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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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schiedene subtile Männer nicht unbillig geschlossen: es könne keine ärgere Pest vor die Republiquen erdacht werden als der Aberglauben; Und da aus diesem Mord und Todtschlag, mit allem nur ersinnlichen Unglück herstamme: so schade der Atheismus dem gemeinen Wesen lange nicht so sehr; weil die Leute, welche mit demselben behafftet, mehr dahin sehen was andere thäten, als was sie glaubten.

20. 3) Das man ihm eine falsche Meinung angedichtet.

3) Würde es mir, wann nach der Methode: wie mit meiner Schrifft und Person verfahren worden; ich die Bücher und Disputationes vornehmer und kluger Gelehrten durchsieben und ausmertzen wolte: eine anmuthige Spiel-Arbeit seyn; aus solchen, eine considerable Anzahl anstößlicher und verdächtiger Satz-Reden zu sortiren und ihre Schutz-Herren, wie gefährliche Gifft-Mischer, bey dem Inquisitions-Tribunal zu deferiren. Ich gehe weiter und soutenire mit einer freymüthigen Stirne; daß wann zuläßig und verantwortlich: recht und billig es ist: die in Schrifften vorkommende Reden und Passages, aus ihrer natürlichen Verbindung und gehörigem Lager zu derangiren: selbigen, einen sensum intentioni scribentis & loquentis contrarium anzuhefften: und der sinceren Verdollmetschung ihrer Autorum die Geburth fremder Interpretum vorzuziehen: daß keine difficultäten es geben würde, den weisen Salomon, erleuchteten Paulum, nebst den übrigen Rüstzeugen GOttes, in Ertzketzere und Atheisten zu verwandeln; daß aus der Betrachtung, ein freydenckender und schreibender Journalist überaus wohl argumentiret: keine Praecipitantz sey gottloser, als die Menschen nicht aus ihren Worten, sondern aus ihren heimlichen Gedancken beurtheilen. Ich verneine ja nicht: die Meditationes quaestionis zum Druck befordert zu haben; angesehen die negativa mich graviren und ein Indicium malae causae seyn würde. Ich verneine aber mit vollen Lippen: daß aus dem zugestandenen medio Termino: ich habe das Büchlein verfasset; diese Conclusiones: E. stehen darinnen meine eigene Grund-Lehren entdecket, die ich für orthodoxische Warheit, mit meinem Hertzen und Munde bejahe. E. bin ich ein Spinosista, & Atheista incarnatus. E. solte man mit mir eine Vaninische Tragödie spielen, und zum Scheiterhauffen eine Promenade machen etc.; mit einer bonne grace heraus gelocket werden können. Sie sind und bleiben vielmehr unbündige Raisonnemens: die den Strich der einfältigsten Logic nicht aushalten, und gegen die gesunde Vernunfft auch den Sensum Communem anstossen.

schiedene subtile Männer nicht unbillig geschlossen: es könne keine ärgere Pest vor die Republiquen erdacht werden als der Aberglauben; Und da aus diesem Mord und Todtschlag, mit allem nur ersinnlichen Unglück herstamme: so schade der Atheismus dem gemeinen Wesen lange nicht so sehr; weil die Leute, welche mit demselben behafftet, mehr dahin sehen was andere thäten, als was sie glaubten.

20. 3) Das man ihm eine falsche Meinung angedichtet.

