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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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erinnert, es möchten die Augspurgischen Confessions-Verwandten sich doch auch deutlich erklähren, wie viel sie glaubeten, Sacramenta zu seyn, u. welche sie davor hielten oder nicht, hat zwar die Apologie der Augspurgischen Confession bey Abhandlung dieser Frage sich vieler Worte bedienet, aber dadurch ihre eigentliche Meynung mehr verdunckelt als deutlich gemacht, (vermuthlich deßwegen, weil in der heiligen Schrifft das Wort Sacrament gar nicht zu finden, das Wort Geheimnüß, (oder mysterium) aber nicht nach dem damahligen Verstand ein Zeichen einer heiligen Sache, sondern vielmehr eine heilige, geheime und verborgene Sache selbst bedeutet, wie Lutherus selbst gestanden.) So viel ist gewiß, daß die Apologie drey eigentlich so genannten Sacramenta bejahet; die Tauffe, das Abendmahl, und die Absolution oder Beichte: die Firmung und letzte Oehlung hält sie nicht für wahre Sacramente, sondern werwirfft sie. Das Sacrament des geistlichen Ordens und der Ehe vermeinet sie zwar Sacramente zu seyn, aber in einer andern Bedeutung; iedoch wäre so dann die Ehe nicht nur für ein Sacrament des Neuen Testaments zu halten, sondern wäre schon im Alten Testament ein Sacrament in diesen weitläufftigen Verstande gewesen. Lutherus selbst Euther hat sie vor kein Sacrament gehalten.hat in beyden von ihm heraus gegeben Catechismis nur zwey Sacramenta erkennet, die Tauffe und das Nachtmahl, ob er schon in den kleinen Catechismo einen kleinen Unterricht von der Beichte und Absolution beygefüget. So viel aber die Ehe betrifft, hat er in dem kleinen Catechismo dieselbe mit deutlichen Worten ein weltlich Geschäffte genennet, jedoch auch zugleich bald darauf gemeldet, daß der Ehestand ein göttliches Werck und Geboth sey. Ja es ist noch zu meiner Zeit ein sehr berühmter Juriste (S. S.) gewesen, der behaupten wollen, Lutherus hätte noch zu Ende des Traubüchleins die Ehe ein Sacrament genennet, und gemeynet, daß sich unsere Geistlichen wiedersprächen, wenn sie in Schrifften und auf denen Cantzeln lehreten, daß nur zwey Sacramente wären und doch bey denen Trauungen die Ehe ein Sacrament nenneten Ader darauf ist leicht zu antworten, denn Lutherus sagt nicht mehr, als daß GOtt in dem Ehestand das Sacrament (Geheimnüß) Christi und der Kirche seiner Braut abgebilder, nnd also ist es offenbahr, daß Lutherus nicht den Ehestand selbst als das Zeichen dieses Geheimnüsses, sondern vielmehr die bezeichnete Philippus Melanchthon redet zweiffelhafftig.Sache ein Sacrament genennet. Philippus Melanchthon hat gelehret, daß wenn überhaupt ein jedwedes Werck, das GOtt geboten und eine Verheissung bey gefüget hätte, ein Sacrament solte genennet werden, alsdann auch das Gebet, die Gedult in Creutz und Trübsahlen, das All

erinnert, es möchten die Augspurgischen Confessions-Verwandten sich doch auch deutlich erklähren, wie viel sie glaubeten, Sacramenta zu seyn, u. welche sie davor hielten oder nicht, hat zwar die Apologie der Augspurgischen Confession bey Abhandlung dieser Frage sich vieler Worte bedienet, aber dadurch ihre eigentliche Meynung mehr verdunckelt als deutlich gemacht, (vermuthlich deßwegen, weil in der heiligen Schrifft das Wort Sacrament gar nicht zu finden, das Wort Geheimnüß, (oder mysterium) aber nicht nach dem damahligen Verstand ein Zeichen einer heiligen Sache, sondern vielmehr eine heilige, geheime und verborgene Sache selbst bedeutet, wie Lutherus selbst gestanden.) So viel ist gewiß, daß die Apologie drey eigentlich so genannten Sacramenta bejahet; die Tauffe, das Abendmahl, und die Absolution oder Beichte: die Firmung und letzte Oehlung hält sie nicht für wahre Sacramente, sondern werwirfft sie. Das Sacrament des geistlichen Ordens und der Ehe vermeinet sie zwar Sacramente zu seyn, aber in einer andern Bedeutung; iedoch wäre so dann die Ehe nicht nur für ein Sacrament des Neuen Testaments zu halten, sondern wäre schon im Alten Testament ein Sacrament in diesen weitläufftigen Verstande gewesen. Lutherus selbst Euther hat sie vor kein Sacrament gehalten.hat in beyden von ihm heraus gegeben Catechismis nur zwey Sacramenta