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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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26) Solte aber mit demselben um zeitlicher Furcht und respecten willen conniviret, ihr Wesen toleriret, andere ehrliche Leute aber darentgegen mit Neuerung beschweret werden; So bedencken E. F. G. ein Hoch-Ehrw. Dom-Capitel und Landschafft, wie sie es gegen GOtt, der da nicht haben will, daß wir auf beyden Seiten hincken, wie sie es in ihrem Gewissen, und dann bey allen und jeden Evangelischen Chur-Fürsten und Ständen, keinen ausgenommen, verantworten wollen. 27) Dann auch diejenigen, zu denen E. F. G. die meiste Confidenz haben, nicht anders sagen werden, als man solle gerade hindurchgehen, hoc oportebat facere, & alterum non omittere. 28) Oder aber kan man hierunter dieser verschonen, so sehe ich nicht, wie man auch andere Leute nicht verschonen solte. 29) Wende ich mich nun zu den andern, nemlich der Calvinischen Seiten, so seynd mir diese Themata und discurs nicht neu; die Calvinisten sind böse, schädliche, (ja man nennets wohl anders, welches ietzo in der Feder bleibet) Leute, deren man um ihrer gottlosen Religion und schädlichen Consiliorum willen nicht trauen könte; darum man sich in gar bösen Consiliis des termini gebraucht, daß man es Calvinische Consilia nennet, und soll demnach die formula Concordiae die proba seyn, an welcher eydlichen probation man die Leute erkennen, und sich also ihrer versichern könte. 30) Ich für meine Person erkläre mich darauf, so viel die Religion anlanget, nochmahls wie droben, daß ich meine Zeit nicht gern mit Streit-Sachen verzehre, sondern mich in meinem Christenthum um zu einem guten Gewissen und gottseeligen Wandel befleisse: hoffe, dasselbe soll mir nützlicher seyn, als wenn ich mich stündlich in Religions-Streiten occupirte. Interim bekenne ich gerne, daß ich neben der Heil. Schrifft etlicher alten Orthodoxorum patrum monumenta nicht allein Lutheri, und Lutherischer, sondern auch Calvini und Calvinischer Theo-Iogorum scripta lese, und in allen dasjenige probire und improbire, was ich dem Wort GOttes gemäß oder ungemäß finde. 31) In Controversiis, wie sie ietzo getrieben werden, finde ich, daß dieselben fast zum grössern Theil in quaestione: an sit: bestehen. Denn der eine saget, die Calvinisten lehren dieses oder jenes, sie sagen aber Nein, es geschehe ihnen unrecht: Einer allegiret loca aus ihren scriptis, sie sagen aber, sie seyn gar unrecht allegiret; und muß ich gleichwohl bekennen, daß ichs im Nachschlagen öfters also befinde: Einer sagt, man sey in 4. Puncten mit ihnen different, der andere aber saget, man sey in toto fundamento fidei mit ihnen von einander, der eine imputiret ihnen bey ihrer gantzen Religion in toto blasphemias (dabey ich sage: Ich wolte lieber eine bestia seyn, als es in blasphemiis mit jemand halten, er sey
26) Solte aber mit demselben um zeitlicher Furcht und respecten willen conniviret, ihr Wesen toleriret, andere ehrliche Leute aber darentgegen mit Neuerung beschweret werden; So bedencken E. F. G. ein Hoch-Ehrw. Dom-Capitel und Landschafft, wie sie es gegen GOtt, der da nicht haben will, daß wir auf beyden Seiten hincken, wie sie es in ihrem Gewissen, und dann bey allen und jeden Evangelischen Chur-Fürsten und Ständen, keinen ausgenommen, verantworten wollen. 27) Dann auch diejenigen, zu denen E. F. G. die meiste Confidenz haben, nicht anders sagen werden, als man solle gerade hindurchgehen, hoc oportebat facere, & alterum non omittere. 28) Oder aber kan man hierunter dieser verschonen, so sehe ich nicht, wie man auch andere Leute nicht verschonen solte. 29) Wende ich mich nun zu den andern, nemlich der Calvinischen Seiten, so seynd mir diese Themata und discurs nicht neu; die Calvinisten sind böse, schädliche, (ja man nennets wohl anders, welches ietzo in der Feder bleibet) Leute, deren man um ihrer gottlosen Religion und schädlichen Consiliorum willen nicht trauen könte; darum man sich in gar bösen Consiliis des termini gebraucht, daß man es Calvinische Consilia nennet, und soll demnach die formula Concordiae die proba seyn, an welcher eydlichen probation man die Leute erkennen, und sich also ihrer versichern könte. 