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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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re, vergönnet sey, diese Ehefrage öffentl. zu tractiren. Und daß sich solches nicht gezieme, wenn der Fürst in dieser Ehe dispensiret. Rationes quinque priores.diese Frage auf die Kantzel zu bringen, oder durch öffentlich gedruckte Schrifften dieselbe mit Hefftigkeit zu tractiren. Denn dadurch wird 1) der denen Obern schuldige allerunterthänigste respect und Gehorsam verletzt; 2) nichts als öffentliche Unruhe und Spaltungen oder doch Erbitterungen der Gemüther angerichtet, und doch 3) die Sache so wenig an Seiten Principis dispensantis, als auch auf Seiten dessen, der da dispensiren lassen, gehindert. Man kan auch 4) mit Grund der Warheit keinen Eyffer für GOttes Ehre vorschützen, da ein jedweder bey Tractirung dieser Frage gestehen muß, daß die textus legis Mosaicae allerdings difficil zu interpretiren, auch die applicatio principiorum juris naturalis auf die quaestiones matrimoniales so leichte als auf andre Sachen nicht, sondern vielen dubiis unterworffen sey. In dergleichen Fällen aber geziemet sichs 5) daß zwar ein jeder, sonderlich ein Lehrer, seiner Meynung gewiß sey, i. e. bona fide & cum judicio dieselbe aufrichtig vortrage, aber es geziemet sich nicht, gereichet auch nicht zu GOttes Ehren, wenn man denen dissentirenden dergleichen Freyheit nicht auch gönnen will, so ndern in dieselben, oder wohl gar in Principem dispensantem & Ministros ejus invehiret, sie Todt-Sünden beschuldiget, und für Sexta. dem Volcke prostituiret, zumal da 6) die Frage nicht den Glaubensgrund angehet, inmassen beyderley Meynungen weder der Augsp. Confession, noch denen andern so genandten libris Symbolicis zuwieder, und unter denen Lutheranern selbst so wohl berühmte Theologi als JCti beyderley Meynungen zugethan sind, man auch selbsten nicht in Abrede seyn kan, daß sich die quaestio pro & contra disputiren lasse, und also undienlich ist, das gemeine Volck mit solchen Fragen, die zur Seeligkeit eben deshalben nicht gehören, weil sie den Glaubens-Grund nicht touchiren, irre Septima. zu machen und zu verwirren. So weisen es auch 7) die Regeln gesunder Vernunfft, daß, wenn auch gleich ein Prediger ex conscientia erronea vermeynte, daß ihm sein Amt nicht zuliesse, in dergleichen Fällen zu schweigen, er doch ratione graduum admonitionis, und da die Sache post dispensationem factam, Principem dispensantem selbst betrifft, verbunden sey, erstlich den principem oder dessen Ministros privatim zu erinnern, und seine Gewissens-Scrupel ihnen vorzutragen. Wenn diese privat admonition unterlassen, und die Sache so fort auf der Kantzel und in öffentlichen Schrifften getrieben und von dem Recht der einem Fürsten zustehenden dispensation disputiret wird, so ist dieses um so Octava. viel mehr unzuläßlich, weil 8) auch in dem Fall, da dieser gradus adhibiret worden wäre, und a principe & ejus ministris nicht hätte wollen at

re, vergönnet sey, diese Ehefrage öffentl. zu tractiren. Und daß sich solches nicht gezieme, wenn der Fürst in dieser Ehe dispensiret. Rationes quinque priores.diese Frage auf die Kantzel zu bringen, oder durch öffentlich gedruckte Schrifften dieselbe mit Hefftigkeit zu tractiren. Denn dadurch wird 1) der denen Obern schuldige allerunterthänigste respect und Gehorsam verletzt; 2) nichts als öffentliche Unruhe und Spaltungen oder doch Erbitterungen der Gemüther angerichtet, und doch 3) die Sache so wenig an Seiten Principis dispensantis, als auch auf Seiten dessen, der da dispensiren lassen, gehindert. Man kan auch 4) mit Grund der Warheit keinen Eyffer für GOttes Ehre vorschützen, da ein jedweder bey Tractirung dieser Frage gestehen muß, daß die textus legis Mosaicae allerdings difficil zu interpretiren, auch die applicatio principiorum juris naturalis auf die quaestiones matrimoniales so leichte als auf andre Sachen nicht, sondern vielen dubiis unterworffen sey. In dergleichen Fällen aber geziemet sichs 5) daß zwar ein jeder, sonderlich ein Lehrer, seiner Meynung gewiß sey, i. e. bona fide & cum judicio dieselbe aufrichtig vortrage, aber es geziemet sich nicht, gereichet auch nicht zu GOttes Ehren, wenn man denen dissentirenden dergleichen Freyheit nicht auch gönnen will, so ndern in dieselben, oder wohl gar in Principem dispensantem & Ministros ejus invehiret, sie Todt-Sünden beschuldiget, und