Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.Jedoch, weil Herr D. Schreyer nebst Ihnen bey solcher Besichtigung gewesen, wolten Sie zuvor mit solchen daraus communiciren, und bäten, biß dahin mit der Vereydung in Ruhe zu stehen. Er hätte aus dem gnädigsten Rescripto vernommen, daß er dasjenige Attestat, so über der Section des gefundenen Kindes ertheilet worden, wie auch, ob die Wunden, so an dem Kinde befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihm fürgeleget worden, geschehen sey, beschweren solte; Als antworte er darauff. Was das erste betrifft, brauche es keine weitere Erleuterung, massen solches juxta leges artis medicae concipiret. Jam vero artifici in sua arte credendum, und hoffe also mit dem Eyde verschonet zu werden umb desto mehr, weil er promotus Doctor sey, und das juramentum Facultaris Medicae allbereit vor 23. Jahren auf seiner Promotion zu Jena abgeleget, zu dem habe er in seiner 22. jährigen Praxi viel Sectiones Cadaverum gehabt, und drüber Attestata ausgestellet, die jederzeit plenariam fidem gehabt, und er solche niemahls beschweren dürffen, zugeschweigen, daß er zu Z. zum Land und Stadt-Physico bestellet worden, und also auch hoc intuitu den Eyd deprecire. Ob die Wunden mit dem Ihm vorgezeigten Bratspieß geschehen, darüber könten diejenigen, so das Kind gebohren, oder die es begraben, am besten Nachricht geben, auch würde das ausgestellete Attestat vollkommener worden seyn, wenn bey Section des Cadaveris der itzo producirte Bratspieß alsbald wäre beygeleget worden. Aus der eusserlichen Form aber, deren welche Er absonderlich wohl betrachtet, und daß die meisten rund, die 2. aber, so durch die lincke Seite in dem hohlern Leib unterwertsgangen, mehr länglich als viereckig gewesen, wäre er in denen Gedancken blieben, (ob wohl propter putredinem in cadavere die forma vulnerum sich leichte änderte) daß die Wunden mit einen Dolch oder Pfriemen, so an der Spitze stumpff und rund, weiter auffwerts aber mehr breiter als gleich viereckigt gewesen, geschehen seyn möge. Und weil der producire Bratspieß von unten an fast dergleichen Gestalt habe als ein Dolch oder Pfrieme, so möchte muthmaßlich, iedoch nicht affirmative, und daß er es zu beschweren getraue, geschlossen werden, daß bey Auffsuchung des Kindes die Wunden durch den Bratspieß verursachet worden, allermassen auch die Köchin zu Ihm gesagt, daß Sie 3 mahl die Erde, worunter das Kind vergraben gewesen, durchstochen, und also die Verwundung am Halse und in der lincken Seite verursacht werden können. Die andern Wunden aber durch das viele stopffen in die Erde, sich ereignen können, wel- Jedoch, weil Herr D. Schreyer nebst Ihnen bey solcher Besichtigung gewesen, wolten Sie zuvor mit solchen daraus communiciren, und bäten, biß dahin mit der Vereydung in Ruhe zu stehen. Er hätte aus dem gnädigsten Rescripto vernommen, daß er dasjenige Attestat, so über der Section des gefundenen Kindes ertheilet worden, wie auch, ob die Wunden, so an dem Kinde befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihm fürgeleget worden, geschehen sey, beschweren solte; Als antworte er darauff. Was das erste betrifft, brauche es keine weitere Erleuterung, massen solches juxta leges artis medicae concipiret. Jam vero artifici in sua arte credendum, und hoffe also mit dem Eyde verschonet zu werden umb desto mehr, weil er promotus Doctor sey, und das juramentum Facultaris Medicae allbereit vor 23. Jahren auf seiner Promotion zu Jena abgeleget, zu dem habe er in seiner 22. jährigen Praxi viel Sectiones Cadaverum gehabt, und drüber Attestata ausgestellet, die jederzeit plenariam fidem gehabt, und er solche niemahls beschweren dürffen, zugeschweigen, daß er zu Z. zum Land und Stadt-Physico bestellet worden, und also auch hoc intuitu den Eyd deprecire. Ob die Wunden mit dem Ihm vorgezeigten Bratspieß geschehen, darüber könten diejenigen, so das Kind gebohren, oder die es begraben, am besten Nachricht geben, auch würde das ausgestellete Attestat vollkommener worden seyn, wenn bey Section des Cadaveris der itzo producirte Bratspieß alsbald wäre beygeleget worden. Aus der eusserlichen Form aber, deren welche Er absonderlich wohl betrachtet, und daß die meisten rund, die 2. aber, so durch