weil die prostitutio Principis coram populo unvermeydlich damit verknüpfft ist, zu welcher treue Evangelische Lehrer keinen Beruff haben, obwohl 9) das Papstthum ex arcano politico dominandi Nona. principibus das Gegentheil behauptet, und in dieser Frage das ausserordentliche Prophetische Amt und den Zustand der Jüdischen Republick mit dem ordentlichen Amt der Lehrer und Kirchen-Diener, und mit dem Zustand anderer Republicken zu vermischen pfleget, und solte 10) Decima. einem Evangelischen Prediger, wenn er gleich in andern den Glaubens-Grund angehenden Stücken anderer Meynung wäre, von dergleichen expositione principis ad contemtum populi, in gegenwärtigem casu nochmahls diese Betrachtung abhalten, daß die Sache eine Streit-Frage beträffe, die von denen Unsrigen pro & contra pfleget disputiret zu werden. Wann aber hierwieder von einem Evangelischen Lehrer pecciretWenn es aber geschehen. Daß er erst mit seiner defension zu hören. Rationes pro poena mitig anda. Prima. Secunda. worden, ist wohl kein Zweiffel, es habe derselbige etwas straffbares begangen. Jedoch kan die determination der Straffe nicht wohl ante formatum processum gemacht werden, und da man sonsten ordentlich niemand, den man nicht vorher gehöret hat, zu condemniren befugt ist, so erfordert solches vielmehr die dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß man zuförderst Prediger in dergleichen Fällen mit ihrer defension höre. In gegenwärtigem Fall würde auch bey Abfassung einer definitivae quoad mitigationem zu consideriren seyn, 1) daß bißher in dieser Streit-Frage von vielen unserer Theologen und JCtorum mit einem dergleichen Eyffer verfahren worden, und also diese pluralitas exemplorum auch andere irritiren können, 2) daß bißhero conniventibus Principibus Evangelicis & eorum Ministris Politicis auf denen Universitäten dociret und quotidie practiciret worden, daß ein Prediger schuldig sey, auch des Regenten Fehler öffentlich für dem Volck zu bestraffen; welche Connivenz abermahl in consideration zu ziehen ist, wenn durch selbige hernach jemand verleitet wird, dergleichen zu thun. So erfordert auch 3) die ietzt gedachte dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß Tertia. man das Versehen der Prediger mit gelinderer Straffe beleget, als anderer Personen. Und pflegen Christliche Regenten (zweiffelsohne aus BetrachtungBißherige ver nünfftige Praxis die Be- der angeführten Ursachen) in dergleichen Fällen dem sich vorhergehenden Theil eine zwar ernstliche, doch glimpfliche Weisung geben und künfftig silentium imponiren zu lassen. 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In gegenwärtigem Fall würde auch bey Abfassung einer definitivae quoad mitigationem zu consideriren seyn, 1) daß bißher in dieser Streit-Frage von vielen unserer Theologen und JCtorum mit einem dergleichen Eyffer verfahren worden, und also diese pluralitas exemplorum auch andere irritiren können, 2) daß bißhero conniventibus Principibus Evangelicis & eorum Ministris Politicis auf denen Universitäten dociret und quotidie practiciret worden, daß ein Prediger schuldig sey, auch des Regenten Fehler öffentlich für dem Volck zu bestraffen; welche Connivenz abermahl in consideration zu ziehen ist, wenn durch selbige hernach jemand verleitet wird, dergleichen zu thun. So erfordert auch 3) die ietzt gedachte dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß<note place="right"><hi rendition="#i">Tertia.</hi></note> man das Versehen der Prediger mit gelinderer Straffe beleget, als anderer Personen. 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tendiret werden, sich hernach nicht einmahl geziemet hätte, das Jus Principis öffentlich zu examiniren, und daß die geschehene dispensatio unrecht sey, zu behaupten, weil die prostitutio Principis coram populo unvermeydlich damit verknüpfft ist, zu welcher treue Evangelische Lehrer keinen Beruff haben, obwohl 9) das Papstthum ex arcano politico dominandi principibus das Gegentheil behauptet, und in dieser Frage das ausserordentliche Prophetische Amt und den Zustand der Jüdischen Republick mit dem ordentlichen Amt der Lehrer und Kirchen-Diener, und mit dem Zustand anderer Republicken zu vermischen pfleget, und solte 10) einem Evangelischen Prediger, wenn er gleich in andern den Glaubens-Grund angehenden Stücken anderer Meynung wäre, von dergleichen expositione principis ad contemtum populi, in gegenwärtigem casu nochmahls diese Betrachtung abhalten, daß die Sache eine Streit-Frage beträffe, die von denen Unsrigen pro & contra pfleget disputiret zu werden.
Nona.
Decima. Wann aber hierwieder von einem Evangelischen Lehrer pecciret worden, ist wohl kein Zweiffel, es habe derselbige etwas straffbares begangen. Jedoch kan die determination der Straffe nicht wohl ante formatum processum gemacht werden, und da man sonsten ordentlich niemand, den man nicht vorher gehöret hat, zu condemniren befugt ist, so erfordert solches vielmehr die dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß man zuförderst Prediger in dergleichen Fällen mit ihrer defension höre. In gegenwärtigem Fall würde auch bey Abfassung einer definitivae quoad mitigationem zu consideriren seyn, 1) daß bißher in dieser Streit-Frage von vielen unserer Theologen und JCtorum mit einem dergleichen Eyffer verfahren worden, und also diese pluralitas exemplorum auch andere irritiren können, 2) daß bißhero conniventibus Principibus Evangelicis & eorum Ministris Politicis auf denen Universitäten dociret und quotidie practiciret worden, daß ein Prediger schuldig sey, auch des Regenten Fehler öffentlich für dem Volck zu bestraffen; welche Connivenz abermahl in consideration zu ziehen ist, wenn durch selbige hernach jemand verleitet wird, dergleichen zu thun. So erfordert auch 3) die ietzt gedachte dem Predigt-Amt gebührende Ehre, daß man das Versehen der Prediger mit gelinderer Straffe beleget, als anderer Personen. Und pflegen Christliche Regenten (zweiffelsohne aus Betrachtung der angeführten Ursachen) in dergleichen Fällen dem sich vorhergehenden Theil eine zwar ernstliche, doch glimpfliche Weisung geben und künfftig silentium imponiren zu lassen. Da aber auch dieses nicht
Wenn es aber geschehen. Daß er erst mit seiner defension zu hören. Rationes pro poena mitig anda. Prima. Secunda.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/301>, abgerufen am 16.07.2024. |