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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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[Spaltenumbruch] Mit Lehren, vermahnen und rahten, Mit trösten und manchen Gutthaten, Aber die böß Zung geschwätzig, Untreu, arglistig und aufsetzig, Verlogen, vertrogen, unredlich Sey ihr und andren Leuten schädlich, Deßhalb schreibt auch der weiß Cato, Die höchste Weißheit sey also, Daß man täglich und in zukunfft Die Zung soll zähmen mit Vernunfft Daß sie nit heraus rede bald Was in Gedancken ihr einfalt, Derhalben soll ein weiser Mann Eh er sein Red will fahen an, Sechs Stück ernstlich bedencken woll Nachdem und er erst reden soll.
Das erste Stück.
Zum ersten hab er auf sich acht, Ob er das hab zu reden macht, Obs ihm billig und ziemlich sey Ohn Nachtheil unschädlich darbey, Ob auch der Handel ihm angeh. Ob er auch sey geschicket eh Zu reden, so er zornig wär, Truncken oder unmutig schwer, Soll er des Redens müßig gahn Daß ihm kein Unrath kom darvan.
Das ander Stück.
Zum andern, merck was sein Red sey, Lüg oder die Wahrheit darbey, So red er allein die Wahrheit Die ehrlich steht zu aller Zeit, Und soll der Lügen müßig gehn. Lüg kan mit Ehren nit bestehn, Wann Lüg thut sich selber aufdecken, Ihrm Herren selbst im Busen stecken, Und macht dem Mann ein Ungelauben, Thut ihm seins guten Gerüchts berauben, [Spaltenumbruch] Daß man ihm hernach in der Zeit, Auch nicht gelaubet der Wahrheit, Jedoch mag man in Schertz u. Schimpf, In guten Schwencken doch mit Glimpf, Ein Ehrlüg thun zu Frölichkeit Doch niemand zu Schmach, Schand noch Leyd.
Das dritte Stück.
Zum dritten, merck auch wer die seynd, Mit den er red, Freund oder Feind, Sind sie ehrlich, treu und wahrhafftig, So red er mit ihn unzaghafftig, Sinds aber leichtfertig und hönisch, Untreu, Verräther und argwöhnisch, Einer unnützen losen Rott, So schließ er sein Mund, es thut Noth, Daß ihm nit durch solch lose Leut Sein Red aufs ärgest werd gedeut, Oder sein Red im Mund verkehrn, Ihn verzircken an Glimpf und Ehren Gegn der Obrigkeit hinder Rück, Durch ihr Untreu und falsche Tück.
Das vierte Stück.
Zum vierten er bedencken soll, Warum er jetzund reden woll. Hat er Ursach zu reden was, Red er niemand zu Neid und Haß Zu Zorn reitz er auch niemand, Mit Schmach zu Schaden, Spott und Schand, Sondern allein zu Ehr und Nutz, Der Wahrheit zu Steuer und Schutz Red er, was noth zu reden sey Dadurch man werd Gezänckes frey. Und Fried werd gehalten dermaß, Alles andre unterwegen laß.
[Spaltenumbruch] Mit Lehren, vermahnen und rahten, Mit trösten und manchen Gutthaten, Aber die böß Zung geschwätzig, Untreu, arglistig und aufsetzig, Verlogen, vertrogen, unredlich Sey ihr und andren Leuten schädlich, Deßhalb schreibt auch der weiß Cato, Die höchste Weißheit sey also, Daß man täglich und in zukunfft Die Zung soll zähmen mit Vernunfft Daß sie nit heraus rede bald Was in Gedancken ihr einfalt, Derhalben soll ein weiser Mann Eh er sein Red will fahen an, Sechs Stück ernstlich bedencken woll Nachdem und er erst reden soll.
Das erste Stück.
Zum ersten hab er auf sich acht, Ob er das hab zu reden macht, Obs ihm billig und ziemlich sey Ohn Nachtheil unschädlich darbey, Ob auch der Handel ihm angeh. Ob er auch sey geschicket eh Zu reden, so er zornig wär, Truncken oder unmutig schwer, Soll er des Redens müßig gahn Daß ihm kein Unrath kom darvan.
Das ander Stück.
Zum andern, merck was sein Red sey, Lüg oder die Wahrheit darbey, So red er allein die Wahrheit Die ehrlich steht zu aller Zeit, Und soll der Lügen müßig gehn. Lüg kan mit Ehren nit bestehn, Wann Lüg thut sich selber aufdecken, Ihrm Herren selbst im Busen stecken, Und macht dem Mann ein Ungelauben, Thut ihm seins guten Gerüchts berauben, [Spaltenumbruch] Daß man ihm hernach in der Zeit, Auch nicht gelaubet der Wahrheit, Jedoch mag man in Schertz u. Schimpf, In guten Schwencken doch mit Glimpf, Ein Ehrlüg thun zu Frölichkeit Doch niemand zu Schmach, Schand noch Leyd.
Das dritte Stück.
Zum dritten, merck auch wer die seynd, Mit den er red, Freund oder Feind, Sind sie ehrlich, treu und wahrhafftig, So red er mit ihn unzaghafftig, Sinds aber leichtfertig und hönisch, Untreu, Verräther und argwöhnisch, Einer unnützen losen Rott, So schließ er sein Mund, es thut Noth, Daß ihm nit durch solch lose Leut Sein Red aufs ärgest werd gedeut, Oder sein Red im Mund verkehrn, Ihn verzircken an Glimpf und Ehren Gegn der Obrigkeit hinder Rück, Durch ihr Untreu und falsche Tück.
Das vierte Stück.
Zum vierten er bedencken soll, Warum er jetzund reden woll. Hat er Ursach zu reden was, Red er niemand zu Neid und Haß Zu Zorn reitz er auch niemand, Mit Schmach zu Schaden, Spott und Schand, Sondern allein zu Ehr und Nutz, Der Wahrheit zu Steuer und Schutz Red er, was noth zu reden sey Dadurch man werd Gezänckes frey. Und Fried werd gehalten dermaß, Alles andre unterwegen laß.
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[347/0363] Mit Lehren, vermahnen und rahten, Mit trösten und manchen Gutthaten, Aber die böß Zung geschwätzig, Untreu, arglistig und aufsetzig, Verlogen, vertrogen, unredlich Sey ihr und andren Leuten schädlich, Deßhalb schreibt auch der weiß Cato, Die höchste Weißheit sey also, Daß man täglich und in zukunfft Die Zung soll zähmen mit Vernunfft Daß sie nit heraus rede bald Was in Gedancken ihr einfalt, Derhalben soll ein weiser Mann Eh er sein Red will fahen an, Sechs Stück ernstlich bedencken woll Nachdem und er erst reden soll. Das erste Stück. Zum ersten hab er auf sich acht, Ob er das hab zu reden macht, Obs ihm billig und ziemlich sey Ohn Nachtheil unschädlich darbey, Ob auch der Handel ihm angeh. Ob er auch sey geschicket eh Zu reden, so er zornig wär, Truncken oder unmutig schwer, Soll er des Redens müßig gahn Daß ihm kein Unrath kom darvan. Das ander Stück. Zum andern, merck was sein Red sey, Lüg oder die Wahrheit darbey, So red er allein die Wahrheit Die ehrlich steht zu aller Zeit, Und soll der Lügen müßig gehn. Lüg kan mit Ehren nit bestehn, Wann Lüg thut sich selber aufdecken, Ihrm Herren selbst im Busen stecken, Und macht dem Mann ein Ungelauben, Thut ihm seins guten Gerüchts berauben, Daß man ihm hernach in der Zeit, Auch nicht gelaubet der Wahrheit, Jedoch mag man in Schertz u. Schimpf, In guten Schwencken doch mit Glimpf, Ein Ehrlüg thun zu Frölichkeit Doch niemand zu Schmach, Schand noch Leyd. Das dritte Stück. Zum dritten, merck auch wer die seynd, Mit den er red, Freund oder Feind, Sind sie ehrlich, treu und wahrhafftig, So red er mit ihn unzaghafftig, Sinds aber leichtfertig und hönisch, Untreu, Verräther und argwöhnisch, Einer unnützen losen Rott, So schließ er sein Mund, es thut Noth, Daß ihm nit durch solch lose Leut Sein Red aufs ärgest werd gedeut, Oder sein Red im Mund verkehrn, Ihn verzircken an Glimpf und Ehren Gegn der Obrigkeit hinder Rück, Durch ihr Untreu und falsche Tück. Das vierte Stück. Zum vierten er bedencken soll, Warum er jetzund reden woll. Hat er Ursach zu reden was, Red er niemand zu Neid und Haß Zu Zorn reitz er auch niemand, Mit Schmach zu Schaden, Spott und Schand, Sondern allein zu Ehr und Nutz, Der Wahrheit zu Steuer und Schutz Red er, was noth zu reden sey Dadurch man werd Gezänckes frey. Und Fried werd gehalten dermaß, Alles andre unterwegen laß.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/363>, abgerufen am 24.11.2024.