die lincke Seite in dem hohlern Leib unterwertsgangen, mehr länglich als viereckig gewesen, wäre er in denen Gedancken blieben, (ob wohl propter putredinem in cadavere die forma vulnerum sich leichte änderte) daß die Wunden mit einen Dolch oder Pfriemen, so an der Spitze stumpff und rund, weiter auffwerts aber mehr breiter als gleich viereckigt gewesen, geschehen seyn möge. Und weil der producire Bratspieß von unten an fast dergleichen Gestalt habe als ein Dolch oder Pfrieme, so möchte muthmaßlich, iedoch nicht affirmative, und daß er es zu beschweren getraue, geschlossen werden, daß bey Auffsuchung des Kindes die Wunden durch den Bratspieß verursachet worden, allermassen auch die Köchin zu Ihm gesagt, daß Sie 3 mahl die Erde, worunter das Kind vergraben gewesen, durchstochen, und also die Verwundung am Halse und in der lincken Seite verursacht werden können. Die andern Wunden aber durch das viele stopffen in die Erde, sich ereignen können, wel- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0040" n="24"/> Jedoch, weil Herr D. Schreyer nebst Ihnen bey solcher Besichtigung gewesen, wolten Sie zuvor mit solchen daraus communiciren, und bäten, biß dahin mit der Vereydung in Ruhe zu stehen.</p> <l>FOL. 62. Citatio an Herr D. Schreyern. FOL. 63. 64. Herr H. H. suppliciret nach Z. umb ein special sicher Geleit, nebst angeführten Ursachen, worumb Er nebst seiner Frau ausgetreten, hierauff ergehet ein Befehl an den Amtmann zu P. seinen an 15. Oct. Ihm anbefohlnen Bericht einzuschicken. FOL. 67. biß 70. Registratur was D. Schreyer d. 20. Octobris zu P. vorgestellet.</l> <p>Er hätte aus dem gnädigsten Rescripto vernommen, daß er dasjenige Attestat, so über der Section des gefundenen Kindes ertheilet worden, wie auch, ob die Wunden, so an dem Kinde befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihm fürgeleget worden, geschehen sey, beschweren solte; Als antworte er darauff. Was das erste betrifft, brauche es keine weitere Erleuterung, massen solches juxta leges artis medicae concipiret. Jam vero artifici in sua arte credendum, und hoffe also mit dem Eyde verschonet zu werden umb desto mehr, weil er promotus Doctor sey, und das juramentum Facultaris Medicae allbereit vor 23. Jahren auf seiner Promotion zu Jena abgeleget, zu dem habe er in seiner 22. jährigen Praxi viel Sectiones Cadaverum gehabt, und drüber Attestata ausgestellet, die jederzeit plenariam fidem gehabt, und er solche niemahls beschweren dürffen, zugeschweigen, daß er zu Z. zum Land und Stadt-Physico bestellet worden, und also auch hoc intuitu den Eyd deprecire. Ob die Wunden mit dem Ihm vorgezeigten Bratspieß geschehen, darüber könten diejenigen, so das Kind gebohren, oder die es begraben, am besten Nachricht geben, auch würde das ausgestellete Attestat vollkommener worden seyn, wenn bey Section des Cadaveris der itzo producirte Bratspieß alsbald wäre beygeleget worden. Aus der eusserlichen Form aber, deren welche Er absonderlich wohl betrachtet, und daß die meisten rund, die 2. aber, so durch die lincke Seite in dem hohlern Leib unterwertsgangen, mehr länglich als viereckig gewesen, wäre er in denen Gedancken blieben, (ob wohl propter putredinem in cadavere die forma vulnerum sich leichte änderte) daß die Wunden mit einen Dolch oder Pfriemen, so an der Spitze stumpff und rund, weiter auffwerts aber mehr breiter als gleich viereckigt gewesen, geschehen seyn möge. Und weil der producire Bratspieß von unten an fast dergleichen Gestalt habe als ein Dolch oder Pfrieme, so möchte muthmaßlich, iedoch nicht affirmative, und daß er es zu beschweren getraue, geschlossen werden, daß bey Auffsuchung des Kindes die Wunden durch den Bratspieß verursachet worden, allermassen auch die Köchin zu Ihm gesagt, daß Sie 3 mahl die Erde, worunter das Kind vergraben gewesen, durchstochen, und also die Verwundung am Halse und in der lincken Seite verursacht werden können. Die andern Wunden aber durch das viele stopffen in die Erde, sich ereignen können, wel- </p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0040]
Jedoch, weil Herr D. Schreyer nebst Ihnen bey solcher Besichtigung gewesen, wolten Sie zuvor mit solchen daraus communiciren, und bäten, biß dahin mit der Vereydung in Ruhe zu stehen.
