Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.hero sind solche Leute, wie andere Krancken Liebe, und Erbarmungs-würdig; ein weiser Mann aber darf sich keinesweges über sie erzürnen oder ereyffern. §. XVII. Weil dem Pabstthum viel daran gelegen war, daß die10) Das Saats-Recht des Teutschen Reichs. auf Academien studirenden keinen rechten und wahren Begriff von dem Zustand und Beschaffenheit des Teutschen Reichs bekommen möchten, so hat man auf Academien und bey denen allgemeinen Studiis an keine Professionem juris publici gedacht, sondern der studirenden Jugend und folglich denen künfftigen Professoribus Academicis aus dem Päbstischen Rechte gottlose u. die Majestät des Teutschen Reichs beleidigende Lehren als Glaubens Articul eingeschärffet u. gelehret, wie solches auf denen Päbstlichen Academien noch heutiges Tages geschicht. Diesen Irrthum haben die Protestantischen Academien aus überleyer Hochachtung des Canonischen Rechts nebst andern Pabstthums-Stückgen biß auf die Zeit des Herrn Pufendorffs beybehalten, welcher unter dem erdichteten Nahmen des Monzambano diese ungereimte Lehren am ersten untersuchet und zu verbessern angefangen. Weil er aber aus gewissen Ursachen, die man leicht errathen kan, in dieser Schrifft nicht alle Affecten bey Seite gesetzet, und, wie es denn gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß die ersten Verbesserer nicht gleich alles sehen, auch andern noch viel zu verbessern übrig gelassen, so sind nach der Zeit auf einigen Protestantischen Universitäten auch professiones juris publici angerichtet worden. Auch von diesem Rechte nun muß unser politischer Artzt eine deutliche Erkäntniß haben. Denn ob er gleich alle Umstände von dem Grund u. denen Ursachen der Kranckheit, von denen unnützen und von denen wahrhafftig zuträglichen Hülffs-Mitteln, wie wir solches bald zeigen werden, wohl bey sich überleget, so werden solche Gedancken doch alle umsonst seyn, wenn die Teutsche Regiments-Form also beschaffen, daß die allernützlichsten und andern Republiquen sehr vortheilhafften Mittel, unserm Reiche nicht im geringesten nützen solten, davon aber wird niemand urtheilen können, dem der Zusammenhang des Haupts und der Glieder, die Vorzüge der Käyserlichen Majestät, die Landes-Hoheit der Stände, die Vorzüge derer Chur- und andern mächtigen Fürsten vor denen übrigen Fürsten, Grafen, Reichsstädten und freyen Reichs-Ritterschafft, die ungewöhnliche und gantz besondere Beschaffenheit der Unterthänigkeit und des Gehorsams, den die Reichs-Stände dem Reiche und dem Käyser zu leisten schuldig sind; die Macht und das Ansehen des Cammer-Gerichts, und wie die Unter Gerichte sich gegen selbiges verhalten, hero sind solche Leute, wie andere Krancken Liebe, und Erbarmungs-würdig; ein weiser Mann aber darf sich keinesweges über sie erzürnen oder ereyffern. §. XVII. Weil dem Pabstthum viel daran gelegen war, daß die10) Das Saats-Recht des Teutschen Reichs. auf Academien studirenden keinen rechten und wahren Begriff von dem Zustand und Beschaffenheit des Teutschen Reichs bekommen möchten, so hat man auf Academien und bey denen allgemeinen Studiis an keine Professionem juris publici gedacht, sondern der studirenden Jugend und folglich denen künfftigen Professoribus Academicis aus dem Päbstischen Rechte gottlose u. die Majestät des Teutschen Reichs beleidigende Lehren als Glaubens Articul eingeschärffet u. gelehret, wie solches auf denen Päbstlichẽ Academiẽ noch heutiges Tages geschicht. Diesen Irrthum haben die Protestantischen Academien aus überleyer Hochachtung des Canonischen Rechts nebst andern Pabstthums-Stückgen biß auf die Zeit des Herrn Pufendorffs beybehalten, welcher unter dem erdichteten Nahmen des Monzambano diese ungereimte Lehren am ersten untersuchet und zu verbessern angefangen. Weil er aber aus gewissen Ursachen, die man leicht errathen kan, in dieser Schrifft nicht alle Affecten bey Seite gesetzet, und, wie es denn gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß die ersten Verbesserer nicht gleich alles sehen, auch andern noch viel zu verbessern übrig gelassen, so sind nach der Zeit auf einigen