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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Entwurff einer Poetischen Antwort des Büchleins an seinen lieben Papa, und ein kleines Specimen davon.

§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey:

Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b'find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut
Entwurff einer Poetischen Antwort des Büchleins an seinen lieben Papa, und ein kleines Specimen davon.

§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey:

Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b’find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut
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[322/0338] §. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey: Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b’find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/338>, abgerufen am 23.11.2024.