Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.Weibs-Persohn Gelegenheit bekommen den Mantel zu sich zu reissen. Und hat mich die Furcht für der langwierigen Gefängniß, und geschehenen Bedrohungen verleitet, daß ich in der Antwort auf die Articul diese puncta bejahet. Gleichwie aber, Gnädige und Höchstgeehrteste Herren, bekannten Rechtens, daß (1) in executione sententiarum in Processu criminali eines Unterrichters officium bloß mercenarium sey, und er solchem nachzuleben seiner Pflicht nach verbunden, auch in dessen Ansehen die Peinliche Halßgerichts-Ordnung passim die Richter in zweiffelhafften Fällen an die Rechtssprüche der Gelehrten weiset; die Magdeburgische Proceß-Ordnung aber, tit. 50. §. 18.daß sie denen Urtheilen nachkommen sollen, ausdrücklich vermag; (2) bey dieser Bewandniß aber alles, was für denen Thalgerichten wieder mich vorgenommen worden, inter notorias nullitates zu rechnen ist, auch hiernechst weder Georgens Aussage wieder mich noch meine Antwort ad articulos für kein neu indicium passiren kan, indem (3) kein Inquisite durch das abgelegte Juramentum purgatorium sich zu einem tüchtigen Zeugen capabel machen kan, (4) meine Aussage aber tanquam metu & minis extorta ebenfalls pro nulla zuhalten, (wie sich denn auch die Sache in der That nicht so verhält, als ich damahls aus Furcht ausgesagt) und über dieses (5) dem zuerkenneten Eyde nichts praejudiciret, wenn ich auch schon den Schüler, als er aufgestanden, geschlagen hätte, weil ich solches doch nicht aus der intention gethan hätte, daß das Mensche ihm den Mantel nehmen solte, von welcher intention denn (6) in denen Artickeln nichts enthalten ist, und ich solcher gestalt (7) den zuerkenneten Eyd nochmahls mit guten Gewissen schwören kan und will; Also habe denen löblichen Thalgerichten ich exceptionem nullitatis opponiret, und sie gebeten mich zum Juramento zu admittiren, habe aber an dessen statt beykommende notification sub A erhalten, worinnen sie mit nichtigen und nichts inferirenden-Gründen die begangene Nullität zu justificiren suchen. Wann dann aus obangeführten Umständen sattsam erhellet, das nicht alleine exceptio nullitatis, sondern auch exceptio suspecti judicis mir zu statten kommen (wiewohl ich solches alles salva reverentia, die ich denen löblichen Thalgerichten schuldig bin, gesaget haben will:) Als gelanget an Ewre Excellenz und meine Höchstgeehrteste Herren mein unterthäniges und gehorsamstes Bitten, denen löblichen Thalgerichten anzubefehlen, daß sie mich ungesäumt zu Ablegung des zuerkenneten Eydes zu lassen, auch hierbey S. T. den Herrn Regirungs-Rath Crausen bey diesen Process denen löblichen Thalgerichten zu adjungiren. Und weil nicht ohne Ursache es zu befahren, es möchten die löblichen Thalgerichte die Sache zu differiren suchen, hierbey in hunc casum die gnädige Verordnung zu thun, daß in Ansehen meiner, allbereit über 13. Wochen ausgestandenen Gefängnisses, bekannter Weibs-Persohn Gelegenheit bekommen den Mantel zu sich zu reissen. Und hat mich die Furcht für der langwierigen Gefängniß, und geschehenen Bedrohungen verleitet, daß ich in der Antwort auf die Articul diese puncta bejahet. Gleichwie aber, Gnädige und Höchstgeehrteste Herren, bekannten Rechtens, daß (1) in executione sententiarum in Processu criminali eines Unterrichters officium bloß mercenarium sey, und er solchem nachzuleben seiner Pflicht nach verbunden, auch in dessen Ansehen die Peinliche Halßgerichts-Ordnung passim die Richter in zweiffelhafften Fällen an die Rechtssprüche der Gelehrten weiset; die Magdeburgische Proceß-Ordnung aber, tit. 50. §. 18.daß sie denen Urtheilen nachkommen sollen, ausdrücklich vermag; (2) bey dieser Bewandniß aber alles, was für denen Thalgerichten wieder mich vorgenommen worden, inter notorias nullitates zu rechnen ist, auch hiernechst weder Georgens Aussage wieder mich noch meine Antwort ad articulos für kein neu indicium passiren kan, indem (3) kein Inquisite durch das abgelegte Juramentum purgatorium sich zu einem tüchtigen Zeugen capabel machen kan, (4) meine Aussage aber tanquam metu & minis extorta ebenfalls pro nulla zuhalten, (wie sich denn auch die Sache in der That nicht so verhält, als ich damahls aus Furcht ausgesagt) und über dieses (5) dem zuerkenneten Eyde nichts praejudiciret, wenn ich auch schon den Schüler, als er aufgestanden, geschlagen hätte, weil ich solches doch nicht aus der intention gethan hätte, daß das Mensche ihm den Mantel nehmen solte, von welcher intention denn (6) in denen Artickeln nichts enthalten ist, und ich solcher gestalt (7) den zuerkenneten Eyd nochmahls mit guten Gewissen schwören kan und will; Also habe denen löblichen Thalgerichten ich exceptionem