Protestantischen Universitäten auch professiones juris publici angerichtet worden. Auch von diesem Rechte nun muß unser politischer Artzt eine deutliche Erkäntniß haben. Denn ob er gleich alle Umstände von dem Grund u. denen Ursachen der Kranckheit, von denen unnützen und von denen wahrhafftig zuträglichen Hülffs-Mitteln, wie wir solches bald zeigen werden, wohl bey sich überleget, so werden solche Gedancken doch alle umsonst seyn, wenn die Teutsche Regiments-Form also beschaffen, daß die allernützlichsten und andern Republiquen sehr vortheilhafften Mittel, unserm Reiche nicht im geringesten nützen solten, davon aber wird niemand urtheilen können, dem der Zusammenhang des Haupts und der Glieder, die Vorzüge der Käyserlichen Majestät, die Landes-Hoheit der Stände, die Vorzüge derer Chur- und andern mächtigen Fürsten vor denen übrigen Fürsten, Grafen, Reichsstädten und freyen Reichs-Ritterschafft, die ungewöhnliche und gantz besondere Beschaffenheit der Unterthänigkeit und des Gehorsams, den die Reichs-Stände dem Reiche und dem Käyser zu leisten schuldig sind; die Macht und das Ansehen des Cammer-Gerichts, und wie die Unter Gerichte sich gegen selbiges verhalten, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0191" n="183"/> hero sind solche Leute, wie andere Krancken Liebe, und Erbarmungs-würdig; ein weiser Mann aber darf sich keinesweges über sie erzürnen oder ereyffern.</p> <p>§. XVII. Weil dem Pabstthum viel daran gelegen war, daß die<note place="right">10) Das Saats-Recht des Teutschen Reichs.</note> auf Academien studirenden keinen rechten und wahren Begriff von dem Zustand und Beschaffenheit des Teutschen Reichs bekommen möchten, so hat man auf Academien und bey denen allgemeinen Studiis an keine Professionem juris publici gedacht, sondern der studirenden Jugend und folglich denen künfftigen Professoribus Academicis aus dem Päbstischen Rechte gottlose u. die Majestät des Teutschen Reichs beleidigende Lehren als Glaubens Articul eingeschärffet u. gelehret, wie solches auf denen Päbstlichẽ Academiẽ noch heutiges Tages geschicht. Diesen Irrthum haben die Protestantischen Academien aus überleyer Hochachtung des Canonischen Rechts nebst andern Pabstthums-Stückgen biß auf die Zeit des Herrn Pufendorffs beybehalten, welcher unter dem erdichteten Nahmen des Monzambano diese ungereimte Lehren am ersten untersuchet und zu verbessern angefangen. Weil er aber aus gewissen Ursachen, die man leicht errathen kan, in dieser Schrifft nicht alle Affecten bey Seite gesetzet, und, wie es denn gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß die ersten Verbesserer nicht gleich alles sehen, auch andern noch viel zu verbessern übrig gelassen, so sind nach der Zeit auf einigen Protestantischen Universitäten auch professiones juris publici angerichtet worden. Auch von diesem Rechte nun muß unser politischer Artzt eine deutliche Erkäntniß haben. Denn ob er gleich alle Umstände von dem Grund u. denen Ursachen der Kranckheit, von denen unnützen und von denen wahrhafftig zuträglichen Hülffs-Mitteln, wie wir solches bald zeigen werden, wohl bey sich überleget, so werden solche Gedancken doch alle umsonst seyn, wenn die Teutsche Regiments-Form also beschaffen, daß die allernützlichsten und andern Republiquen sehr vortheilhafften Mittel, unserm Reiche nicht im geringesten nützen solten, davon aber wird niemand urtheilen können, dem der Zusammenhang des Haupts und der Glieder, die Vorzüge der Käyserlichen Majestät, die Landes-Hoheit der Stände, die Vorzüge derer Chur- und andern mächtigen Fürsten vor denen übrigen Fürsten, Grafen, Reichsstädten und freyen Reichs-Ritterschafft, die ungewöhnliche und gantz besondere Beschaffenheit der Unterthänigkeit und des Gehorsams, den die Reichs-Stände dem Reiche und dem Käyser zu leisten schuldig sind; die Macht und das Ansehen des Cammer-Gerichts, und wie die Unter Gerichte sich gegen selbiges verhalten, </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0191]
hero sind solche Leute, wie andere Krancken Liebe, und Erbarmungs-würdig; ein weiser Mann aber darf sich keinesweges über sie erzürnen oder ereyffern.
