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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Schänden und Schmähen der Reformirten Parthey ihn und seines gleichen Injurianten bey allen unpartheyischen, auch bey den Catholischen würde verhaßt machen; und niemand als denen allgemeinen Feinden aller Evangelischen im Pabstthum, nehmlich den Jesuiten und ihres gleichen, eine Freude erwecken? Wie würde es ihm gefallen haben, wenn die Reformirten die Autores Formulae Concordiae Sinones und Verräther gescholten hätten? Aber die damahligen Zeiten trugen keine andere Leuthe, denn die reliquien der Päbstischen Disputir-und Zanck-Kunst dominirte noch allzusehr auf den Universitäten, und zwar für andern in den Theologischen Facultäten. Und wenn sie nun auf einen Menschen fiele, der ohne dem kein natürlich judicium hatte, und nach seinem temperament zum Bemmeln und Keiffen geneigt war, konten seine Schrifften mit keinen andern Blumen angefüllet werden, als mit solchen unvernünftigen und altvettelischen Bemmeleyen. Gewiß, so offt ich in Hutters Concordia Concorde lese, und über seine raisonnements komme, in welchen er wieder die Reformirten fechten will, so fällt mir ein / was mir, als ich noch ein Knabe war, von ihm durch einen meiner Praeceptorum erzehlel wurde. Der ehrliche Hutter war von der Natur, so wenig mit einen Barte, als einem judicio versehen, wie seine Bildniß sattsam zeigen. Nun war es aber damahls gebräuchlich, daß grosse Bärte für einen sonderlichen Zierrath der Manns-Personen geachtet wurden. Einesmahls hatten seine Leute Holtz gekaufft, und liessen soches für seiner Thüre auf der Gassen durch einen Holtzhacker klein machen, der den Hochwürdigen Herrn D. Hutter zwar par renommee, aber nicht von Person kannte. Als nun D. Hutter oben aus seiner Stuben zum Fenster hinaus sahe und gewahr wurde, daß der Holtzhacker das Holtz nicht nach seinen Sinne klein genug machte, fieng er nach seiner Gewohnheit an zu schelten und den Holtzhacker auszurichten. Der Holtzhacker, der den D. Hutter nicht kannte, und weil er etwa eine Schlaffmütze auf hatte, meinete, es wäre die Person, die ihn so ankieffe, eine Kindermuhme oder Ausgeberin des Doctors, wurde auch ungedultig, antwortende: Was hastu denn vor ein Gebemmele du alte Hexe? Ist doch das Holtz nicht deine, sondern den Herrn Doctor, wenn ich es nur diesen recht mache, was gehet es dich? (Worauf D. Hutter aus Furcht, daß die Nachbarn hören möchten, daß man ihn vor ein alt Weib ansehe, das Fenster alsobald zumachte, und still schwiege.

§. VII. Wie aber und auf was Weise eigentlich die publicationGenauere Umstände von des dieser Religions-Aenderung zugegangen, kan ich eben aus Mangel genungsamer information so genau nicht sagen. Dieses ist gewiß, daß Anno

Schänden und Schmähen der Reformirten Parthey ihn und seines gleichen Injurianten bey allen unpartheyischen, auch bey den Catholischen würde verhaßt machen; und niemand als denen allgemeinen Feinden aller Evangelischen im Pabstthum, nehmlich den Jesuiten und ihres gleichen, eine Freude erwecken? Wie würde es ihm gefallen haben, wenn die Reformirten die Autores Formulae Concordiae Sinones und Verräther gescholten hätten? Aber die damahligen Zeiten trugen keine andere Leuthe, denn die reliquien der Päbstischen Disputir-und Zanck-Kunst dominirte noch allzusehr auf den Universitäten, und zwar für andern in den Theologischen Facultäten. Und wenn sie nun auf einen Menschen fiele, der ohne dem kein natürlich judicium hatte, und nach seinem temperament zum Bemmeln und Keiffen geneigt war, konten seine Schrifften mit keinen andern Blumen angefüllet werden, als mit solchen unvernünftigen und altvettelischen Bemmeleyen. Gewiß, so offt ich in Hutters Concordia Concorde lese, und über seine raisonnements kom̃e, in welchen er wieder die Reformirten fechten will, so fällt mir ein / was mir, als ich noch ein Knabe war, von ihm durch einen meiner Praeceptorum erzehlel wurde. Der ehrliche Hutter war von der Natur, so wenig mit einen Barte, als einem judicio versehen, wie seine Bildniß sattsam zeigen. Nun war es aber damahls gebräuchlich, daß grosse Bärte für einen sonderlichen Zierrath der Manns-Personen geachtet wurden. Einesmahls hatten seine Leute Holtz gekaufft, und liessen soches für seiner Thüre auf der Gassen durch einen Holtzhacker klein machen, der den Hochwürdigen Herrn D. Hutter zwar par renommee, aber nicht von Person kannte. Als nun D. Hutter oben aus seiner Stuben zum Fenster hinaus sahe und gewahr wurde, daß der Holtzhacker das Holtz nicht nach seinen Sinne klein genug machte, fieng er nach seiner Gewohnheit an zu schelten und den Holtzhacker auszurichten. Der Holtzhacker, der den D. Hutter nicht kannte, und weil er etwa eine Schlaffmütze auf hatte, meinete, es wäre die Person, die ihn so ankieffe, eine Kindermuhme oder Ausgeberin des Doctors, wurde auch ungedultig, antwortende: Was hastu denn vor ein Gebemmele du alte Hexe? Ist doch das Holtz nicht deine, sondern den Herrn Doctor, wenn ich es nur diesen recht mache, was gehet es dich? (Worauf D. Hutter aus Furcht, daß die Nachbarn hören möchten, daß man ihn vor ein alt Weib ansehe, das Fenster alsobald zumachte, und still schwiege.

