Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.gen Umstände wegen sowohl in Civil-als Criminal-Sachen ohne grossen Schaden der Republick nicht allezeit gezwungen werden können, sich persönlich vor Gerichte zu stellen. Aus eben diesem Beweiß erkennet man die Einfalt des ungeschickten Vorschlags, denen Richtern, Advocaten und Procuratoribus alle Sporteln abzuschneiden u. s. w. Was aber insonderheit den peinl. Process anlanget, so habe ich anderswo m) gezeiget, daß derm) in unterschiedenen disput ationen de processu inquisit. de origine & causa Constit. Crim. &c. Inquisitions-Process, durch welchen der processus accusatorius stillschweigends, abgeschaffet, oder die Vermengung beyderley Processe, ein zu Beförderung der geschwinden und billigen Rechts-Verwaltung gantz ungeschicktes und albernes Mittel sey, u. s. w. Bey dem Civil-Process ist auch insonderheit gezeiget worden, n) daß die Eintheilung des Canonischen Rechts in den summarischen und ordinairen Process ein dunckles und verwirrtes Ding, ja der Ursprung der verlängerten Gerechtigkeit sey,n) in notis ad Lancellotti L. 3. T. 1. §. 32. not. 110. seq. p. 1319. seq. und daß so lange dieselbe, wie bis jetzo noch gebräulich ist, im Civil-Procefs zum Grunde gesetzt wird, auf keine Verbesserung dessen zu hoffen sey, und müsse man vor allen Dingen dahin trachten, daß die gewöhnlichen Umstände des ordinairen Processes gäntzlich weggelassen und alles nur summarisch gehandelt würde, doch daß man nur die wesentlichen Stücke des fummarischen Processes beybehielte, welche aber vorher nothwendig in denen Process-Ordnungen deutlich ernennet und beschrieben werden müsten. Weswegen auch dererjenigen ihr vorgeschlagenes Mittelo) vid. B-Strykii Dissert. de judic. princ. sola verit. facti inspecta. unter die unnützen zu zehlen ist, welche o) die Beschaffenheit des summarischen Processes, da man nemlich nur die Wahrheit einer Sache erforschet, aus dem Canonischen Recht denen Canonisten und Glossatoribus erläutern wollen, da doch das Jus Canonicum und die Canonisten an aller Verwirrung Schuld sind. §. XXIII. Nachdem nun ein politischer Artzt alle bißher versuchte MittelUnd von denen hiezu dienlichen Mitteln / so wohl zu einer gäntzlichen Verbesserung. auf die Probe gestellet, so wird er nur die vor die geschicktesten halten, welche nicht allzugeschwinde, und gantz unvermerckt den krancken Leib zum künfftigen nützlichen Gebrauch der Artzney vorbereiten, die die Wurtzel des Ubels ausreissen soll, als welches sich auch nur allmählich in Teutschland eingeschlichen und die verdrießlichen Processe nebst der Ungewißheit derer Rechte nach und nach verursachet hat: Die klügsten Käyser haben solche Wahlsprüche gehabt, als: Eile mir Weile. Nach und nach. Allmählich! Nun ist es zwar kein Zweifel, daß, so lange das fremde Recht noch im Schwange und mit unsern Land-Rechten vermenget ist, alle Bemühung wegen eines gewissen Rechts und kürtzern Processes vergebens seyn wird. Da aber nun das fremde Recht mit unsern Vaterlands-Sit gen Umstände wegen sowohl in Civil-als Criminal-Sachen ohne grossen Schaden der Republick nicht allezeit gezwungen werden können, sich persönlich vor Gerichte zu stellen. Aus eben diesem Beweiß erkennet man die Einfalt des ungeschickten Vorschlags, denen Richtern, Advocaten und Procuratoribus alle Sporteln abzuschneiden u. s. w. Was aber insonderheit den peinl. Process anlanget, so habe ich anderswo m) gezeiget, daß derm) in unterschiedenen