Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.dammet hatte, nicht wollen extendiren lassen, ne videlicet mos antiquus, quem misericordia non minuerat, PER SAEVITIAM INTENDERETUR. Ja, wenn auch gleich dieser articulus nicht contra tenorem rationis erfunden wäre, so ist doch gewiß, daß er inter leges poenales gehöre, welche leges poenales auch keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam admittiren per l. 32. in fin. l. 42. ff. de poenis l. 155. §. fin. de R. I. c. 15. & c. 49. de R. l. in 6.massen die Leges poenales ad odiosas referiret werden, in odiosis vero etiam sermo figuratus aliquantulum admitti solet ut onus evitetur Hugo Grotius optimus interpretationis Doctor Lib. 2. de I. B. & P. Cap. 16. §. 10. & 12. sect. 3.welches alles auch menti Gloriosissimi Imperatoris gantz gemäß ist, indem er die Clausul in d. art 31. verb. Doch wo eines solchen Weibes Schuld oder Unschuld halb gezweiffelt wird. &c.nicht ohne Ursach beygefüget, sondern damit angezeiget, daß die von Ihm darinnen vorgeschriebene Regul allerdings limitationes zu lassen, und nicht so generaliter zu verstehen sey. His praesuppositis und wenn nun in d. artic. 131. gesagt wird; daß so ein Weibsbild, die ein lebendig gliedmäßig Kind heimlich trägt, solches mit Willen alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret, keine glaublichere Ursach sey, denn daß dieselbige Mutter durch boßhafften Fürsatz vermeint mit Ertödtung des Kindes Ihre Leichtfertigkeit verborgen zu halten, und Sie dannenhero mit der peinlichen Frage angegriffen werden solle, wann Sie nicht Ihre Unschuld gebührend ausführen könne etc. so ist bald anfänglich (1) kein Zweiffel, daß dieser Artickul nur auf diejenigen, die NB. mit Willen das Kind heimlich zur Welt bringen, per expressa verba: auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber &c.zu restringiren sey, wird dannenhero dieser articulus diejenigen Weibes-Personen nicht graviren können, welche entweder nicht gewust, daß Sie schwanger seyn, und plötzlich von der Geburts-Stunde überfallen worden, daß Sie andere Weibes-Personen nicht dazu beruffen können, quia voluntas sine electione non est, electio vero praesupponit scientiam, & si haec non adsit, actio per ignorantiam invita dici solet per prima principia Philosophiae moralis(2), So viel das Wort heimlich betrifft, welches in offterwehnten articulo als dammet hatte, nicht wollen extendiren lassen, ne videlicet mos antiquus, quem misericordia non minuerat, PER SAEVITIAM INTENDERETUR. Ja, wenn auch gleich dieser articulus nicht contra tenorem rationis erfunden wäre, so ist doch gewiß, daß er inter leges poenales gehöre, welche leges poenales auch keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam admittiren per l. 32. in fin. l. 42. ff. de poenis l. 155. §. fin. de R. I. c. 15. & c. 49. de R. l. in 6.massen die Leges poenales ad odiosas referiret werden, in odiosis vero etiam sermo figuratus aliquantulum admitti solet ut onus evitetur Hugo Grotius optimus interpretationis Doctor Lib. 2. de I. B. & P. Cap. 16. §. 10. & 12. sect. 3.welches alles auch menti Gloriosissimi Imperatoris gantz gemäß ist, indem er die Clausul in d. art 31. verb. Doch wo eines solchen Weibes Schuld oder Unschuld halb gezweiffelt wird. &c.nicht ohne Ursach beygefüget, sondern damit angezeiget, daß die von Ihm darinnen vorgeschriebene Regul allerdings limitationes zu lassen, und nicht so generaliter zu verstehen sey. His praesuppositis und wenn nun in d. artic. 131. gesagt wird; daß so ein Weibsbild, die ein lebendig gliedmäßig Kind heimlich trägt, solches mit Willen alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret, keine glaublichere Ursach sey, denn daß dieselbige Mutter durch boßhafften Fürsatz vermeint mit Ertödtung des Kindes Ihre Leichtfertigkeit verborgen zu halten, und Sie dannenhero mit der peinlichen Frage angegriffen werden solle, wann Sie nicht Ihre Unschuld gebührend ausführen könne etc. so ist bald anfänglich (1) kein Zweiffel, daß dieser Artickul nur auf diejenigen, die NB. mit Willen das Kind heimlich zur Welt bringen, per expressa verba: auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber &c.zu restringiren sey, wird dannenhero dieser articulus diejenigen Weibes-Personen nicht graviren können, welche entweder nicht gewust, daß Sie schwanger seyn, und plötzlich von der Geburts-Stunde überfallen worden, daß Sie andere Weibes-Personen nicht dazu beruffen können, quia voluntas sine electione non est, electio vero praesupponit scientiam, & si haec non adsit, actio per ignorantiam invita dici solet per prima principia Philosophiae moralis(2), So viel das Wort heimlich betrifft, welches in offterwehnten articulo als <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0077" n="61"/> dammet hatte, nicht wollen extendiren lassen, ne videlicet mos antiquus, quem misericordia non minuerat, PER SAEVITIAM INTENDERETUR.