§. VII. Wie aber und auf was Weise eigentlich die publicationGenauere Umstände von des dieser Religions-Aenderung zugegangen, kan ich eben aus Mangel genungsamer information so genau nicht sagen. Dieses ist gewiß, daß Anno

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[243/0251] Schänden und Schmähen der Reformirten Parthey ihn und seines gleichen Injurianten bey allen unpartheyischen, auch bey den Catholischen würde verhaßt machen; und niemand als denen allgemeinen Feinden aller Evangelischen im Pabstthum, nehmlich den Jesuiten und ihres gleichen, eine Freude erwecken? Wie würde es ihm gefallen haben, wenn die Reformirten die Autores Formulae Concordiae Sinones und Verräther gescholten hätten? Aber die damahligen Zeiten trugen keine andere Leuthe, denn die reliquien der Päbstischen Disputir-und Zanck-Kunst dominirte noch allzusehr auf den Universitäten, und zwar für andern in den Theologischen Facultäten. Und wenn sie nun auf einen Menschen fiele, der ohne dem kein natürlich judicium hatte, und nach seinem temperament zum Bemmeln und Keiffen geneigt war, konten seine Schrifften mit keinen andern Blumen angefüllet werden, als mit solchen unvernünftigen und altvettelischen Bemmeleyen. Gewiß, so offt ich in Hutters Concordia Concorde lese, und über seine raisonnements kom̃e, in welchen er wieder die Reformirten fechten will, so fällt mir ein / was mir, als ich noch ein Knabe war, von ihm durch einen meiner Praeceptorum erzehlel wurde. Der ehrliche Hutter war von der Natur, so wenig mit einen Barte, als einem judicio versehen, wie seine Bildniß sattsam zeigen. Nun war es aber damahls gebräuchlich, daß grosse Bärte für einen sonderlichen Zierrath der Manns-Personen geachtet wurden. Einesmahls hatten seine Leute Holtz gekaufft, und liessen soches für seiner Thüre auf der Gassen durch einen Holtzhacker klein machen, der den Hochwürdigen Herrn D. Hutter zwar par renommee, aber nicht von Person kannte. Als nun D. Hutter oben aus seiner Stuben zum Fenster hinaus sahe und gewahr wurde, daß der Holtzhacker das Holtz nicht nach seinen Sinne klein genug machte, fieng er nach seiner Gewohnheit an zu schelten und den Holtzhacker auszurichten. Der Holtzhacker, der den D. Hutter nicht kannte, und weil er etwa eine Schlaffmütze auf hatte, meinete, es wäre die Person, die ihn so ankieffe, eine Kindermuhme oder Ausgeberin des Doctors, wurde auch ungedultig, antwortende: Was hastu denn vor ein Gebemmele du alte Hexe? Ist doch das Holtz nicht deine, sondern den Herrn Doctor, wenn ich es nur diesen recht mache, was gehet es dich? (Worauf D. Hutter aus Furcht, daß die Nachbarn hören möchten, daß man ihn vor ein alt Weib ansehe, das Fenster alsobald zumachte, und still schwiege. §. VII. Wie aber und auf was Weise eigentlich die publication dieser Religions-Aenderung zugegangen, kan ich eben aus Mangel genungsamer information so genau nicht sagen. Dieses ist gewiß, daß Anno Genauere Umstände von des

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/251>, abgerufen am 23.11.2024.