30) Ich für meine Person erkläre mich darauf, so viel die Religion anlanget, nochmahls wie droben, daß ich meine Zeit nicht gern mit Streit-Sachen verzehre, sondern mich in meinem Christenthum um zu einem guten Gewissen und gottseeligen Wandel befleisse: hoffe, dasselbe soll mir nützlicher seyn, als wenn ich mich stündlich in Religions-Streiten occupirte. Interim bekenne ich gerne, daß ich neben der Heil. Schrifft etlicher alten Orthodoxorum patrum monumenta nicht allein Lutheri, und Lutherischer, sondern auch Calvini und Calvinischer Theo-Iogorum scripta lese, und in allen dasjenige probire und improbire, was ich dem Wort GOttes gemäß oder ungemäß finde. 31) In Controversiis, wie sie ietzo getrieben werden, finde ich, daß dieselben fast zum grössern Theil in quaestione: an sit: bestehen. Denn der eine saget, die Calvinisten lehren dieses oder jenes, sie sagen aber Nein, es geschehe ihnen unrecht: Einer allegiret loca aus ihren scriptis, sie sagen aber, sie seyn gar unrecht allegiret; und muß ich gleichwohl bekennen, daß ichs im Nachschlagen öfters also befinde: Einer sagt, man sey in 4. Puncten mit ihnen different, der andere aber saget, man sey in toto fundamento fidei mit ihnen von einander, der eine imputiret ihnen bey ihrer gantzen Religion in toto blasphemias (dabey ich sage: Ich wolte lieber eine bestia seyn, als es in blasphemiis mit jemand halten, er sey
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[208/0216] 26) Solte aber mit demselben um zeitlicher Furcht und respecten willen conniviret, ihr Wesen toleriret, andere ehrliche Leute aber darentgegen mit Neuerung beschweret werden; So bedencken E. F. G. ein Hoch-Ehrw. Dom-Capitel und Landschafft, wie sie es gegen GOtt, der da nicht haben will, daß wir auf beyden Seiten hincken, wie sie es in ihrem Gewissen, und dann bey allen und jeden Evangelischen Chur-Fürsten und Ständen, keinen ausgenommen, verantworten wollen. 27) Dann auch diejenigen, zu denen E. F. G. die meiste Confidenz haben, nicht anders sagen werden, als man solle gerade hindurchgehen, hoc oportebat facere, & alterum non omittere. 28) Oder aber kan man hierunter dieser verschonen, so sehe ich nicht, wie man auch andere Leute nicht verschonen solte. 29) Wende ich mich nun zu den andern, nemlich der Calvinischen Seiten, so seynd mir diese Themata und discurs nicht neu; die Calvinisten sind böse, schädliche, (ja man nennets wohl anders, welches ietzo in der Feder bleibet) Leute, deren man um ihrer gottlosen Religion und schädlichen Consiliorum willen nicht trauen könte; darum man sich in gar bösen Consiliis des termini gebraucht, daß man es Calvinische Consilia nennet, und soll demnach die formula Concordiae die proba seyn, an welcher eydlichen probation man die Leute erkennen, und sich also ihrer versichern könte. 30) Ich für meine Person erkläre mich darauf, so viel die Religion anlanget, nochmahls wie droben, daß ich meine Zeit nicht gern mit Streit-Sachen verzehre, sondern mich in meinem Christenthum um zu einem guten Gewissen und gottseeligen Wandel befleisse: hoffe, dasselbe soll mir nützlicher seyn, als wenn ich mich stündlich in Religions-Streiten occupirte. Interim bekenne ich gerne, daß ich neben der Heil. Schrifft etlicher alten Orthodoxorum patrum monumenta nicht allein Lutheri, und Lutherischer, sondern auch Calvini und Calvinischer Theo-Iogorum scripta lese, und in allen dasjenige probire und improbire, was ich dem Wort GOttes gemäß oder ungemäß finde. 31) In Controversiis, wie sie ietzo getrieben werden, finde ich, daß dieselben fast zum grössern Theil in quaestione: an sit: bestehen. Denn der eine saget, die Calvinisten lehren dieses oder jenes, sie sagen aber Nein, es geschehe ihnen unrecht: Einer allegiret loca aus ihren scriptis, sie sagen aber, sie seyn gar unrecht allegiret; und muß ich gleichwohl bekennen, daß ichs im Nachschlagen öfters also befinde: Einer sagt, man sey in 4. Puncten mit ihnen different, der andere aber saget, man sey in toto fundamento fidei mit ihnen von einander, der eine imputiret ihnen bey ihrer gantzen Religion in toto blasphemias (dabey ich sage: Ich wolte lieber eine bestia seyn, als es in blasphemiis mit jemand halten, er sey

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/216>, abgerufen am 27.11.2024.