Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.hunten bliebe, würde die Frau Mutter sagen, was Sie hunten bey den Mägden in dem Flöh-Neste machte, da Sie doch Ihr Bette droben hätte. Als man nun gefragt, wer denn diese Nacht bey der Schwester gewesen, hat Sie geantwortet: Niemand, wüste auch nicht, ob die Frau Mutter hinauff kommen, oder droben gewesen. Die Worte so Ihr Schuld gegeben worden, hätte Sie nicht geredet, wäre auch nicht vor dem Bette niedergefallen, hätte gantz von nichts gewust, ausser wie gesagt worden, daß Sie das Kind gefunden, wäre sie erschrocken, daß Sie umbgefallen. Ich habe in der N. Inquisition Sache nicht alleine, auch ehe die Besichtigung Fol. 16. geschehen, und Ew. Hoch F. Durchl. Gn. Rescript von 10. dieses eingelauffen, mit abgefasseten Steck-Brieffen wieder die älteste N. Tochter, nicht aber auch den Praeceptor, weil solcher nicht ausgetreten, sondern zweymahl bey mir gewesen; Sondern auch, als immittelst H. H. mit seinen Schreiber, und folgends auch dessen Ehe-Weib ausgetreten, mit angestellter Generallnquisition verfahren, allwo denn so wohl wieder Vater und Mutter, als auch die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien, und zwar wieder jene durch summarische Zeugen Aussage Fol. 23. 28. 30. 33. 34. 35. 36. und 41. wieder diese aber Fol. 33. b. etliche indicia sich herfür gethan. Alldieweil aber, Gn. Fürst und Herr bey dergleichen Dingen behutsam zu gehen seyn will, doch aber auch zu besorgen, es möchten die Zeugen, weil zumahl die Mittel-Magd und Zoffe Fol. 38. seq. einander zu wieder, die Köchin auch Fol. 37. b. mit Betrohung und Beschimpfung zugesetzt werden wollen, ehe rechtliche Erkäntniß eingehohlet werde, sich aus dem Staube machen. So habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. auch dieses zusamt den actis gehorsamst hinterbringen, und wie so wohl wieder die Ausgetretenen, als auch wieder die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien ferner zu verfahren, und ob nicht immittelst die Zeugen eydlich zu examiniren, Gnädigste resolution Unterthänigst erwarten sollen. Fernere Uberlegung und resolution des defensoris.§. V. Biß hieher waren damahls die Acten kommen, als ich dieselben obgedachter Weise zu sehen bekam, und ware der Actuarius gleich mit copirung des ietzbemeldeten Berichts beschäfftiget, daß ich also, wenn ich etliche Stunden später gekommen wäre, die Acta nicht würde in Amte P. gefunden haben. Ich machte mich dannenhero bald auff und ritte wieder zurücke nach Leipzig. Mein Hertz wurde mir, nachdem ich etwas attent dasjenige, was ich gelesen, betrachtete, umb ein gutes Theil leichter, indem ich zwar sahe, daß der Amtmann sich es blut sauer werden liese, die armen Leute, wegen des von Ihm zum ersten nimis praecipitanter in actis beschuldigten Mords, auf das empfindlichste zu graviren, aber daß doch alle die dem ersten Ansehen nach starcke indicia wieder die Inquisiten, garleichtlich aus eben hunten bliebe, würde die Frau Mutter sagen, was Sie hunten bey den Mägden in dem Flöh-Neste machte, da Sie doch Ihr Bette droben hätte. Als man nun gefragt, wer denn diese Nacht bey der Schwester gewesen, hat Sie geantwortet: Niemand, wüste auch nicht, ob die Frau Mutter hinauff kommen, oder droben gewesen. Die Worte so Ihr Schuld gegeben worden, hätte Sie nicht geredet, wäre auch nicht vor dem Bette niedergefallen, hätte gantz von nichts gewust, ausser wie gesagt worden, daß Sie das Kind gefunden, wäre sie erschrocken, daß Sie umbgefallen. Ich habe in der N. Inquisition Sache nicht alleine, auch ehe die Besichtigung Fol. 16. geschehen, und Ew. Hoch F. Durchl. Gn. Rescript von 10. dieses eingelauffen, mit abgefasseten Steck-Brieffen wieder die älteste N. Tochter, nicht aber auch den Praeceptor, weil solcher nicht ausgetreten, sondern zweymahl bey mir gewesen; Sondern auch, als immittelst H. H. mit seinen Schreiber, und folgends auch dessen Ehe-Weib ausgetreten, mit angestellter Generallnquisition verfahren, allwo denn so wohl wieder Vater und Mutter, als auch die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien, und zwar wieder jene durch summarische Zeugen Aussage Fol. 23. 