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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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stische Recht, sowohl was die materialia als formalia des Processes anlangt, sowohl in denen Landen derer Protestantischen Fürsten, als bey denen Römisch-Catholischen, einen grössern Nutzen vor Gerichte hat, als das Justinianeische; obgleich auf denen protestirenden Academien bishero das Gegentheil, wiewohl nicht aus böser Meynung, der Jugend beygebracht, und dahero auf denen meisten erwehnten Academien die Lehre des Canonischen Rechts mit Fleiß hind angesetzet worden, u. auf vielen noch jetzo c) per ea, quae latius docui cautel. circa praecogn. Jurispr. Eccles. C. penult. & ult.nicht getrieben wird. c) Inzwischen wie ein Weiser sich vor thörichten und ungerechten Thaten hütet, und dergleichen auch, wenn er eine obrigkeitliche Person ist, straffet, deswegen aber keinen Menschen hasset oder anfeindet, auch keine vernünfftige Ursache hat, jemand gehäßig oder gram zu seyn; also muß sich zwar unser politischer Artzt hüten, daß er nicht nach dem gemeinen Schlendrian derer Juristen dafür halte, das Justinianeische Recht sey das klügste und gescheideste, und das Canonische sey noch überdiß das heiligste und billigste; sich aber auch in acht nehmen, daß er nicht auf den andern Abweg gerathe, und Justinianum, Tribonianum und deren Helffers-Helffer bey Verfertigung des Corporis Juris, ingleichen die Kirchen-Väter, Päbste, Canonisten, sowohl alte als neue, noch auch die heutigen Juristen, so von der Vortrefligkeit beyder Rechte ein Hauffen Schreyens machen, hasse und mit spitzigen Spott-Reden sie auch bey andern übel anzuschreiben sich vornehme. Denn wie Pompejus sehr unverständig gesaget: Wie will ich unter denen Waffen an die Gesetze d) Grot. Proleg. ab init. de J. B. & P.gedencken d): so würde er hingegen die Wahrheit gesaget haben, wenn er gesprochen: Wie will ich im Zorn und Grimm an die Verbesserung der Justiz-Verwaltung dencken? es mögen nun Lactantius e) vide praxin Ethic. c. 6. circa fin.e) und mit ihm alle dem Zorn ergebene unweise Weisen wiederpelfern wie sie wollen, und GOtt anruffen, daß er sie doch mit dem Hasse derer Wiedriggesinnten erfüllen wolle. Es sind viel herrliche Dinge in beyden Rechten, von denen zu wünschen, daß sie bey uns auch im Gebrauch seyn möchten, es ist aber auch viel gottloses und thörichtes Zeug mit darunter, zu dessen Absonderung aber von denen erstern ein unpartheyischer Mann erfordert wird. Tribonianus und seine Anhänger haben geirret, die Väter, Päbste, Legisten, Canonisten haben geirret, allein irren ist menschlich. Sie haben zwar viel närrische Dinge vorgenommen; allein die Unsinnigkeit ist auch eine Art der Kranckheit. Sie haben vermeynet, und halten auch noch dafür, sie thun GOtt einen Dienst mit solchen unsinnigen Dingen, ja sie stehen allerdings in der festen Einbildung, es wären solche zu Beförderung der Gerechtigkeit und deren Verwaltung sehr geschickt. Da

stische Recht, sowohl was die materialia als formalia des Processes anlangt, sowohl in denen Landen derer Protestantischen Fürsten, als bey denen Römisch-Catholischen, einen grössern Nutzen vor Gerichte hat, als das Justinianeische; obgleich auf denen protestirenden Academien bishero das Gegentheil, wiewohl nicht aus böser Meynung, der Jugend beygebracht, und dahero auf denen meisten erwehnten Academien die Lehre des Canonischen Rechts mit Fleiß hind angesetzet worden, u. auf vielen noch jetzo c) per ea, quae latius docui cautel. circa praecogn. Jurispr. Eccles. C. penult. & ult.nicht getrieben wird. c) Inzwischen wie ein Weiser sich vor thörichten und ungerechten Thaten hütet, und dergleichen auch, wenn er eine obrigkeitliche Person ist, straffet, deswegen aber keinen Menschen hasset oder anfeindet, auch keine vernünfftige Ursache hat, jemand gehäßig oder gram zu seyn; also muß sich zwar unser politischer Artzt hüten, daß er nicht nach dem gemeinen Schlendrian derer Juristen dafür halte, das Justinianeische Recht sey das klügste und gescheideste, und das Canonische sey noch überdiß das heiligste und billigste; sich aber auch in acht nehmen, daß er nicht auf den andern Abweg gerathe, und Justinianum, Tribonianum und deren Helffers-Helffer bey Verfertigung des Corporis Juris, ingleichen die Kirchen-Väter, Päbste, Canonisten, sowohl alte als neue, noch auch die heutigen Juristen, so von der