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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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was bißher gemeldet worden, neue Ursachen, ihre Meynung zu vertheydigen;von Unmöglichkeit der Verbesserung wenn so viele und hohe Wissenschafften zu einem Verbesserer der Justitz erfordert werden. als ob neml. gleichfalls moraliter unmöglich sey, daß ein einiger Mensche so viel Lehren und Wissenschafften besitzen solle, zu deren jeder ein gantzer Mensch erfodert werde, der doch wohl Zeit Lebens nicht vollkommen darinne würde, nach dem uhralten Sprichwort, die Kunst ist länger als unser Leben. Hiezu käme, daß ich nicht wenige Lehren, so zu einem politischen Artzt gehören solten, wo nicht gantz, doch die meisten und nöthigsten Theile von selbigen unter diejenigen Dinge, daran es unsern Universitäten mangele gerechnet, als z. E. die Grund-Sätze der Klugheit, Rathschläge zu geben und zu regieren, die Historie derer Schulen und Academien, des gerichtlichen Processes und der Uneinigkeit zwischen denen D D. Juris und Schöppen in Teutschland u. s. w. f) Allein hierauf will ich keine Antwort schuldig bleiben. Wer mir dergleichen Einwurff machet, der hat nicht einerley Begriff der Weißheit mit mir. Das Pabstthum und dessen bey uns noch übrige grobe Brocken suchen die Weißheit darinnen, daß einer viel und mancherley Dinge wisse, und ein grosser Polyhistorf) supta §. 9. 10. 11. 12. 13. 14 sey, daß er die Poeten, Historien-Schreiber, Redner und Philosophen sowohl Griechen als Lateiner verstehe, die subtilsten Fragen aus der grammatica, dialectic, metaphysic, mathesi, physic, ethica und politica auf beyderley Recht oder Meynung auflösen, darüber zancken, oder vor die eine Entscheidung von solchen Fragen als vor eine ausgemachte Wahrheit mit der grösten Gemüths-Bewegung kämpffe, ja sich darbey tod schlagen lasse u. s. w. Ich aber halte das vor Weißheit, wenn einer wenige und nützliche Dinge weiß, und die vielen so wohl ihn selbst, als der gantzen Republick mehr schädlich als nützlichen Sachen nicht zuwissen verlanget, wenn er einen schlechten und geraden Weg weiß, der eines jeden von Vorurtheilen befreyten Menschen Verstand begreiflich sey, das Nützliche von dem Unnützlichen zu unterscheiden, diese aus dem Kopf zu bringen u. nur das wenigste zu behalten, wodurch man geschickt wird, mit leichter Mühe neue zur Beförderung des gemeinen Besten und Vertilgung des Unheils dienliche Wahrheiten zu entdccken. Die Lehren aber anlangend, so ich oben unter die Mängel der Academien gezehlet, so wird der gesamte context zeigen, daß auch in solchen mit nechsten eine Verbesserung zu hoffen, oder auch schon solche Hülffs-Mittel vorhanden, die unserm Artzt gantz wohl zu statten kommen werden u. s. w. Inzwischen will ich nicht leugnen, daß dieses vielmehr dasjenige bekräfftige, was ich vorher schon behauptet, daß nehmlich die Heilung der Justiz nicht so leicht und geschwinde erfolgen dürffte, sondern einige Zeit erfordert werde, in wel

was bißher gemeldet worden, neue Ursachen, ihre Meynung zu vertheydigen;von Unmöglichkeit der Verbesserung wenn so viele und hohe Wissenschafften zu einem Verbesserer der Justitz erfordert werden. als ob neml. gleichfalls moraliter unmöglich sey, daß ein einiger Mensche so viel Lehren und Wissenschafften besitzen solle, zu deren jeder ein gantzer Mensch erfodert werde, der doch wohl Zeit Lebens nicht vollkommen darinne würde, nach dem uhralten Sprichwort, die Kunst ist länger als unser Leben. Hiezu käme, daß ich nicht wenige Lehren, so zu einem politischen Artzt gehören solten, wo nicht gantz, doch die meisten und nöthigsten Theile von selbigen unter diejenigen Dinge, daran es unsern Universitäten mangele gerechnet, als z. E. die Grund-Sätze der Klugheit, Rathschläge zu geben und zu regieren, die Historie derer Schulen und Academien, des gerichtlichen Processes und der Uneinigkeit zwischen denen D D. Juris und Schöppen in Teutschland u. s. w. f) Allein hierauf will ich keine Antwort schuldig bleiben. Wer mir dergleichen Einwurff machet, der hat nicht einerley Begriff der Weißheit mit mir. Das Pabstthum und dessen bey uns noch übrige grobe Brocken suchen die Weißheit darinnen, daß einer viel und mancherley Dinge wisse, und ein grosser Polyhistorf) supta §. 9. 10. 11. 12. 13. 14 sey, daß er die Poeten, Historien-Schreiber, Redner und Philosophen sowohl Griechen als Lateiner verstehe, die subtilsten Fragen aus der grammatica, dialectic, metaphysic, mathesi, physic, ethica und politica auf beyderley Recht oder Meynung auflösen, darüber zancken, oder vor die eine Entscheidung von solchen Fragen als vor eine ausgemachte Wahrheit mit der grösten Gemüths-Bewegung kämpffe, ja sich darbey tod schlagen lasse u. s. w. Ich aber halte das vor Weißheit, wenn einer wenige und nützliche Dinge weiß, und die vielen so wohl ihn selbst, als der gantzen Republick mehr schädlich als nützlichen Sachen nicht zuwissen verlanget, wenn er einen schlechten und geraden Weg weiß, der eines jeden von Vorurtheilen befreyten Menschen Verstand begreiflich sey, das Nützliche von dem Unnützlichen zu unterscheiden, diese aus dem Kopf zu bringen u. nur das wenigste zu behalten, wodurch man geschickt wird, mit leichter Mühe neue zur Beförderung des gemeinen Besten und Vertilgung des Unheils dienliche Wahrheiten zu entdccken. Die Lehren aber anlangend, so ich oben unter die Mängel der Academien gezehlet, so wird der gesamte context zeigen, daß auch in solchen mit nechsten eine Verbesserung zu hoffen, oder auch schon solche Hülffs-Mittel vorhanden, die unserm Artzt gantz wohl zu statten kommen werden u. s. w. Inzwischen will ich nicht leugnen, daß dieses vielmehr dasjenige bekräfftige, was ich vorher schon behauptet, daß nehmlich die Heilung der Justiz nicht so leicht und geschwinde erfolgen dürffte, sondern einige Zeit erfordert werde, in wel