für Sexta. dem Volcke prostituiret, zumal da 6) die Frage nicht den Glaubensgrund angehet, inmassen beyderley Meynungen weder der Augsp. Confession, noch denen andern so genandten libris Symbolicis zuwieder, und unter denen Lutheranern selbst so wohl berühmte Theologi als JCti beyderley Meynungen zugethan sind, man auch selbsten nicht in Abrede seyn kan, daß sich die quaestio pro & contra disputiren lasse, und also undienlich ist, das gemeine Volck mit solchen Fragen, die zur Seeligkeit eben deshalben nicht gehören, weil sie den Glaubens-Grund nicht touchiren, irre Septima. zu machen und zu verwirren. So weisen es auch 7) die Regeln gesunder Vernunfft, daß, wenn auch gleich ein Prediger ex conscientia erronea vermeynte, daß ihm sein Amt nicht zuliesse, in dergleichen Fällen zu schweigen, er doch ratione graduum admonitionis, und da die Sache post dispensationem factam, Principem dispensantem selbst betrifft, verbunden sey, erstlich den principem oder dessen Ministros privatim zu erinnern, und seine Gewissens-Scrupel ihnen vorzutragen. Wenn diese privat admonition unterlassen, und die Sache so fort auf der Kantzel und in öffentlichen Schrifften getrieben und von dem Recht der einem Fürsten zustehenden dispensation disputiret wird, so ist dieses um so Octava. viel mehr unzuläßlich, weil 8) auch in dem Fall, da dieser gradus adhibiret worden wäre, und a principe & ejus ministris nicht hätte wollen at

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[292/0300] re, diese Frage auf die Kantzel zu bringen, oder durch öffentlich gedruckte Schrifften dieselbe mit Hefftigkeit zu tractiren. Denn dadurch wird 1) der denen Obern schuldige allerunterthänigste respect und Gehorsam verletzt; 2) nichts als öffentliche Unruhe und Spaltungen oder doch Erbitterungen der Gemüther angerichtet, und doch 3) die Sache so wenig an Seiten Principis dispensantis, als auch auf Seiten dessen, der da dispensiren lassen, gehindert. Man kan auch 4) mit Grund der Warheit keinen Eyffer für GOttes Ehre vorschützen, da ein jedweder bey Tractirung dieser Frage gestehen muß, daß die textus legis Mosaicae allerdings difficil zu interpretiren, auch die applicatio principiorum juris naturalis auf die quaestiones matrimoniales so leichte als auf andre Sachen nicht, sondern vielen dubiis unterworffen sey. In dergleichen Fällen aber geziemet sichs 5) daß zwar ein jeder, sonderlich ein Lehrer, seiner Meynung gewiß sey, i. e. bona fide & cum judicio dieselbe aufrichtig vortrage, aber es geziemet sich nicht, gereichet auch nicht zu GOttes Ehren, wenn man denen dissentirenden dergleichen Freyheit nicht auch gönnen will, so ndern in dieselben, oder wohl gar in Principem dispensantem & Ministros ejus invehiret, sie Todt-Sünden beschuldiget, und für dem Volcke prostituiret, zumal da 6) die Frage nicht den Glaubensgrund angehet, inmassen beyderley Meynungen weder der Augsp. Confession, noch denen andern so genandten libris Symbolicis zuwieder, und unter denen Lutheranern selbst so wohl berühmte Theologi als JCti beyderley Meynungen zugethan sind, man auch selbsten nicht in Abrede seyn kan, daß sich die quaestio pro & contra disputiren lasse, und also undienlich ist, das gemeine Volck mit solchen Fragen, die zur Seeligkeit eben deshalben nicht gehören, weil sie den Glaubens-Grund nicht touchiren, irre zu machen und zu verwirren. So weisen es auch 7) die Regeln gesunder Vernunfft, daß, wenn auch gleich ein Prediger ex conscientia erronea vermeynte, daß ihm sein Amt nicht zuliesse, in dergleichen Fällen zu schweigen, er doch ratione graduum admonitionis, und da die Sache post dispensationem factam, Principem dispensantem selbst betrifft, verbunden sey, erstlich den principem oder dessen Ministros privatim zu erinnern, und seine Gewissens-Scrupel ihnen vorzutragen. Wenn diese privat admonition unterlassen, und die Sache so fort auf der Kantzel und in öffentlichen Schrifften getrieben und von dem Recht der einem Fürsten zustehenden dispensation disputiret wird, so ist dieses um so viel mehr unzuläßlich, weil 8) auch in dem Fall, da dieser gradus adhibiret worden wäre, und a principe & ejus ministris nicht hätte wollen at vergönnet sey, diese Ehefrage öffentl. zu tractiren. Und daß sich solches nicht gezieme, wenn der Fürst in dieser Ehe dispensiret. Rationes quinque priores. Sexta. Septima. Octava.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/300>, abgerufen am 25.11.2024.