Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.ter Annen, daß Sie das Kind in Unehren erzeugt, auch nebst der Mutter, daß Sie beyderseits an dasselbe Hand angelegt, es umbgebracht, und ermordet, und dem Vater, daß er hierumb allenthalben gute Wissenschafft gehabt, Schuld gegeben werden; inmassen Sie alle drey die Flucht ergriffen; so wohl sonst wieder Sie dißfalls sich zimlicher Verdacht ereignet, der Vater vor sich und sein Eheweib umb ein sicher Geleit unterthänigst angesucht, nach mehrern Innhalt der Inquisition-Acten und Eurer Frage; So wird solches gegen Bestellung eines Vorstandes, und zwar Ihme H. H. auff 100. Thlr. seiner Frauen aber, wenn Sie über allen angewandten Fleiß durch Steck-Briefe und sonsten nicht zuerlangen, auff 400. Thlr. hoch mitgetheilet, und wieder Ihre Tochter Annen auff ebenmäßigen Fall der in diesen Landen übliche Achts-Proceß angestellet. In übrigen will von nöthen seyn, Annen Elisabeth (die Köchin) hierüber, auff was Art und Weise sie das Kind ausgegraben, und wie viel Stiche Sie mit dem Bratspieß in die Erde gethan, auch damit dasselbe getroffen haben möchte, Artickulsweise eydlich zu vernehmen. Es werden auch die Medici und Barbierer, so bey der Section gewesen, ob Sie in dem todten Cörper Blut gefunden, und dafür achten, und gewiß glauben, daß die Stiche dem Kinde erst nach dem Tode zugefüget; alle solche Stiche auch mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen, Ihres Einwendens ungeachtet, vermittelst Eydes zu berichten, billig angestrenget. V. R. W. Es weiset der Innhalt dieses Urtheils, daß selbiges cum summa prudentia gesprochen und nichts rigoröses drinnen anzutreffen sey. Die Caution wegen des salvi conductus für Vater und Mutter ist nach Gelegenheit des Vermögens wegen beyder Personen, ingleichen des verdachten criminis nicht zu hoch gesetzt. Daß aber vorher wegen der Mutter und Tochter auff Steck-Brieffe reflectiret worden, hat gleichfalls wegen der Capitalität des gedachten criminis nicht wohl anders seyn können. So ist auch der zugleich wegen der Tochter erkandte Achts-Proceß nicht zu harte, weil der Vater damahlen noch nicht umb salvum conductum wegen der Tochter angehalten hatte. Mit dem denen Medicis zuerkandten Jurament konte es obigen Umbständen nach auch nicht wohl anders seyn; vielmehr waren die Inquisitae denen Herren Scabinis deßhalb höchlich verbunden, daß Sie in dem Urtheil durch das vorgeschlagene Juramentum credulitatis denen Medicis Ihre Gewissens-Scrupel benommen hatten, die freylich gestalten Sachen nach de scientia & veritate nicht, wohl aber de verosimilitudine & credulitate schweren kunten: Ja Sie, die Herrn Scabini, waren die ersten, die wegen des Indicii mit denen Stichen, auff die ächte quaestionem praejudicialem; ob in dem Cörper Blut gefunden worden, gefallen waren, weil, wenn das Kind bey seinen Leben die Stiche bekommen hätte, sich nothwendig in denen Wunden oder auch sonsten in Cörper hätte ter Annen, daß Sie das Kind in Unehren erzeugt, auch nebst der Mutter, daß Sie beyderseits an dasselbe Hand angelegt, es umbgebracht, und ermordet, und dem Vater, daß er hierumb allenthalben gute Wissenschafft gehabt, Schuld gegeben werden; inmassen Sie alle drey die Flucht ergriffen; so wohl sonst wieder Sie dißfalls sich zimlicher Verdacht ereignet, der Vater vor sich und sein Eheweib umb ein sicher Geleit unterthänigst angesucht, nach mehrern Innhalt der Inquisition-Acten und Eurer Frage; So wird solches gegen Bestellung eines Vorstandes, und zwar Ihme H. H. auff 100. Thlr. seiner Frauen aber, wenn Sie über allen angewandten Fleiß durch Steck-Briefe und sonsten nicht zuerlangen, auff 400. Thlr. hoch mitgetheilet, und wieder Ihre Tochter Annen auff ebenmäßigen Fall der in diesen Landen übliche Achts-Proceß angestellet. In übrigen will von nöthen seyn, Annen Elisabeth (die Köchin) hierüber, auff was Art und Weise sie das Kind ausgegraben, und wie viel Stiche Sie mit dem