Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.Dieweil aber damahlen in dieser guten Stadt die principia der so genannten [fremdsprachliches Material] Lutherischen, daß ist, mit der ex reliquiis Papatus noch beybehaltenen Ketzermacherey und dem tödlichen Haß gegen die Reformirten höchst inficirten religion, noch dominirten, wolte oder konte diese meine teutsche Schrifft bey der gemeinen Bürgerschafft keinen sonderlichen ingress finden; sondern ich wurde bald gewahr, daß da vorhero die meisten Bürger wegen der Hoffnung einer bald allhier aufzurichtenden Universität, und ihnen dadurch zuwachsender besserer Nahrung, mir mit aller Höfflichkeit und Freundlichkeit begegnet hatten, nach dieser meiner öffentlich angeschlagenen teutschen Vertheydigung dieselben, wenn ich auf der Gassen gieng, mir den Rücken zukehreten, und nach Leipzig durch unterschiedene von hieraus ergangene Schreiben berichtet wurde, daß die hiesige Halleute mir mit ehesten die Fenster einwerffen und mich wieder aus Halle verjagen würden. Dieweil ich nun bey dieser Bewandniß billig Ursach hatte, mehr für denen Halleuten, als für der übrigen gemeinen Bürgerschafft mich in acht zu nehmen; Als ware dieses eine von denen fürnehmsten Ursachen mit, warumb ich die im Monat September besagten 1690. Jahrs mir aufgetragene defension des Christophs über mich nahm, und mir angelegen seyn liesse, jedoch durch rechtmäßige Mittel, für selbigen ein gelinderes Urtheil zu erlangen, und dadurch die Halleute, wenn sie etwan, von meinen damahl hier dominirenden Wiederwärtigen heimlich angereitzet werden solten, von allem Unfug per indirectum abzuhalten. Es war auch nach dem erhaltenen definitiv Urtheil genugsam zu spühren, daß diese meine praecaution nicht unfruchtbar gewesen, immassen nach der Zeit die Halleute nicht alleine meine lectiones publicas, (weil ich selbige, so lange ich allhier gewesen, in teutscher Sprache gehalten) fleißig besuchten, sondern auch, wenn sie in denen Bier-Kellern mit denen andern gemeinen Bürgern in compagnie waren, wieder dieselbigen und dero falsche Beschuldigungen mich nach ihrem Vermögen, jedoch ohne Zanck und Streit, vertheydigten, bis auch der Haß der Bürgerschafft, oder deren Kaltsinnigkeit gegen mich, durch GOttes Gnade, sich nach und nach verlohre. Dieweil aber damahlen in dieser guten Stadt die principia der so genannten [fremdsprachliches Material] Lutherischen, daß ist, mit der ex reliquiis Papatus noch beybehaltenen Ketzermacherey und dem tödlichen Haß gegen die Reformirten höchst inficirten religion, noch dominirten, wolte oder konte diese meine teutsche Schrifft bey der gemeinen Bürgerschafft keinen sonderlichen ingress finden; sondern ich wurde bald gewahr, daß da vorhero die meisten Bürger wegen der Hoffnung einer bald allhier aufzurichtenden Universität, und ihnen dadurch zuwachsender besserer Nahrung, mir mit aller Höfflichkeit und Freundlichkeit begegnet hatten, nach dieser meiner öffentlich angeschlagenen teutschen Vertheydigung dieselben, wenn ich auf der Gassen gieng, mir den Rücken zukehreten, und nach Leipzig durch unterschiedene von hieraus ergangene Schreiben berichtet wurde, daß die hiesige Halleute mir mit ehesten die Fenster einwerffen und mich wieder aus Halle verjagen würden. Dieweil ich nun bey dieser Bewandniß billig Ursach hatte, mehr für denen Halleuten, als für der übrigen gemeinen Bürgerschafft mich in acht zu nehmen; Als ware dieses eine von denen fürnehmsten Ursachen mit, warumb ich die im Monat September besagten 1690. Jahrs mir aufgetragene defension des Christophs über mich nahm, und mir angelegen seyn liesse, jedoch durch rechtmäßige Mittel, für selbigen ein gelinderes Urtheil zu erlangen, und dadurch die Halleute, wenn sie etwan, von meinen damahl hier dominirenden Wiederwärtigen heimlich angereitzet werden solten, von allem Unfug per indirectum abzuhalten. Es war auch nach dem erhaltenen definitiv Urtheil genugsam zu spühren, daß diese meine praecaution nicht unfruchtbar gewesen, immassen nach der Zeit die Halleute nicht alleine meine lectiones publicas, (weil ich selbige, so lange ich allhier gewesen, in teutscher Sprache gehalten) fleißig besuchten, sondern auch, wenn sie in denen Bier-Kellern mit denen andern gemeinen Bürgern in compagnie waren, wieder dieselbigen und dero falsche Beschuldigungen mich nach ihrem Vermögen, jedoch ohne Zanck und Streit, vertheydigten, bis auch der Haß der Bürgerschafft, oder deren Kaltsinnigkeit gegen mich, durch GOttes Gnade, sich nach und nach verlohre. