Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723. [Spaltenumbruch]
6. Geicherweise können wir auch wohl in Auslegung gelehrter Schrifften raisonniren: was für Consequentien daraus folgen, und dem Autori dieselben beymessen, daß er dieselben, vermöge seines Grundsatzes ebenmäßig behaupten müsse. Wenn er aber wieder diese Consequentien protestiret, daß er damit nichts zuthun haben wolle, und seine Meinung anders erklähret: müssen wir ihn mit frieden lassen, ob wir gleich nicht begreiffen, wie diese Consequentien nicht aus dem Grund-Satz folgen solten, auch eines und das andere wieder seine Erklährung zu sagen haben. Wenn diese nur nicht gantz offenbahrlich, und daß es alle Menschen begreiffen, cavillatoria ist. Denn weil mehrentheils dergleichen Consequentien: nicht von unstreitigen, sondern wahrscheinlichen Dingen, oder doch [Spaltenumbruch] Falschheiten mit sind; wird gegenwärtiges Schreiben kürtzlich: doch genüglich und gründlich erhärten. Wo übrigens Eure Hochedlen die Grund-Regeln meines Glaubens und Lebens zu wissen verlangen: belieben meine hochgeehrte Herren mit den Augen der Vernunfft und des Christenthums, die letzten Worte meiner Vorrede, was genauer anzusehen. Es bezeugen selbige: daß ich ein Catholicus & Universalista sey: d. i. ein Mitglied der Catholischen Kirche und Mitgeniesser der allgemeinen Gnade GOttes. E. ein warhafftiger Christ: der GOtt anbetet. Die Souverainen ehret: Ehrlich d. i. tugendhafft lebet. Niemand beleidiget. Einem jeden das Seinige zu kommen lässet. 6. Und ob wohl endlich ich meine Unschuld vor dem Scholarchat und in der Specie Facti nicht allein durch suffisante Vernunfft-Schrifft- und Recht-Schlüsse documentiret; sondern auch gegen die wiedrige Conclusiones und Auffbürdungen fremder Lehren und Sentimenten, daß e. g. ich ein Heyde, Spinosist und Atheist: die in dem Büchlein recensirte Dogmata aber, meine eigene Grund-Lehren wären; quam solennissime offtermahlen protestiret: und mich dawieder mit Händen und Füssen gesperret; haben die Clerisey, der Magistrat nebst Euren Hochedlen darauff wieder nicht die geringste Reflexion gemachet: Es sind im Gegentheil, in regard meines Büchleins und meiner Person, die trefliche Regeln von der Geschicklichkeit anderer Meinung zu urtheilen: von ihnen allerseits nach eigener Willkühr und [Spaltenumbruch]
6. Geicherweise können wir auch wohl in Auslegung gelehrter Schrifften raisonniren: was für Consequentien daraus folgen, und dem Autori dieselben beymessen, daß er dieselben, vermöge seines Grundsatzes ebenmäßig behaupten müsse. Wenn er aber wieder diese Consequentien protestiret, daß er damit nichts zuthun haben wolle, und seine Meinung anders erklähret: müssen wir ihn mit frieden lassen, ob wir gleich nicht begreiffen, wie diese Consequentien nicht aus dem Grund-Satz folgen solten, auch eines und das andere wieder seine Erklährung zu sagen haben. Wenn diese nur nicht gantz offenbahrlich, und daß es alle Menschen begreiffen, cavillatoria ist. Denn weil mehrentheils dergleichen Consequentien: nicht von unstreitigen, sondern wahrscheinlichen Dingen, oder doch [Spaltenumbruch] Falschheiten mit sind; wird gegenwärtiges Schreiben kürtzlich: doch genüglich und gründlich erhärten. Wo übrigens Eure Hochedlen die Grund-Regeln meines Glaubens und Lebens zu wissen verlangen: belieben meine hochgeehrte Herren mit den Augen der Vernunfft und des Christenthums, die letzten Worte meiner Vorrede, was genauer anzusehen. Es bezeugen selbige: daß ich ein Catholicus & Universalista sey: d. i. ein Mitglied der Catholischen Kirche und Mitgeniesser der allgemeinen Gnade GOttes. E. ein warhafftiger Christ: der GOtt anbetet. Die Souverainen ehret: Ehrlich d. i. tugendhafft lebet. Niemand beleidiget. Einem jeden das Seinige zu kommen lässet. 6. Und ob wohl endlich ich meine Unschuld vor dem Scholarchat und in der Specie Facti nicht allein durch suffisante Vernunfft-Schrifft- und Recht-Schlüsse documentiret; sondern auch gegen die wiedrige Conclusiones und Auffbürdungen fremder Lehren und Sentimenten, daß e. g. ich ein Heyde, Spinosist und Atheist: die in dem Büchlein recensirte Dogmata aber, meine eigene Grund-Lehren wären; quam solennissime offtermahlen protestiret: und mich dawieder mit Händen und Füssen gesperret; haben die Clerisey, der Magistrat nebst Euren Hochedlen darauff wieder nicht die geringste Reflexion gemachet: Es sind im Gegentheil, in regard meines Büchleins und meiner Person, die trefliche Regeln von der Geschicklichkeit anderer Meinung zu urtheilen: von ihnen allerseits nach eigener Willkühr und <TEI> <text> <body> <div> <p> <pb facs="#f0321" n="305"/> </p> <cb n="1"/> </div> <div> <head>6.