Bratspieß in die Erde gethan, auch damit dasselbe getroffen haben möchte, Artickulsweise eydlich zu vernehmen. Es werden auch die Medici und Barbierer, so bey der Section gewesen, ob Sie in dem todten Cörper Blut gefunden, und dafür achten, und gewiß glauben, daß die Stiche dem Kinde erst nach dem Tode zugefüget; alle solche Stiche auch mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen, Ihres Einwendens ungeachtet, vermittelst Eydes zu berichten, billig angestrenget. V. R. W. Es weiset der Innhalt dieses Urtheils, daß selbiges cum summa prudentia gesprochen und nichts rigoröses drinnen anzutreffen sey. Die Caution wegen des salvi conductus für Vater und Mutter ist nach Gelegenheit des Vermögens wegen beyder Personen, ingleichen des verdachten criminis nicht zu hoch gesetzt. Daß aber vorher wegen der Mutter und Tochter auff Steck-Brieffe reflectiret worden, hat gleichfalls wegen der Capitalität des gedachten criminis nicht wohl anders seyn können. So ist auch der zugleich wegen der Tochter erkandte Achts-Proceß nicht zu harte, weil der Vater damahlen noch nicht umb salvum conductum wegen der Tochter angehalten hatte. Mit dem denen Medicis zuerkandten Jurament konte es obigen Umbständen nach auch nicht wohl anders seyn; vielmehr waren die Inquisitae denen Herren Scabinis deßhalb höchlich verbunden, daß Sie in dem Urtheil durch das vorgeschlagene Juramentum credulitatis denen Medicis Ihre Gewissens-Scrupel benommen hatten, die freylich gestalten Sachen nach de scientia & veritate nicht, wohl aber de verosimilitudine & credulitate schweren kunten: Ja Sie, die Herrn Scabini, waren die ersten, die wegen des Indicii mit denen Stichen, auff die ächte quaestionem praejudicialem; ob in dem Cörper Blut gefunden worden, gefallen waren, weil, wenn das Kind bey seinen Leben die Stiche bekommen hätte, sich nothwendig in denen Wunden oder auch sonsten in Cörper hätte <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0045" n="29"/> ter Annen, daß Sie das Kind in Unehren erzeugt, auch nebst der Mutter, daß Sie beyderseits an dasselbe Hand angelegt, es umbgebracht, und ermordet, und dem Vater, daß er hierumb allenthalben gute Wissenschafft gehabt, Schuld gegeben werden; inmassen Sie alle drey die Flucht ergriffen; so wohl sonst wieder Sie dißfalls sich zimlicher Verdacht ereignet, der Vater vor sich und sein Eheweib umb ein sicher Geleit unterthänigst angesucht, nach mehrern Innhalt der Inquisition-Acten und Eurer Frage; So wird solches gegen Bestellung eines Vorstandes, und zwar Ihme H. H. auff 100. Thlr. seiner Frauen aber, wenn Sie über allen angewandten Fleiß durch Steck-Briefe und sonsten nicht zuerlangen, auff 400. Thlr. hoch mitgetheilet, und wieder Ihre Tochter Annen auff ebenmäßigen Fall der in diesen Landen übliche Achts-Proceß angestellet. In übrigen will von nöthen seyn, Annen Elisabeth (die Köchin) hierüber, auff was Art und Weise sie das Kind ausgegraben, und wie viel Stiche Sie mit dem Bratspieß in die Erde gethan, auch damit dasselbe getroffen haben möchte, Artickulsweise eydlich zu vernehmen. Es werden auch die Medici und Barbierer, so bey der Section gewesen, ob Sie in dem todten Cörper Blut gefunden, und dafür achten, und gewiß glauben, daß die Stiche dem Kinde erst nach dem Tode zugefüget; alle solche Stiche auch mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen, Ihres Einwendens ungeachtet, vermittelst Eydes zu berichten, billig angestrenget. V. R. W.