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[185/0193] was bißher gemeldet worden, neue Ursachen, ihre Meynung zu vertheydigen; als ob neml. gleichfalls moraliter unmöglich sey, daß ein einiger Mensche so viel Lehren und Wissenschafften besitzen solle, zu deren jeder ein gantzer Mensch erfodert werde, der doch wohl Zeit Lebens nicht vollkommen darinne würde, nach dem uhralten Sprichwort, die Kunst ist länger als unser Leben. Hiezu käme, daß ich nicht wenige Lehren, so zu einem politischen Artzt gehören solten, wo nicht gantz, doch die meisten und nöthigsten Theile von selbigen unter diejenigen Dinge, daran es unsern Universitäten mangele gerechnet, als z. E. die Grund-Sätze der Klugheit, Rathschläge zu geben und zu regieren, die Historie derer Schulen und Academien, des gerichtlichen Processes und der Uneinigkeit zwischen denen D D. Juris und Schöppen in Teutschland u. s. w. f) Allein hierauf will ich keine Antwort schuldig bleiben. Wer mir dergleichen Einwurff machet, der hat nicht einerley Begriff der Weißheit mit mir. Das Pabstthum und dessen bey uns noch übrige grobe Brocken suchen die Weißheit darinnen, daß einer viel und mancherley Dinge wisse, und ein grosser Polyhistor sey, daß er die Poeten, Historien-Schreiber, Redner und Philosophen sowohl Griechen als Lateiner verstehe, die subtilsten Fragen aus der grammatica, dialectic, metaphysic, mathesi, physic, ethica und politica auf beyderley Recht oder Meynung auflösen, darüber zancken, oder vor die eine Entscheidung von solchen Fragen als vor eine ausgemachte Wahrheit mit der grösten Gemüths-Bewegung kämpffe, ja sich darbey tod schlagen lasse u. s. w. Ich aber halte das vor Weißheit, wenn einer wenige und nützliche Dinge weiß, und die vielen so wohl ihn selbst, als der gantzen Republick mehr schädlich als nützlichen Sachen nicht zuwissen verlanget, wenn er einen schlechten und geraden Weg weiß, der eines jeden von Vorurtheilen befreyten Menschen Verstand begreiflich sey, das Nützliche von dem Unnützlichen zu unterscheiden, diese aus dem Kopf zu bringen u. nur das wenigste zu behalten, wodurch man geschickt wird, mit leichter Mühe neue zur Beförderung des gemeinen Besten und Vertilgung des Unheils dienliche Wahrheiten zu entdccken. Die Lehren aber anlangend, so ich oben unter die Mängel der Academien gezehlet, so wird der gesamte context zeigen, daß auch in solchen mit nechsten eine Verbesserung zu hoffen, oder auch schon solche Hülffs-Mittel vorhanden, die unserm Artzt gantz wohl zu statten kommen werden u. s. w. Inzwischen will ich nicht leugnen, daß dieses vielmehr dasjenige bekräfftige, was ich vorher schon behauptet, daß nehmlich die Heilung der Justiz nicht so leicht und geschwinde erfolgen dürffte, sondern einige Zeit erfordert werde, in wel von Unmöglichkeit der Verbesserung wenn so viele und hohe Wissenschafften zu einem Verbesserer der Justitz erfordert werden. f) supta §. 9. 10. 11. 12. 13. 14

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/193>, abgerufen am 21.11.2024.