nullitatis opponiret, und sie gebeten mich zum Juramento zu admittiren, habe aber an dessen statt beykommende notification sub A erhalten, worinnen sie mit nichtigen und nichts inferirenden-Gründen die begangene Nullität zu justificiren suchen. Wann dann aus obangeführten Umständen sattsam erhellet, das nicht alleine exceptio nullitatis, sondern auch exceptio suspecti judicis mir zu statten kommen (wiewohl ich solches alles salva reverentia, die ich denen löblichen Thalgerichten schuldig bin, gesaget haben will:) Als gelanget an Ewre Excellenz und meine Höchstgeehrteste Herren mein unterthäniges und gehorsamstes Bitten, denen löblichen Thalgerichten anzubefehlen, daß sie mich ungesäumt zu Ablegung des zuerkenneten Eydes zu lassen, auch hierbey S. T. den Herrn Regirungs-Rath Crausen bey diesen Process denen löblichen Thalgerichten zu adjungiren. Und weil nicht ohne Ursache es zu befahren, es möchten die löblichen Thalgerichte die Sache zu differiren suchen, hierbey in hunc casum die gnädige Verordnung zu thun, daß in Ansehen meiner, allbereit über 13. Wochen ausgestandenen Gefängnisses, bekannter <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0111" n="103"/> Weibs-Persohn Gelegenheit bekommen den Mantel zu sich zu reissen. 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T. den Herrn Regirungs-Rath Crausen bey diesen Process denen löblichen Thalgerichten zu adjungiren. Und weil nicht ohne Ursache es zu befahren, es möchten die löblichen Thalgerichte die Sache zu differiren suchen, hierbey in hunc casum die gnädige Verordnung zu thun, daß in Ansehen meiner, allbereit über 13. Wochen ausgestandenen Gefängnisses, bekannter </p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0111]
Weibs-Persohn Gelegenheit bekommen den Mantel zu sich zu reissen. Und hat mich die Furcht für der langwierigen Gefängniß, und geschehenen Bedrohungen verleitet, daß ich in der Antwort auf die Articul diese puncta bejahet.
Gleichwie aber, Gnädige und Höchstgeehrteste Herren, bekannten Rechtens, daß (1) in executione sententiarum in Processu criminali eines Unterrichters officium bloß mercenarium sey, und er solchem nachzuleben seiner Pflicht nach verbunden, auch in dessen Ansehen die Peinliche Halßgerichts-Ordnung passim die Richter in zweiffelhafften Fällen an die Rechtssprüche der Gelehrten weiset; die Magdeburgische Proceß-Ordnung aber,
tit. 50. §. 18. daß sie denen Urtheilen nachkommen sollen, ausdrücklich vermag; (2) bey dieser Bewandniß aber alles, was für denen Thalgerichten wieder mich vorgenommen worden, inter notorias nullitates zu rechnen ist, auch hiernechst weder Georgens Aussage wieder mich noch meine Antwort ad articulos für kein neu indicium passiren kan, indem (3) kein Inquisite durch das abgelegte Juramentum purgatorium sich zu einem tüchtigen Zeugen capabel machen kan, (4) meine Aussage aber tanquam metu & minis extorta ebenfalls pro nulla zuhalten, (wie sich denn auch die Sache in der That nicht so verhält, als ich damahls aus Furcht ausgesagt) und über dieses (5) dem zuerkenneten Eyde nichts praejudiciret, wenn ich auch schon den Schüler, als er aufgestanden, geschlagen hätte, weil ich solches doch nicht aus der intention gethan hätte, daß das Mensche ihm den Mantel nehmen solte, von welcher intention denn (6) in denen Artickeln nichts enthalten ist, und ich solcher gestalt (7) den zuerkenneten Eyd nochmahls mit guten Gewissen schwören kan und will; Also habe denen löblichen Thalgerichten ich exceptionem nullitatis opponiret, und sie gebeten mich zum Juramento zu admittiren, habe aber an dessen statt beykommende notification sub A erhalten, worinnen sie mit nichtigen und nichts inferirenden-Gründen die begangene Nullität zu justificiren suchen.
Wann dann aus obangeführten Umständen sattsam erhellet, das nicht alleine exceptio nullitatis, sondern auch exceptio suspecti judicis mir zu statten kommen (wiewohl ich solches alles salva reverentia, die ich denen löblichen Thalgerichten schuldig bin, gesaget haben will:) Als gelanget an Ewre Excellenz und meine Höchstgeehrteste Herren mein unterthäniges und gehorsamstes Bitten, denen löblichen Thalgerichten anzubefehlen, daß sie mich ungesäumt zu Ablegung des zuerkenneten Eydes zu lassen, auch hierbey S. T. den Herrn Regirungs-Rath Crausen bey diesen Process denen löblichen Thalgerichten zu adjungiren. Und weil nicht ohne Ursache es zu befahren, es möchten die löblichen Thalgerichte die Sache zu differiren suchen, hierbey in hunc casum die gnädige Verordnung zu thun, daß in Ansehen meiner, allbereit über 13. Wochen ausgestandenen Gefängnisses, bekannter
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/111>, abgerufen am 15.08.2024. |