§. XVII. Weil dem Pabstthum viel daran gelegen war, daß die auf Academien studirenden keinen rechten und wahren Begriff von dem Zustand und Beschaffenheit des Teutschen Reichs bekommen möchten, so hat man auf Academien und bey denen allgemeinen Studiis an keine Professionem juris publici gedacht, sondern der studirenden Jugend und folglich denen künfftigen Professoribus Academicis aus dem Päbstischen Rechte gottlose u. die Majestät des Teutschen Reichs beleidigende Lehren als Glaubens Articul eingeschärffet u. gelehret, wie solches auf denen Päbstlichẽ Academiẽ noch heutiges Tages geschicht. Diesen Irrthum haben die Protestantischen Academien aus überleyer Hochachtung des Canonischen Rechts nebst andern Pabstthums-Stückgen biß auf die Zeit des Herrn Pufendorffs beybehalten, welcher unter dem erdichteten Nahmen des Monzambano diese ungereimte Lehren am ersten untersuchet und zu verbessern angefangen. Weil er aber aus gewissen Ursachen, die man leicht errathen kan, in dieser Schrifft nicht alle Affecten bey Seite gesetzet, und, wie es denn gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß die ersten Verbesserer nicht gleich alles sehen, auch andern noch viel zu verbessern übrig gelassen, so sind nach der Zeit auf einigen Protestantischen Universitäten auch professiones juris publici angerichtet worden. Auch von diesem Rechte nun muß unser politischer Artzt eine deutliche Erkäntniß haben. Denn ob er gleich alle Umstände von dem Grund u. denen Ursachen der Kranckheit, von denen unnützen und von denen wahrhafftig zuträglichen Hülffs-Mitteln, wie wir solches bald zeigen werden, wohl bey sich überleget, so werden solche Gedancken doch alle umsonst seyn, wenn die Teutsche Regiments-Form also beschaffen, daß die allernützlichsten und andern Republiquen sehr vortheilhafften Mittel, unserm Reiche nicht im geringesten nützen solten, davon aber wird niemand urtheilen können, dem der Zusammenhang des Haupts und der Glieder, die Vorzüge der Käyserlichen Majestät, die Landes-Hoheit der Stände, die Vorzüge derer Chur- und andern mächtigen Fürsten vor denen übrigen Fürsten, Grafen, Reichsstädten und freyen Reichs-Ritterschafft, die ungewöhnliche und gantz besondere Beschaffenheit der Unterthänigkeit und des Gehorsams, den die Reichs-Stände dem Reiche und dem Käyser zu leisten schuldig sind; die Macht und das Ansehen des Cammer-Gerichts, und wie die Unter Gerichte sich gegen selbiges verhalten,
10) Das Saats-Recht des Teutschen Reichs.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/191 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/191>, abgerufen am 16.02.2025. |