Vortrefligkeit beyder Rechte ein Hauffen Schreyens machen, hasse und mit spitzigen Spott-Reden sie auch bey andern übel anzuschreiben sich vornehme. Denn wie Pompejus sehr unverständig gesaget: Wie will ich unter denen Waffen an die Gesetze d) Grot. Proleg. ab init. de J. B. & P.gedencken d): so würde er hingegen die Wahrheit gesaget haben, wenn er gesprochen: Wie will ich im Zorn und Grimm an die Verbesserung der Justiz-Verwaltung dencken? es mögen nun Lactantius e) vide praxin Ethic. c. 6. circa fin.e) und mit ihm alle dem Zorn ergebene unweise Weisen wiederpelfern wie sie wollen, und GOtt anruffen, daß er sie doch mit dem Hasse derer Wiedriggesinnten erfüllen wolle. Es sind viel herrliche Dinge in beyden Rechten, von denen zu wünschen, daß sie bey uns auch im Gebrauch seyn möchten, es ist aber auch viel gottloses und thörichtes Zeug mit darunter, zu dessen Absonderung aber von denen erstern ein unpartheyischer Mann erfordert wird. Tribonianus und seine Anhänger haben geirret, die Väter, Päbste, Legisten, Canonisten haben geirret, allein irren ist menschlich. Sie haben zwar viel närrische Dinge vorgenommen; allein die Unsinnigkeit ist auch eine Art der Kranckheit. Sie haben vermeynet, und halten auch noch dafür, sie thun GOtt einen Dienst mit solchen unsinnigen Dingen, ja sie stehen allerdings in der festen Einbildung, es wären solche zu Beförderung der Gerechtigkeit und deren Verwaltung sehr geschickt. Da

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[182/0190] stische Recht, sowohl was die materialia als formalia des Processes anlangt, sowohl in denen Landen derer Protestantischen Fürsten, als bey denen Römisch-Catholischen, einen grössern Nutzen vor Gerichte hat, als das Justinianeische; obgleich auf denen protestirenden Academien bishero das Gegentheil, wiewohl nicht aus böser Meynung, der Jugend beygebracht, und dahero auf denen meisten erwehnten Academien die Lehre des Canonischen Rechts mit Fleiß hind angesetzet worden, u. auf vielen noch jetzo nicht getrieben wird. c) Inzwischen wie ein Weiser sich vor thörichten und ungerechten Thaten hütet, und dergleichen auch, wenn er eine obrigkeitliche Person ist, straffet, deswegen aber keinen Menschen hasset oder anfeindet, auch keine vernünfftige Ursache hat, jemand gehäßig oder gram zu seyn; also muß sich zwar unser politischer Artzt hüten, daß er nicht nach dem gemeinen Schlendrian derer Juristen dafür halte, das Justinianeische Recht sey das klügste und gescheideste, und das Canonische sey noch überdiß das heiligste und billigste; sich aber auch in acht nehmen, daß er nicht auf den andern Abweg gerathe, und Justinianum, Tribonianum und deren Helffers-Helffer bey Verfertigung des Corporis Juris, ingleichen die Kirchen-Väter, Päbste, Canonisten, sowohl alte als neue, noch auch die heutigen Juristen, so von der Vortrefligkeit beyder Rechte ein Hauffen Schreyens machen, hasse und mit spitzigen Spott-Reden sie auch bey andern übel anzuschreiben sich vornehme. Denn wie Pompejus sehr unverständig gesaget: Wie will ich unter denen Waffen an die Gesetze gedencken d): so würde er hingegen die Wahrheit gesaget haben, wenn er gesprochen: Wie will ich im Zorn und Grimm an die Verbesserung der Justiz-Verwaltung dencken? es mögen nun Lactantius e) und mit ihm alle dem Zorn ergebene unweise Weisen wiederpelfern wie sie wollen, und GOtt anruffen, daß er sie doch mit dem Hasse derer Wiedriggesinnten erfüllen wolle. Es sind viel herrliche Dinge in beyden Rechten, von denen zu wünschen, daß sie bey uns auch im Gebrauch seyn möchten, es ist aber auch viel gottloses und thörichtes Zeug mit darunter, zu dessen Absonderung aber von denen erstern ein unpartheyischer Mann erfordert wird. Tribonianus und seine Anhänger haben geirret, die Väter, Päbste, Legisten, Canonisten haben geirret, allein irren ist menschlich. Sie haben zwar viel närrische Dinge vorgenommen; allein die Unsinnigkeit ist auch eine Art der Kranckheit. Sie haben vermeynet, und halten auch noch dafür, sie thun GOtt einen Dienst mit solchen unsinnigen Dingen, ja sie stehen allerdings in der festen Einbildung, es wären solche zu Beförderung der Gerechtigkeit und deren Verwaltung sehr geschickt. Da c) per ea, quae latius docui cautel. circa praecogn. Jurispr. Eccles. C. penult. & ult. d) Grot. Proleg. ab init. de J. B. & P. e) vide praxin Ethic. c. 6. circa fin.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/190>, abgerufen am 23.11.2024.