</p> <l>Tacit. d. l. cap. 45. n. 4.</l> <p>Ja, wenn auch gleich dieser articulus nicht contra tenorem rationis erfunden wäre, so ist doch gewiß, daß er inter leges poenales gehöre, welche leges poenales auch keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam admittiren</p> <l>per l. 32. in fin. l. 42. ff. de poenis l. 155. §. fin. de R. I. c. 15. & c. 49. de R. l. in 6.</l> <p>massen die Leges poenales ad odiosas referiret werden, in odiosis vero etiam sermo figuratus aliquantulum admitti solet ut onus evitetur</p> <l>Hugo Grotius optimus interpretationis Doctor Lib. 2. de I. B. & P. Cap. 16. §. 10. & 12. sect. 3.</l> <p>welches alles auch menti Gloriosissimi Imperatoris gantz gemäß ist, indem er die Clausul</p> <l>in d. art 31. verb. Doch wo eines solchen Weibes Schuld oder Unschuld halb gezweiffelt wird. &c.</l> <p>nicht ohne Ursach beygefüget, sondern damit angezeiget, daß die von Ihm darinnen vorgeschriebene Regul allerdings limitationes zu lassen, und nicht so generaliter zu verstehen sey.</p> <p>His praesuppositis und wenn nun in d. artic. 131. gesagt wird; daß so ein Weibsbild, die ein lebendig gliedmäßig Kind heimlich trägt, solches mit Willen alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret, keine glaublichere Ursach sey, denn daß dieselbige Mutter durch boßhafften Fürsatz vermeint mit Ertödtung des Kindes Ihre Leichtfertigkeit verborgen zu halten, und Sie dannenhero mit der peinlichen Frage angegriffen werden solle, wann Sie nicht Ihre Unschuld gebührend ausführen könne etc. so ist bald anfänglich (1) kein Zweiffel, daß dieser Artickul nur auf diejenigen, die NB. mit Willen das Kind heimlich zur Welt bringen,</p> <l>per expressa verba: auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber &c.</l> <p>zu restringiren sey, wird dannenhero dieser articulus diejenigen Weibes-Personen nicht graviren können, welche entweder nicht gewust, daß Sie schwanger seyn, und plötzlich von der Geburts-Stunde überfallen worden, daß Sie andere Weibes-Personen nicht dazu beruffen können, quia voluntas sine electione non est, electio vero praesupponit scientiam, & si haec non adsit, actio per ignorantiam invita dici solet</p> <l>per prima principia Philosophiae moralis</l> <p>(2), So viel das Wort heimlich betrifft, welches in offterwehnten articulo als </p> </div> </body> </text> </TEI> [61/0077]
dammet hatte, nicht wollen extendiren lassen, ne videlicet mos antiquus, quem misericordia non minuerat, PER SAEVITIAM INTENDERETUR.
Tacit. d. l. cap. 45. n. 4. Ja, wenn auch gleich dieser articulus nicht contra tenorem rationis erfunden wäre, so ist doch gewiß, daß er inter leges poenales gehöre, welche leges poenales auch keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam admittiren
per l. 32. in fin. l. 42. ff. de poenis l. 155. §. fin. de R. I. c. 15. & c. 49. de R. l. in 6. massen die Leges poenales ad odiosas referiret werden, in odiosis vero etiam sermo figuratus aliquantulum admitti solet ut onus evitetur
Hugo Grotius optimus interpretationis Doctor Lib. 2. de I. B. & P. Cap. 16. §. 10. & 12. sect. 3. welches alles auch menti Gloriosissimi Imperatoris gantz gemäß ist, indem er die Clausul
in d. art 31. verb. Doch wo eines solchen Weibes Schuld oder Unschuld halb gezweiffelt wird. &c. nicht ohne Ursach beygefüget, sondern damit angezeiget, daß die von Ihm darinnen vorgeschriebene Regul allerdings limitationes zu lassen, und nicht so generaliter zu verstehen sey.
His praesuppositis und wenn nun in d. artic. 131. gesagt wird; daß so ein Weibsbild, die ein lebendig gliedmäßig Kind heimlich trägt, solches mit Willen alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret, keine glaublichere Ursach sey, denn daß dieselbige Mutter durch boßhafften Fürsatz vermeint mit Ertödtung des Kindes Ihre Leichtfertigkeit verborgen zu halten, und Sie dannenhero mit der peinlichen Frage angegriffen werden solle, wann Sie nicht Ihre Unschuld gebührend ausführen könne etc. so ist bald anfänglich (1) kein Zweiffel, daß dieser Artickul nur auf diejenigen, die NB. mit Willen das Kind heimlich zur Welt bringen,
per expressa verba: auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber &c. zu restringiren sey, wird dannenhero dieser articulus diejenigen Weibes-Personen nicht graviren können, welche entweder nicht gewust, daß Sie schwanger seyn, und plötzlich von der Geburts-Stunde überfallen worden, daß Sie andere Weibes-Personen nicht dazu beruffen können, quia voluntas sine electione non est, electio vero praesupponit scientiam, & si haec non adsit, actio per ignorantiam invita dici solet
per prima principia Philosophiae moralis (2), So viel das Wort heimlich betrifft, welches in offterwehnten articulo als
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