28. 30. 33. 34. 35. 36. und 41. wieder diese aber Fol. 33. b. etliche indicia sich herfür gethan. Alldieweil aber, Gn. Fürst und Herr bey dergleichen Dingen behutsam zu gehen seyn will, doch aber auch zu besorgen, es möchten die Zeugen, weil zumahl die Mittel-Magd und Zoffe Fol. 38. seq. einander zu wieder, die Köchin auch Fol. 37. b. mit Betrohung und Beschimpfung zugesetzt werden wollen, ehe rechtliche Erkäntniß eingehohlet werde, sich aus dem Staube machen. So habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. auch dieses zusamt den actis gehorsamst hinterbringen, und wie so wohl wieder die Ausgetretenen, als auch wieder die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien ferner zu verfahren, und ob nicht immittelst die Zeugen eydlich zu examiniren, Gnädigste resolution Unterthänigst erwarten sollen. Fernere Uberlegung und resolution des defensoris.§. V. Biß hieher waren damahls die Acten kommen, als ich dieselben obgedachter Weise zu sehen bekam, und ware der Actuarius gleich mit copirung des ietzbemeldeten Berichts beschäfftiget, daß ich also, wenn ich etliche Stunden später gekommen wäre, die Acta nicht würde in Amte P. gefunden haben. Ich machte mich dannenhero bald auff und ritte wieder zurücke nach Leipzig. Mein Hertz wurde mir, nachdem ich etwas attent dasjenige, was ich gelesen, betrachtete, umb ein gutes Theil leichter, indem ich zwar sahe, daß der Amtmann sich es blut sauer werden liese, die armen Leute, wegen des von Ihm zum ersten nimis praecipitanter in actis beschuldigten Mords, auf das empfindlichste zu graviren, aber daß doch alle die dem ersten Ansehen nach starcke indicia wieder die Inquisiten, garleichtlich aus eben <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0030" n="14"/> hunten bliebe, würde die Frau Mutter sagen, was Sie hunten bey den Mägden in dem Flöh-Neste machte, da Sie doch Ihr Bette droben hätte. Als man nun gefragt, wer denn diese Nacht bey der Schwester gewesen, hat Sie geantwortet: Niemand, wüste auch nicht, ob die Frau Mutter hinauff kommen, oder droben gewesen. Die Worte so Ihr Schuld gegeben worden, hätte Sie nicht geredet, wäre auch nicht vor dem Bette niedergefallen, hätte gantz von nichts gewust, ausser wie gesagt worden, daß Sie das Kind gefunden, wäre sie erschrocken, daß Sie umbgefallen.</p> <l>FOL. 43. Des Amtm. zu P. Bericht nach Z. d. 13. Octobr. 1681.</l> <p>Ich habe in der N. Inquisition Sache nicht alleine, auch ehe die Besichtigung Fol. 16. geschehen, und Ew. Hoch F. Durchl. Gn. Rescript von 10. dieses eingelauffen, mit abgefasseten Steck-Brieffen wieder die älteste N. Tochter, nicht aber auch den Praeceptor, weil solcher nicht ausgetreten, sondern zweymahl bey mir gewesen; Sondern auch, als immittelst H. H. mit seinen Schreiber, und folgends auch dessen Ehe-Weib ausgetreten, mit angestellter Generallnquisition verfahren, allwo denn so wohl wieder Vater und Mutter, als auch die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien, und zwar wieder jene durch summarische Zeugen Aussage Fol. 23. 28. 30. 33. 34. 35. 36. und 41. wieder diese aber Fol. 33. b. etliche indicia sich herfür gethan. Alldieweil aber, Gn. Fürst und Herr bey dergleichen Dingen behutsam zu gehen seyn will, doch aber auch zu besorgen, es möchten die Zeugen, weil zumahl die Mittel-Magd und Zoffe Fol. 38. seq. einander zu wieder, die Köchin auch Fol. 37. b. mit Betrohung und Beschimpfung zugesetzt werden wollen, ehe rechtliche Erkäntniß eingehohlet werde, sich aus dem Staube machen. So habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. auch dieses zusamt den actis gehorsamst hinterbringen, und wie so wohl wieder die Ausgetretenen, als auch wieder die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien ferner zu verfahren, und ob nicht immittelst die Zeugen eydlich zu examiniren, Gnädigste resolution Unterthänigst erwarten sollen.