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0114" n="106"/> Dieweil aber damahlen in dieser guten Stadt die principia der so genannten <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> Lutherischen, daß ist, mit der ex reliquiis Papatus noch beybehaltenen Ketzermacherey und dem tödlichen Haß gegen die Reformirten höchst inficirten religion, noch dominirten, wolte oder konte diese meine teutsche Schrifft bey der gemeinen Bürgerschafft keinen sonderlichen ingress finden; sondern ich wurde bald gewahr, daß da vorhero die meisten Bürger wegen der Hoffnung einer bald allhier aufzurichtenden Universität, und ihnen dadurch zuwachsender besserer Nahrung, mir mit aller Höfflichkeit und Freundlichkeit begegnet hatten, nach dieser meiner öffentlich angeschlagenen teutschen Vertheydigung dieselben, wenn ich auf der Gassen gieng, mir den Rücken zukehreten, und nach Leipzig durch unterschiedene von hieraus ergangene Schreiben berichtet wurde, daß die hiesige Halleute mir mit ehesten die Fenster einwerffen und mich wieder aus Halle verjagen würden. Dieweil ich nun bey dieser Bewandniß billig Ursach hatte, mehr für denen Halleuten, als für der übrigen gemeinen Bürgerschafft mich in acht zu nehmen; Als ware dieses eine von denen fürnehmsten Ursachen mit, warumb ich die im Monat September besagten 1690. Jahrs mir aufgetragene defension des Christophs über mich nahm, und mir angelegen seyn liesse, jedoch durch rechtmäßige Mittel, für selbigen ein gelinderes Urtheil zu erlangen, und dadurch die Halleute, wenn sie etwan, von meinen damahl hier dominirenden Wiederwärtigen heimlich angereitzet werden solten, von allem Unfug per indirectum abzuhalten. Es war auch nach dem erhaltenen definitiv Urtheil genugsam zu spühren, daß diese meine praecaution nicht unfruchtbar gewesen, immassen nach der Zeit die Halleute nicht alleine meine lectiones publicas, (weil ich selbige, so lange ich allhier gewesen, in teutscher Sprache gehalten) fleißig besuchten, sondern auch, wenn sie in denen Bier-Kellern mit denen andern gemeinen Bürgern in compagnie waren, wieder dieselbigen und dero falsche Beschuldigungen mich nach ihrem Vermögen, jedoch ohne Zanck und Streit, vertheydigten, bis auch der Haß der Bürgerschafft, oder deren Kaltsinnigkeit gegen mich, durch GOttes Gnade, sich nach und nach verlohre.</p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0114]
Dieweil aber damahlen in dieser guten Stadt die principia der so genannten _ Lutherischen, daß ist, mit der ex reliquiis Papatus noch beybehaltenen Ketzermacherey und dem tödlichen Haß gegen die Reformirten höchst inficirten religion, noch dominirten, wolte oder konte diese meine teutsche Schrifft bey der gemeinen Bürgerschafft keinen sonderlichen ingress finden; sondern ich wurde bald gewahr, daß da vorhero die meisten Bürger wegen der Hoffnung einer bald allhier aufzurichtenden Universität, und ihnen dadurch zuwachsender besserer Nahrung, mir mit aller Höfflichkeit und Freundlichkeit begegnet hatten, nach dieser meiner öffentlich angeschlagenen teutschen Vertheydigung dieselben, wenn ich auf der Gassen gieng, mir den Rücken zukehreten, und nach Leipzig durch unterschiedene von hieraus ergangene Schreiben berichtet wurde, daß die hiesige Halleute mir mit ehesten die Fenster einwerffen und mich wieder aus Halle verjagen würden. Dieweil ich nun bey dieser Bewandniß billig Ursach hatte, mehr für denen Halleuten, als für der übrigen gemeinen Bürgerschafft mich in acht zu nehmen; Als ware dieses eine von denen fürnehmsten Ursachen mit, warumb ich die im Monat September besagten 1690. Jahrs mir aufgetragene defension des Christophs über mich nahm, und mir angelegen seyn liesse, jedoch durch rechtmäßige Mittel, für selbigen ein gelinderes Urtheil zu erlangen, und dadurch die Halleute, wenn sie etwan, von meinen damahl hier dominirenden Wiederwärtigen heimlich angereitzet werden solten, von allem Unfug per indirectum abzuhalten. Es war auch nach dem erhaltenen definitiv Urtheil genugsam zu spühren, daß diese meine praecaution nicht unfruchtbar gewesen, immassen nach der Zeit die Halleute nicht alleine meine lectiones publicas, (weil ich selbige, so lange ich allhier gewesen, in teutscher Sprache gehalten) fleißig besuchten, sondern auch, wenn sie in denen Bier-Kellern mit denen andern gemeinen Bürgern in compagnie waren, wieder dieselbigen und dero falsche Beschuldigungen mich nach ihrem Vermögen, jedoch ohne Zanck und Streit, vertheydigten, bis auch der Haß der Bürgerschafft, oder deren Kaltsinnigkeit gegen mich, durch GOttes Gnade, sich nach und nach verlohre.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/114>, abgerufen am 16.07.2024. |