disput ationen de processu inquisit. de origine & causa Constit. Crim. &c. Inquisitions-Process, durch welchen der processus accusatorius stillschweigends, abgeschaffet, oder die Vermengung beyderley Processe, ein zu Beförderung der geschwinden und billigen Rechts-Verwaltung gantz ungeschicktes und albernes Mittel sey, u. s. w. Bey dem Civil-Process ist auch insonderheit gezeiget worden, n) daß die Eintheilung des Canonischen Rechts in den summarischen und ordinairen Process ein dunckles und verwirrtes Ding, ja der Ursprung der verlängerten Gerechtigkeit sey,n) in notis ad Lancellotti L. 3. T. 1. §. 32. not. 110. seq. p. 1319. seq. und daß so lange dieselbe, wie bis jetzo noch gebräulich ist, im Civil-Procefs zum Grunde gesetzt wird, auf keine Verbesserung dessen zu hoffen sey, und müsse man vor allen Dingen dahin trachten, daß die gewöhnlichen Umstände des ordinairen Processes gäntzlich weggelassen und alles nur summarisch gehandelt würde, doch daß man nur die wesentlichen Stücke des fummarischen Processes beybehielte, welche aber vorher nothwendig in denen Process-Ordnungen deutlich ernennet und beschrieben werden müsten. Weswegen auch dererjenigen ihr vorgeschlagenes Mittelo) vid. B-Strykii Dissert. de judic. princ. sola verit. facti inspecta. unter die unnützen zu zehlen ist, welche o) die Beschaffenheit des summarischen Processes, da man nemlich nur die Wahrheit einer Sache erforschet, aus dem Canonischen Recht denen Canonisten und Glossatoribus erläutern wollen, da doch das Jus Canonicum und die Canonisten an aller Verwirrung Schuld sind. §. XXIII. Nachdem nun ein politischer Artzt alle bißher versuchte MittelUnd von denen hiezu dienlichen Mitteln / so wohl zu einer gäntzlichen Verbesserung. auf die Probe gestellet, so wird er nur die vor die geschicktesten halten, welche nicht allzugeschwinde, und gantz unvermerckt den krancken Leib zum künfftigen nützlichen Gebrauch der Artzney vorbereiten, die die Wurtzel des Ubels ausreissen soll, als welches sich auch nur allmählich in Teutschland eingeschlichen und die verdrießlichen Processe nebst der Ungewißheit derer Rechte nach und nach verursachet hat: Die klügsten Käyser haben solche Wahlsprüche gehabt, als: Eile mir Weile. Nach und nach. Allmählich! Nun ist es zwar kein Zweifel, daß, so lange das fremde Recht noch im Schwange und mit unsern Land-Rechten vermenget ist, alle Bemühung wegen eines gewissen Rechts und kürtzern Processes vergebens seyn wird. 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Bey dem Civil-Process ist auch insonderheit gezeiget worden, n) daß die Eintheilung des Canonischen Rechts in den summarischen und ordinairen Process ein dunckles und verwirrtes Ding, ja der Ursprung der verlängerten Gerechtigkeit sey,<note place="right">n) in notis ad Lancellotti L. 3. T. 1. §. 32. not. 110. seq. p. 1319. seq.</note> und daß so lange dieselbe, wie bis jetzo noch gebräulich ist, im Civil-Procefs zum Grunde gesetzt wird, auf keine Verbesserung dessen zu hoffen sey, und müsse man vor allen Dingen dahin trachten, daß die gewöhnlichen Umstände des ordinairen Processes gäntzlich weggelassen und alles nur summarisch gehandelt würde, doch daß man nur die wesentlichen Stücke des fummarischen Processes beybehielte, welche aber vorher nothwendig in denen Process-Ordnungen deutlich ernennet und beschrieben werden müsten. Weswegen auch dererjenigen ihr vorgeschlagenes Mittel<note place="right">o) vid. B-Strykii Dissert. de judic. princ. sola verit. facti inspecta.