</head><lb/> <p>Geicherweise können wir auch wohl in Auslegung gelehrter Schrifften raisonniren: was für Consequentien daraus folgen, und dem Autori dieselben beymessen, daß er dieselben, vermöge seines Grundsatzes ebenmäßig behaupten müsse. Wenn er aber wieder diese Consequentien protestiret, daß er damit nichts zuthun haben wolle, und seine Meinung anders erklähret: müssen wir ihn mit frieden lassen, ob wir gleich nicht begreiffen, wie diese <hi rendition="#i">C</hi>onsequentien nicht aus dem Grund-Satz folgen solten, auch eines und das andere wieder seine Erklährung zu sagen haben. Wenn diese nur nicht gantz offenbahrlich, und daß es alle Menschen begreiffen, <hi rendition="#i">cavillatoria</hi> ist. Denn weil mehrentheils dergleichen Consequentien: nicht von unstreitigen, sondern wahrscheinlichen Dingen, oder doch <cb n="2"/> Falschheiten mit sind; wird gegenwärtiges Schreiben kürtzlich: doch genüglich und gründlich erhärten. Wo übrigens Eure Hochedlen die Grund-Regeln meines Glaubens und Lebens zu wissen verlangen: belieben meine hochgeehrte Herren mit den Augen der Vernunfft und des Christenthums, die letzten Worte meiner Vorrede, was genauer anzusehen. Es bezeugen selbige: daß ich ein Catholicus & Universalista sey: d. i. ein Mitglied der Catholischen Kirche und Mitgeniesser der allgemeinen Gnade GOttes. E. ein warhafftiger Christ: der GOtt anbetet. Die Souverainen ehret: Ehrlich d. i. tugendhafft lebet. Niemand beleidiget. Einem jeden das Seinige zu kommen lässet.</p> </div> <div> <head>6.</head><lb/> <p>Und ob wohl endlich ich meine Unschuld vor dem Scholarchat und in der Specie Facti nicht allein durch suffisante Vernunfft-Schrifft- und Recht-Schlüsse documentiret; sondern auch gegen die wiedrige Conclusiones und Auffbürdungen fremder Lehren und Sentimenten, daß e. g. ich ein Heyde, Spinosist und Atheist: die in dem Büchlein recensirte Dogmata aber, meine eigene Grund-Lehren wären; quam solennissime offtermahlen protestiret: und mich dawieder mit Händen und Füssen gesperret; haben die Clerisey, der Magistrat nebst Euren Hochedlen darauff wieder nicht die geringste Reflexion gemachet: Es sind im Gegentheil, in regard meines Büchleins und meiner Person, die trefliche Regeln von der Geschicklichkeit anderer Meinung zu urtheilen: von ihnen allerseits nach eigener Willkühr und </p> </div> </body> </text> </TEI> [305/0321]
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Geicherweise können wir auch wohl in Auslegung gelehrter Schrifften raisonniren: was für Consequentien daraus folgen, und dem Autori dieselben beymessen, daß er dieselben, vermöge seines Grundsatzes ebenmäßig behaupten müsse. Wenn er aber wieder diese Consequentien protestiret, daß er damit nichts zuthun haben wolle, und seine Meinung anders erklähret: müssen wir ihn mit frieden lassen, ob wir gleich nicht begreiffen, wie diese Consequentien nicht aus dem Grund-Satz folgen solten, auch eines und das andere wieder seine Erklährung zu sagen haben. Wenn diese nur nicht gantz offenbahrlich, und daß es alle Menschen begreiffen, cavillatoria ist. Denn weil mehrentheils dergleichen Consequentien: nicht von unstreitigen, sondern wahrscheinlichen Dingen, oder doch
Falschheiten mit sind; wird gegenwärtiges Schreiben kürtzlich: doch genüglich und gründlich erhärten. Wo übrigens Eure Hochedlen die Grund-Regeln meines Glaubens und Lebens zu wissen verlangen: belieben meine hochgeehrte Herren mit den Augen der Vernunfft und des Christenthums, die letzten Worte meiner Vorrede, was genauer anzusehen. Es bezeugen selbige: daß ich ein Catholicus & Universalista sey: d. i. ein Mitglied der Catholischen Kirche und Mitgeniesser der allgemeinen Gnade GOttes. E. ein warhafftiger Christ: der GOtt anbetet. Die Souverainen ehret: Ehrlich d. i. tugendhafft lebet. Niemand beleidiget. Einem jeden das Seinige zu kommen lässet.
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Und ob wohl endlich ich meine Unschuld vor dem Scholarchat und in der Specie Facti nicht allein durch suffisante Vernunfft-Schrifft- und Recht-Schlüsse documentiret; sondern auch gegen die wiedrige Conclusiones und Auffbürdungen fremder Lehren und Sentimenten, daß e. g. ich ein Heyde, Spinosist und Atheist: die in dem Büchlein recensirte Dogmata aber, meine eigene Grund-Lehren wären; quam solennissime offtermahlen protestiret: und mich dawieder mit Händen und Füssen gesperret; haben die Clerisey, der Magistrat nebst Euren Hochedlen darauff wieder nicht die geringste Reflexion gemachet: Es sind im Gegentheil, in regard meines Büchleins und meiner Person, die trefliche Regeln von der Geschicklichkeit anderer Meinung zu urtheilen: von ihnen allerseits nach eigener Willkühr und
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/321>, abgerufen am 04.07.2024. |