FOL. 62. Citatio an Herr D. Schreyern. FOL. 63. 64. Herr H. H. suppliciret nach Z. umb ein special sicher Geleit, nebst angeführten Ursachen, worumb Er nebst seiner Frau ausgetreten, hierauff ergehet ein Befehl an den Amtmann zu P. seinen an 15. Oct. Ihm anbefohlnen Bericht einzuschicken. FOL. 67. biß 70. Registratur was D. Schreyer d. 20. Octobris zu P. vorgestellet. Er hätte aus dem gnädigsten Rescripto vernommen, daß er dasjenige Attestat, so über der Section des gefundenen Kindes ertheilet worden, wie auch, ob die Wunden, so an dem Kinde befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihm fürgeleget worden, geschehen sey, beschweren solte; Als antworte er darauff. Was das erste betrifft, brauche es keine weitere Erleuterung, massen solches juxta leges artis medicae concipiret. Jam vero artifici in sua arte credendum, und hoffe also mit dem Eyde verschonet zu werden umb desto mehr, weil er promotus Doctor sey, und das juramentum Facultaris Medicae allbereit vor 23. Jahren auf seiner Promotion zu Jena abgeleget, zu dem habe er in seiner 22. jährigen Praxi viel Sectiones Cadaverum gehabt, und drüber Attestata ausgestellet, die jederzeit plenariam fidem gehabt, und er solche niemahls beschweren dürffen, zugeschweigen, daß er zu Z. zum Land und Stadt-Physico bestellet worden, und also auch hoc intuitu den Eyd deprecire. Ob die Wunden mit dem Ihm vorgezeigten Bratspieß geschehen, darüber könten diejenigen, so das Kind gebohren, oder die es begraben, am besten Nachricht geben, auch würde das ausgestellete Attestat vollkommener worden seyn, wenn bey Section des Cadaveris der itzo producirte Bratspieß alsbald wäre beygeleget worden. Aus der eusserlichen Form aber, deren welche Er absonderlich wohl betrachtet, und daß die meisten rund, die 2. aber, so durch die lincke Seite in dem hohlern Leib unterwertsgangen, mehr länglich als viereckig gewesen, wäre er in denen Gedancken blieben, (ob wohl propter putredinem in cadavere die forma vulnerum sich leichte änderte) daß die Wunden mit einen Dolch oder Pfriemen, so an der Spitze stumpff und rund, weiter auffwerts aber mehr breiter als gleich viereckigt gewesen, geschehen seyn möge. Und weil der producire Bratspieß von unten an fast dergleichen Gestalt habe als ein Dolch oder Pfrieme, so möchte muthmaßlich, iedoch nicht affirmative, und daß er es zu beschweren getraue, geschlossen werden, daß bey Auffsuchung des Kindes die Wunden durch den Bratspieß verursachet worden, allermassen auch die Köchin zu Ihm gesagt, daß Sie 3 mahl die Erde, worunter das Kind vergraben gewesen, durchstochen, und also die Verwundung am Halse und in der lincken Seite verursacht werden können. Die andern Wunden aber durch das viele stopffen in die Erde, sich ereignen können, wel-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/40>, abgerufen am 23.07.2024. |