</p> <p>Es weiset der Innhalt dieses Urtheils, daß selbiges cum summa prudentia gesprochen und nichts rigoröses drinnen anzutreffen sey. Die Caution wegen des salvi conductus für Vater und Mutter ist nach Gelegenheit des Vermögens wegen beyder Personen, ingleichen des verdachten criminis nicht zu hoch gesetzt. Daß aber vorher wegen der Mutter und Tochter auff Steck-Brieffe reflectiret worden, hat gleichfalls wegen der Capitalität des gedachten criminis nicht wohl anders seyn können. So ist auch der zugleich wegen der Tochter erkandte Achts-Proceß nicht zu harte, weil der Vater damahlen noch nicht umb salvum conductum wegen der Tochter angehalten hatte. Mit dem denen Medicis zuerkandten Jurament konte es obigen Umbständen nach auch nicht wohl anders seyn; vielmehr waren die Inquisitae denen Herren Scabinis deßhalb höchlich verbunden, daß Sie in dem Urtheil durch das vorgeschlagene Juramentum credulitatis denen Medicis Ihre Gewissens-Scrupel benommen hatten, die freylich gestalten Sachen nach de scientia & veritate nicht, wohl aber de verosimilitudine & credulitate schweren kunten: Ja Sie, die Herrn Scabini, waren die ersten, die wegen des Indicii mit denen Stichen, auff die ächte quaestionem praejudicialem; ob in dem Cörper Blut gefunden worden, gefallen waren, weil, wenn das Kind bey seinen Leben die Stiche bekommen hätte, sich nothwendig in denen Wunden oder auch sonsten in Cörper hätte </p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0045]
ter Annen, daß Sie das Kind in Unehren erzeugt, auch nebst der Mutter, daß Sie beyderseits an dasselbe Hand angelegt, es umbgebracht, und ermordet, und dem Vater, daß er hierumb allenthalben gute Wissenschafft gehabt, Schuld gegeben werden; inmassen Sie alle drey die Flucht ergriffen; so wohl sonst wieder Sie dißfalls sich zimlicher Verdacht ereignet, der Vater vor sich und sein Eheweib umb ein sicher Geleit unterthänigst angesucht, nach mehrern Innhalt der Inquisition-Acten und Eurer Frage; So wird solches gegen Bestellung eines Vorstandes, und zwar Ihme H. H. auff 100. Thlr. seiner Frauen aber, wenn Sie über allen angewandten Fleiß durch Steck-Briefe und sonsten nicht zuerlangen, auff 400. Thlr. hoch mitgetheilet, und wieder Ihre Tochter Annen auff ebenmäßigen Fall der in diesen Landen übliche Achts-Proceß angestellet. In übrigen will von nöthen seyn, Annen Elisabeth (die Köchin) hierüber, auff was Art und Weise sie das Kind ausgegraben, und wie viel Stiche Sie mit dem Bratspieß in die Erde gethan, auch damit dasselbe getroffen haben möchte, Artickulsweise eydlich zu vernehmen. Es werden auch die Medici und Barbierer, so bey der Section gewesen, ob Sie in dem todten Cörper Blut gefunden, und dafür achten, und gewiß glauben, daß die Stiche dem Kinde erst nach dem Tode zugefüget; alle solche Stiche auch mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen, Ihres Einwendens ungeachtet, vermittelst Eydes zu berichten, billig angestrenget. V. R. W.
Es weiset der Innhalt dieses Urtheils, daß selbiges cum summa prudentia gesprochen und nichts rigoröses drinnen anzutreffen sey. Die Caution wegen des salvi conductus für Vater und Mutter ist nach Gelegenheit des Vermögens wegen beyder Personen, ingleichen des verdachten criminis nicht zu hoch gesetzt. Daß aber vorher wegen der Mutter und Tochter auff Steck-Brieffe reflectiret worden, hat gleichfalls wegen der Capitalität des gedachten criminis nicht wohl anders seyn können. So ist auch der zugleich wegen der Tochter erkandte Achts-Proceß nicht zu harte, weil der Vater damahlen noch nicht umb salvum conductum wegen der Tochter angehalten hatte. Mit dem denen Medicis zuerkandten Jurament konte es obigen Umbständen nach auch nicht wohl anders seyn; vielmehr waren die Inquisitae denen Herren Scabinis deßhalb höchlich verbunden, daß Sie in dem Urtheil durch das vorgeschlagene Juramentum credulitatis denen Medicis Ihre Gewissens-Scrupel benommen hatten, die freylich gestalten Sachen nach de scientia & veritate nicht, wohl aber de verosimilitudine & credulitate schweren kunten: Ja Sie, die Herrn Scabini, waren die ersten, die wegen des Indicii mit denen Stichen, auff die ächte quaestionem praejudicialem; ob in dem Cörper Blut gefunden worden, gefallen waren, weil, wenn das Kind bey seinen Leben die Stiche bekommen hätte, sich nothwendig in denen Wunden oder auch sonsten in Cörper hätte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |