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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Erwehlung eines andern berühmten tentschen Poeten.

§. XLI. Weil es sich nun nicht schicken wolte, dem Herrn Quaerenten mit Uberschickung dieses Epistolii verdrießlich zu fallen; so habe ich mich hin und her besonnen, ob ich nicht etwa sonst einem berühmten Poeten, dessen Vergleichung sich der Herr Quaerente nicht schämen dürffte, etliche gute Gedancken abborgen, und dem Herrn Quaerenten aus Danckbarkeit wieder zurücke schicken könte. Ich habe auch nicht lange nachsinnen dürffen, indem mir alsobald einer beygefallen, der zu seiner Zeit für einem von den berühmtesten gehalten ward; und noch heute von dem berühmten Wagenseil und andern gelehrten Männern dem Virgilio, Ovidio u. s. w. vorgezogen wird; dessen anmuthige und sehr nützliche Schrifften in etlichen Bänden etliche mahl wegen grossen Abgangs auffgeleget werden müssen; aus welchen man fast in allen Blättern gewahr wird, daß der rechtschaffene Mann nicht alleine die heilige Schrifft fleißig gelesen und höchlich geliebet, und daraus den Psalter, die Sprüche, den Prediger, und die Weißheit Salomonis, den Jesus Syrach u. s. w. reimweise übersetzet, sondern auch daß er viel Griechische und Lateinische gelehrte Scribenten von allerhand Gattung, Homerum, Hesiodum, Virgilium, Ovidium, Terentium, Horatium, Lucianum, Livium, Plutarchum, Aristotelem, Platonem, Crantzium, und viele andre mehr fleißig gelesen, und derer Lehren hin und wieder mit gutem judicio angebracht. Und ob er wohl in der lieben Metaphysica und Dialectica & Sophistica, nicht eben viel sonderlich scheinet erfahren gewesen zu seyn, auch sich um die qualitates occultas und andre unnütze Sachen der Scholastischen Physic nicht sehr bekümmert haben mag, so weisen doch alle seine Wercke, daß er die vernünfftigen principia einer wahren Morale und einer ächten Politic, ja gar des von dem Herrn Quaerenten so höchlich geliebten Policey und Finanz wesens nicht alleine wohl inne gehabt, sondern auch aus diesen schönen Principiis herfliessende vielfältige gute Lehren in seinen Schrifften durchgehends angebracht, und die Thorheiten und Gefährlichkeiten der Atheistischen und abergläubischen, ingleichen thörichten und lasterhafften Morale, Politic, u. Oeconomie sehr deutlich und handgreiflich für Augen gestellet, in der Jurisprudenz von dem Amte gewissenhaffter Richter und Advocaten u. wieder dessen vielfältigen auf beyden Theilen vorkommenden Mißbrauch, gar deutlich und nachdrücklich zum öfftern gute Erinnerungen gethan; in der Theologie nicht nur das Elend des Pabstthums, so viel Lehr und Leben betrifft, insonderheit der Mönche und Pfaffen, sonder auch dessen annoch bey uns hier und dar vorhandene grobe Brocken dergestalt mit lebendigen Farben, auch zuweilen ein wenig ironice, oder satyrisch abgemah-

Erwehlung eines andern berühmten tentschen Poeten.