</note> unter die unnützen zu zehlen ist, welche o) die Beschaffenheit des summarischen Processes, da man nemlich nur die Wahrheit einer Sache erforschet, aus dem Canonischen Recht denen Canonisten und Glossatoribus erläutern wollen, da doch das Jus Canonicum und die Canonisten an aller Verwirrung Schuld sind.</p> <p>§. XXIII. 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gen Umstände wegen sowohl in Civil-als Criminal-Sachen ohne grossen Schaden der Republick nicht allezeit gezwungen werden können, sich persönlich vor Gerichte zu stellen. Aus eben diesem Beweiß erkennet man die Einfalt des ungeschickten Vorschlags, denen Richtern, Advocaten und Procuratoribus alle Sporteln abzuschneiden u. s. w. Was aber insonderheit den peinl. Process anlanget, so habe ich anderswo m) gezeiget, daß der Inquisitions-Process, durch welchen der processus accusatorius stillschweigends, abgeschaffet, oder die Vermengung beyderley Processe, ein zu Beförderung der geschwinden und billigen Rechts-Verwaltung gantz ungeschicktes und albernes Mittel sey, u. s. w. Bey dem Civil-Process ist auch insonderheit gezeiget worden, n) daß die Eintheilung des Canonischen Rechts in den summarischen und ordinairen Process ein dunckles und verwirrtes Ding, ja der Ursprung der verlängerten Gerechtigkeit sey, und daß so lange dieselbe, wie bis jetzo noch gebräulich ist, im Civil-Procefs zum Grunde gesetzt wird, auf keine Verbesserung dessen zu hoffen sey, und müsse man vor allen Dingen dahin trachten, daß die gewöhnlichen Umstände des ordinairen Processes gäntzlich weggelassen und alles nur summarisch gehandelt würde, doch daß man nur die wesentlichen Stücke des fummarischen Processes beybehielte, welche aber vorher nothwendig in denen Process-Ordnungen deutlich ernennet und beschrieben werden müsten. Weswegen auch dererjenigen ihr vorgeschlagenes Mittel unter die unnützen zu zehlen ist, welche o) die Beschaffenheit des summarischen Processes, da man nemlich nur die Wahrheit einer Sache erforschet, aus dem Canonischen Recht denen Canonisten und Glossatoribus erläutern wollen, da doch das Jus Canonicum und die Canonisten an aller Verwirrung Schuld sind.
m) in unterschiedenen disput ationen de processu inquisit. de origine & causa Constit. Crim. &c.
n) in notis ad Lancellotti L. 3. T. 1. §. 32. not. 110. seq. p. 1319. seq.
o) vid. B-Strykii Dissert. de judic. princ. sola verit. facti inspecta. §. XXIII. Nachdem nun ein politischer Artzt alle bißher versuchte Mittel auf die Probe gestellet, so wird er nur die vor die geschicktesten halten, welche nicht allzugeschwinde, und gantz unvermerckt den krancken Leib zum künfftigen nützlichen Gebrauch der Artzney vorbereiten, die die Wurtzel des Ubels ausreissen soll, als welches sich auch nur allmählich in Teutschland eingeschlichen und die verdrießlichen Processe nebst der Ungewißheit derer Rechte nach und nach verursachet hat: Die klügsten Käyser haben solche Wahlsprüche gehabt, als: Eile mir Weile. Nach und nach. Allmählich! Nun ist es zwar kein Zweifel, daß, so lange das fremde Recht noch im Schwange und mit unsern Land-Rechten vermenget ist, alle Bemühung wegen eines gewissen Rechts und kürtzern Processes vergebens seyn wird. Da aber nun das fremde Recht mit unsern Vaterlands-Sit
Und von denen hiezu dienlichen Mitteln / so wohl zu einer gäntzlichen Verbesserung.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/203>, abgerufen am 16.07.2024. |