3) Würde es mir, wann nach der Methode: wie mit meiner Schrifft und Person verfahren worden; ich die Bücher und Disputationes vornehmer und kluger Gelehrten durchsieben und ausmertzen wolte: eine anmuthige Spiel-Arbeit seyn; aus solchen, eine considerable Anzahl anstößlicher und verdächtiger Satz-Reden zu sortiren und ihre Schutz-Herren, wie gefährliche Gifft-Mischer, bey dem Inquisitions-Tribunal zu deferiren. Ich gehe weiter und soutenire mit einer freymüthigen Stirne; daß wann zuläßig und verantwortlich: recht und billig es ist: die in Schrifften vorkommende Reden und Passages, aus ihrer natürlichen Verbindung und gehörigem Lager zu derangiren: selbigen, einen sensum intentioni scribentis & loquentis contrarium anzuhefften: und der sinceren Verdollmetschung ihrer Autorum die Geburth fremder Interpretum vorzuziehen: daß keine difficultäten es geben würde, den weisen Salomon, erleuchteten Paulum, nebst den übrigen Rüstzeugen GOttes, in Ertzketzere und Atheisten zu verwandeln; daß aus der Betrachtung, ein freydenckender und schreibender Journalist überaus wohl argumentiret: keine Praecipitantz sey gottloser, als die Menschen nicht aus ihren Worten, sondern aus ihren heimlichen Gedancken beurtheilen. Ich verneine ja nicht: die Meditationes quaestionis zum Druck befordert zu haben; angesehen die negativa mich graviren und ein Indicium malae causae seyn würde. Ich verneine aber mit vollen Lippen: daß aus dem zugestandenen medio Termino: ich habe das Büchlein verfasset; diese Conclusiones: E. stehen darinnen meine eigene Grund-Lehren entdecket, die ich für orthodoxische Warheit, mit meinem Hertzen und Munde bejahe. E. bin ich ein Spinosista, & Atheista incarnatus. E. solte man mit mir eine Vaninische Tragödie spielen, und zum Scheiterhauffen eine Promenade machen etc.; mit einer bonne grace heraus gelocket werden können. Sie sind und bleiben vielmehr unbündige Raisonnemens: die den Strich der einfältigsten Logic nicht aushalten, und gegen die gesunde Vernunfft auch den Sensum Communem anstossen.

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[278/0294] schiedene subtile Männer nicht unbillig geschlossen: es könne keine ärgere Pest vor die Republiquen erdacht werden als der Aberglauben; Und da aus diesem Mord und Todtschlag, mit allem nur ersinnlichen Unglück herstamme: so schade der Atheismus dem gemeinen Wesen lange nicht so sehr; weil die Leute, welche mit demselben behafftet, mehr dahin sehen was andere thäten, als was sie glaubten. 3) Würde es mir, wann nach der Methode: wie mit meiner Schrifft und Person verfahren worden; ich die Bücher und Disputationes vornehmer und kluger Gelehrten durchsieben und ausmertzen wolte: eine anmuthige Spiel-Arbeit seyn; aus solchen, eine considerable Anzahl anstößlicher und verdächtiger Satz-Reden zu sortiren und ihre Schutz-Herren, wie gefährliche Gifft-Mischer, bey dem Inquisitions-Tribunal zu deferiren. Ich gehe weiter und soutenire mit einer freymüthigen Stirne; daß wann zuläßig und verantwortlich: recht und billig es ist: die in Schrifften vorkommende Reden und Passages, aus ihrer natürlichen Verbindung und gehörigem Lager zu derangiren: selbigen, einen sensum intentioni scribentis & loquentis contrarium anzuhefften: und der sinceren Verdollmetschung ihrer Autorum die Geburth fremder Interpretum vorzuziehen: daß keine difficultäten es geben würde, den weisen Salomon, erleuchteten Paulum, nebst den übrigen Rüstzeugen GOttes, in Ertzketzere und Atheisten zu verwandeln; daß aus der Betrachtung, ein freydenckender und schreibender Journalist überaus wohl argumentiret: keine Praecipitantz sey gottloser, als die Menschen nicht aus ihren Worten, sondern aus ihren heimlichen Gedancken beurtheilen. Ich verneine ja nicht: die Meditationes quaestionis zum Druck befordert zu haben; angesehen die negativa mich graviren und ein Indicium malae causae seyn würde. Ich verneine aber mit vollen Lippen: daß aus dem zugestandenen medio Termino: ich habe das Büchlein verfasset; diese Conclusiones: E. stehen darinnen meine eigene Grund-Lehren entdecket, die ich für orthodoxische Warheit, mit meinem Hertzen und Munde bejahe. E. bin ich ein Spinosista, & Atheista incarnatus. E. solte man mit mir eine Vaninische Tragödie spielen, und zum Scheiterhauffen eine Promenade machen etc.; mit einer bonne grace heraus gelocket werden können. Sie sind und bleiben vielmehr unbündige Raisonnemens: die den Strich der einfältigsten Logic nicht aushalten, und gegen die gesunde Vernunfft auch den Sensum Communem anstossen.

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/294>, abgerufen am 22.11.2024.