§. XLI. Weil es sich nun nicht schicken wolte, dem Herrn Quaerenten mit Uberschickung dieses Epistolii verdrießlich zu fallen; so habe ich mich hin und her besonnen, ob ich nicht etwa sonst einem berühmten Poeten, dessen Vergleichung sich der Herr Quaerente nicht schämen dürffte, etliche gute Gedancken abborgen, und dem Herrn Quaerenten aus Danckbarkeit wieder zurücke schicken könte. Ich habe auch nicht lange nachsinnen dürffen, indem mir alsobald einer beygefallen, der zu seiner Zeit für einem von den berühmtesten gehalten ward; und noch heute von dem berühmten Wagenseil und andern gelehrten Männern dem Virgilio, Ovidio u. s. w. vorgezogen wird; dessen anmuthige und sehr nützliche Schrifften in etlichen Bänden etliche mahl wegen grossen Abgangs auffgeleget werden müssen; aus welchen man fast in allen Blättern gewahr wird, daß der rechtschaffene Mann nicht alleine die heilige Schrifft fleißig gelesen und höchlich geliebet, und daraus den Psalter, die Sprüche, den Prediger, und die Weißheit Salomonis, den Jesus Syrach u. s. w. reimweise übersetzet, sondern auch daß er viel Griechische und Lateinische gelehrte Scribenten von allerhand Gattung, Homerum, Hesiodum, Virgilium, Ovidium, Terentium, Horatium, Lucianum, Livium, Plutarchum, Aristotelem, Platonem, Crantzium, und viele andre mehr fleißig gelesen, und derer Lehren hin und wieder mit gutem judicio angebracht. Und ob er wohl in der lieben Metaphysica und Dialectica & Sophistica, nicht eben viel sonderlich scheinet erfahren gewesen zu seyn, auch sich um die qualitates occultas und andre unnütze Sachen der Scholastischen Physic nicht sehr bekümmert haben mag, so weisen doch alle seine Wercke, daß er die vernünfftigen principia einer wahren Morale und einer ächten Politic, ja gar des von dem Herrn Quaerenten so höchlich geliebten Policey und Finanz wesens nicht alleine wohl inne gehabt, sondern auch aus diesen schönen Principiis herfliessende vielfältige gute Lehren in seinen Schrifften durchgehends angebracht, und die Thorheiten und Gefährlichkeiten der Atheistischen und abergläubischen, ingleichen thörichten und lasterhafften Morale, Politic, u. Oeconomie sehr deutlich und handgreiflich für Augen gestellet, in der Jurisprudenz von dem Amte gewissenhaffter Richter und Advocaten u. wieder dessen vielfältigen auf beyden Theilen vorkommenden Mißbrauch, gar deutlich und nachdrücklich zum öfftern gute Erinnerungen gethan; in der Theologie nicht nur das Elend des Pabstthums, so viel Lehr und Leben betrifft, insonderheit der Mönche und Pfaffen, sonder auch dessen annoch bey uns hier und dar vorhandene grobe Brocken dergestalt mit lebendigen Farben, auch zuweilen ein wenig ironice, oder satyrisch abgemah-

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[324/0340] §. XLI. Weil es sich nun nicht schicken wolte, dem Herrn Quaerenten mit Uberschickung dieses Epistolii verdrießlich zu fallen; so habe ich mich hin und her besonnen, ob ich nicht etwa sonst einem berühmten Poeten, dessen Vergleichung sich der Herr Quaerente nicht schämen dürffte, etliche gute Gedancken abborgen, und dem Herrn Quaerenten aus Danckbarkeit wieder zurücke schicken könte. Ich habe auch nicht lange nachsinnen dürffen, indem mir alsobald einer beygefallen, der zu seiner Zeit für einem von den berühmtesten gehalten ward; und noch heute von dem berühmten Wagenseil und andern gelehrten Männern dem Virgilio, Ovidio u. s. w. vorgezogen wird; dessen anmuthige und sehr nützliche Schrifften in etlichen Bänden etliche mahl wegen grossen Abgangs auffgeleget werden müssen; aus welchen man fast in allen Blättern gewahr wird, daß der rechtschaffene Mann nicht alleine die heilige Schrifft fleißig gelesen und höchlich geliebet, und daraus den Psalter, die Sprüche, den Prediger, und die Weißheit Salomonis, den Jesus Syrach u. s. w. reimweise übersetzet, sondern auch daß er viel Griechische und Lateinische gelehrte Scribenten von allerhand Gattung, Homerum, Hesiodum, Virgilium, Ovidium, Terentium, Horatium, Lucianum, Livium, Plutarchum, Aristotelem, Platonem, Crantzium, und viele andre mehr fleißig gelesen, und derer Lehren hin und wieder mit gutem judicio angebracht. Und ob er wohl in der lieben Metaphysica und Dialectica & Sophistica, nicht eben viel sonderlich scheinet erfahren gewesen zu seyn, auch sich um die qualitates occultas und andre unnütze Sachen der Scholastischen Physic nicht sehr bekümmert haben mag, so weisen doch alle seine Wercke, daß er die vernünfftigen principia einer wahren Morale und einer ächten Politic, ja gar des von dem Herrn Quaerenten so höchlich geliebten Policey und Finanz wesens nicht alleine wohl inne gehabt, sondern auch aus diesen schönen Principiis herfliessende vielfältige gute Lehren in seinen Schrifften durchgehends angebracht, und die Thorheiten und Gefährlichkeiten der Atheistischen und abergläubischen, ingleichen thörichten und lasterhafften Morale, Politic, u. Oeconomie sehr deutlich und handgreiflich für Augen gestellet, in der Jurisprudenz von dem Amte gewissenhaffter Richter und Advocaten u. wieder dessen vielfältigen auf beyden Theilen vorkommenden Mißbrauch, gar deutlich und nachdrücklich zum öfftern gute Erinnerungen gethan; in der Theologie nicht nur das Elend des Pabstthums, so viel Lehr und Leben betrifft, insonderheit der Mönche und Pfaffen, sonder auch dessen annoch bey uns hier und dar vorhandene grobe Brocken dergestalt mit lebendigen Farben, auch zuweilen ein wenig ironice, oder satyrisch abgemah-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/340>, abgerufen am 23.11.2024.