erkennet, die Tauffe und das Nachtmahl, ob er schon in den kleinen Catechismo einen kleinen Unterricht von der Beichte und Absolution beygefüget. So viel aber die Ehe betrifft, hat er in dem kleinen Catechismo dieselbe mit deutlichen Worten ein weltlich Geschäffte genennet, jedoch auch zugleich bald darauf gemeldet, daß der Ehestand ein göttliches Werck und Geboth sey. Ja es ist noch zu meiner Zeit ein sehr berühmter Juriste (S. S.) gewesen, der behaupten wollen, Lutherus hätte noch zu Ende des Traubüchleins die Ehe ein Sacrament genennet, und gemeynet, daß sich unsere Geistlichen wiedersprächen, wenn sie in Schrifften und auf denen Cantzeln lehreten, daß nur zwey Sacramente wären und doch bey denen Trauungen die Ehe ein Sacrament nenneten Ader darauf ist leicht zu antworten, denn Lutherus sagt nicht mehr, als daß GOtt in dem Ehestand das Sacrament (Geheimnüß) Christi und der Kirche seiner Braut abgebilder, nnd also ist es offenbahr, daß Lutherus nicht den Ehestand selbst als das Zeichen dieses Geheimnüsses, sondern vielmehr die bezeichnete Philippus Melanchthon redet zweiffelhafftig.Sache ein Sacrament genennet. Philippus Melanchthon hat gelehret, daß wenn überhaupt ein jedwedes Werck, das GOtt geboten und eine Verheissung bey gefüget hätte, ein Sacrament solte genennet werden, alsdann auch das Gebet, die Gedult in Creutz und Trübsahlen, das All

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[266/0274] erinnert, es möchten die Augspurgischen Confessions-Verwandten sich doch auch deutlich erklähren, wie viel sie glaubeten, Sacramenta zu seyn, u. welche sie davor hielten oder nicht, hat zwar die Apologie der Augspurgischen Confession bey Abhandlung dieser Frage sich vieler Worte bedienet, aber dadurch ihre eigentliche Meynung mehr verdunckelt als deutlich gemacht, (vermuthlich deßwegen, weil in der heiligen Schrifft das Wort Sacrament gar nicht zu finden, das Wort Geheimnüß, (oder mysterium) aber nicht nach dem damahligen Verstand ein Zeichen einer heiligen Sache, sondern vielmehr eine heilige, geheime und verborgene Sache selbst bedeutet, wie Lutherus selbst gestanden.) So viel ist gewiß, daß die Apologie drey eigentlich so genannten Sacramenta bejahet; die Tauffe, das Abendmahl, und die Absolution oder Beichte: die Firmung und letzte Oehlung hält sie nicht für wahre Sacramente, sondern werwirfft sie. Das Sacrament des geistlichen Ordens und der Ehe vermeinet sie zwar Sacramente zu seyn, aber in einer andern Bedeutung; iedoch wäre so dann die Ehe nicht nur für ein Sacrament des Neuen Testaments zu halten, sondern wäre schon im Alten Testament ein Sacrament in diesen weitläufftigen Verstande gewesen. Lutherus selbst hat in beyden von ihm heraus gegeben Catechismis nur zwey Sacramenta erkennet, die Tauffe und das Nachtmahl, ob er schon in den kleinen Catechismo einen kleinen Unterricht von der Beichte und Absolution beygefüget. So viel aber die Ehe betrifft, hat er in dem kleinen Catechismo dieselbe mit deutlichen Worten ein weltlich Geschäffte genennet, jedoch auch zugleich bald darauf gemeldet, daß der Ehestand ein göttliches Werck und Geboth sey. Ja es ist noch zu meiner Zeit ein sehr berühmter Juriste (S. S.) gewesen, der behaupten wollen, Lutherus hätte noch zu Ende des Traubüchleins die Ehe ein Sacrament genennet, und gemeynet, daß sich unsere Geistlichen wiedersprächen, wenn sie in Schrifften und auf denen Cantzeln lehreten, daß nur zwey Sacramente wären und doch bey denen Trauungen die Ehe ein Sacrament nenneten Ader darauf ist leicht zu antworten, denn Lutherus sagt nicht mehr, als daß GOtt in dem Ehestand das Sacrament (Geheimnüß) Christi und der Kirche seiner Braut abgebilder, nnd also ist es offenbahr, daß Lutherus nicht den Ehestand selbst als das Zeichen dieses Geheimnüsses, sondern vielmehr die bezeichnete Sache ein Sacrament genennet. Philippus Melanchthon hat gelehret, daß wenn überhaupt ein jedwedes Werck, das GOtt geboten und eine Verheissung bey gefüget hätte, ein Sacrament solte genennet werden, alsdann auch das Gebet, die Gedult in Creutz und Trübsahlen, das All Euther hat sie vor kein Sacrament gehalten. Philippus Melanchthon redet zweiffelhafftig.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/274>, abgerufen am 23.11.2024.