</p> <note place="left">Fernere Uberlegung und <hi rendition="#i">resolution</hi> des <hi rendition="#i">defensoris</hi>.</note> <p>§. V. Biß hieher waren damahls die Acten kommen, als ich dieselben obgedachter Weise zu sehen bekam, und ware der Actuarius gleich mit copirung des ietzbemeldeten Berichts beschäfftiget, daß ich also, wenn ich etliche Stunden später gekommen wäre, die Acta nicht würde in Amte P. gefunden haben. Ich machte mich dannenhero bald auff und ritte wieder zurücke nach Leipzig. Mein Hertz wurde mir, nachdem ich etwas attent dasjenige, was ich gelesen, betrachtete, umb ein gutes Theil leichter, indem ich zwar sahe, daß der Amtmann sich es blut sauer werden liese, die armen Leute, wegen des von Ihm zum ersten nimis praecipitanter in actis beschuldigten Mords, auf das empfindlichste zu graviren, aber daß doch alle die dem ersten Ansehen nach starcke indicia wieder die Inquisiten, garleichtlich aus eben </p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0030]
hunten bliebe, würde die Frau Mutter sagen, was Sie hunten bey den Mägden in dem Flöh-Neste machte, da Sie doch Ihr Bette droben hätte. Als man nun gefragt, wer denn diese Nacht bey der Schwester gewesen, hat Sie geantwortet: Niemand, wüste auch nicht, ob die Frau Mutter hinauff kommen, oder droben gewesen. Die Worte so Ihr Schuld gegeben worden, hätte Sie nicht geredet, wäre auch nicht vor dem Bette niedergefallen, hätte gantz von nichts gewust, ausser wie gesagt worden, daß Sie das Kind gefunden, wäre sie erschrocken, daß Sie umbgefallen.
FOL. 43. Des Amtm. zu P. Bericht nach Z. d. 13. Octobr. 1681. Ich habe in der N. Inquisition Sache nicht alleine, auch ehe die Besichtigung Fol. 16. geschehen, und Ew. Hoch F. Durchl. Gn. Rescript von 10. dieses eingelauffen, mit abgefasseten Steck-Brieffen wieder die älteste N. Tochter, nicht aber auch den Praeceptor, weil solcher nicht ausgetreten, sondern zweymahl bey mir gewesen; Sondern auch, als immittelst H. H. mit seinen Schreiber, und folgends auch dessen Ehe-Weib ausgetreten, mit angestellter Generallnquisition verfahren, allwo denn so wohl wieder Vater und Mutter, als auch die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien, und zwar wieder jene durch summarische Zeugen Aussage Fol. 23. 28. 30. 33. 34. 35. 36. und 41. wieder diese aber Fol. 33. b. etliche indicia sich herfür gethan. Alldieweil aber, Gn. Fürst und Herr bey dergleichen Dingen behutsam zu gehen seyn will, doch aber auch zu besorgen, es möchten die Zeugen, weil zumahl die Mittel-Magd und Zoffe Fol. 38. seq. einander zu wieder, die Köchin auch Fol. 37. b. mit Betrohung und Beschimpfung zugesetzt werden wollen, ehe rechtliche Erkäntniß eingehohlet werde, sich aus dem Staube machen. So habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. auch dieses zusamt den actis gehorsamst hinterbringen, und wie so wohl wieder die Ausgetretenen, als auch wieder die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien ferner zu verfahren, und ob nicht immittelst die Zeugen eydlich zu examiniren, Gnädigste resolution Unterthänigst erwarten sollen.
§. V. Biß hieher waren damahls die Acten kommen, als ich dieselben obgedachter Weise zu sehen bekam, und ware der Actuarius gleich mit copirung des ietzbemeldeten Berichts beschäfftiget, daß ich also, wenn ich etliche Stunden später gekommen wäre, die Acta nicht würde in Amte P. gefunden haben. Ich machte mich dannenhero bald auff und ritte wieder zurücke nach Leipzig. Mein Hertz wurde mir, nachdem ich etwas attent dasjenige, was ich gelesen, betrachtete, umb ein gutes Theil leichter, indem ich zwar sahe, daß der Amtmann sich es blut sauer werden liese, die armen Leute, wegen des von Ihm zum ersten nimis praecipitanter in actis beschuldigten Mords, auf das empfindlichste zu graviren, aber daß doch alle die dem ersten Ansehen nach starcke indicia wieder die Inquisiten, garleichtlich aus eben
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/30>, abgerufen am 23.07.2024. |