Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

allbereit oben bey dem 12. Handel §. 3. gemeldeten contralection, und gedachten nicht alleine in praemissis unsers Urtheils dieses absonderlichen fasciculi, und daß darinnen die an Uns verfertigte Urtheils-Frage enthalten gewesen, mit Nahmen, sondern wir erinnerten auch in fine des Urtheils, daß dieses Concept zuförderst zu denen Actis inquisitionalibus gebracht werden solle, ja wir excerpirten über dieses in denen rationibus dubitandi seine vornehmsten gravamina wieder die inquisiten, und den Amtmann nebst dem Prediger, und beantworteten dieselbe in denen rationibus decidendi. Ja man hielte sich in refutirung dieser des Commissarii gemachten gravaminum länger auff, weil der defensor die in vorigen §. specificirten indicia wieder die delinquenten sehr deutlich und gründlich allbereit wiederleget hatte, diejenigen aber, die in der Urtheils-Frage enthalten waren, nicht hatte refutiren können, weil man Ihm dieselbe nicht communiciret hatte; und wir also sonst nothwendig auff ein interlocut hätten fallen müssen, den defensorem über diese des Commissarii neu angebrachte Klag-Momenta zuförderst zu hören, wenn man dieselben wichtig zu seyn befunden hätte.

Das von uns gesprochene Urtheil.

§. IV. Nach Erwegung dieser bißhero erzehlten Umstände kan nun ein unpartheyischer Leser unser allhier beygedrucktes Urtheil mit Bedacht lesen und überlegen, ob wir bey diesem gleichwohl zweiffelhafften und etwas verwirrten Handel das rechte Pflöckgen getroffen, oder, wenn er nicht unserer Meinung ist, sich selber über den Handel machen, und unser mense Majo 1694. gesprochenes Urtheil pro lubitu verbessern oder verschlimmern.

P. P. Seynd Esaias und Johanna Christina in Verdacht, daß Sie Marien Elisabeth Ihre Schwester gewaltsamer Weise ertödtet, geben aber beständig vor, daß besagte Maria Elisabeth sich selber auff dem Heuboden erhänget hätte. Ob nun wohl besage der Registratur Fol. 1. ein allgemeiner Ruff entstanden, ob habe Esaias seine Schwester umgebracht, und bey Wiederauffgrabung und Besichtigung des Cörpers der Medicus fol. 15. dafür gehalten, daß, weil die Hände gebunden, und an dem Halß ein wenig Haut abgezogen gewesen, die Todte sich nicht selbst erhangen, auch sonsten bey der Besichtigung dict. fol. 15. hin und wieder an dem Cörper andre indicia gelittener Gewalt zu befinden gewesen; Ferner Inquisit Esaias etliche Stunden zuvor, der Todten ein paar Ohrfeigen gegeben, die Entleibte auch zu erst gefunden haben will, zu Johannen Christinen in die Küche kommen, einen Strick in der Hand gehabt, und zu ihr gesaget: Er habe seine Schwester von dem Stricke abgelöfet: beyde Inquisiten hier auff ohne Beyruffung anderer Personen, die Todte allein von den Boden herunter getragen, die Erhenckung verschwiegen, auch Esaias Johannen Christinen instruiret, daß sie seinen mit der Getödteten vorgehabten Zanck, und daß sich die selbe selbsten gehencket,

allbereit oben bey dem 12. Handel §. 3. gemeldeten contralection, und gedachten nicht alleine in praemissis unsers Urtheils dieses absonderlichen fasciculi, und daß darinnen die an Uns verfertigte Urtheils-Frage enthalten gewesen, mit Nahmen, sondern wir erinnerten auch in fine des Urtheils, daß dieses Concept zuförderst zu denen Actis inquisitionalibus gebracht werden solle, ja wir excerpirten über dieses in denen rationibus dubitandi seine vornehmsten gravamina wieder die inquisiten, und den Amtmann nebst dem Prediger, und beantworteten dieselbe in denen rationibus decidendi. Ja man hielte sich in refutirung dieser des Commissarii gemachten gravaminum länger auff, weil der defensor die in vorigen §. specificirten indicia wieder die delinquenten sehr deutlich und gründlich allbereit wiederleget hatte, diejenigen aber, die in der Urtheils-Frage enthalten waren, nicht hatte refutiren können, weil man Ihm dieselbe nicht communiciret hatte; und wir also sonst nothwendig auff ein interlocut hätten fallen müssen, den defensorem über diese des Commissarii neu angebrachte Klag-Momenta zuförderst zu hören, wenn man dieselben wichtig zu seyn befunden hätte.

Das von uns gesprochene Urtheil.

§. IV. Nach Erwegung dieser bißhero erzehlten Umstände kan nun ein unpartheyischer Leser unser allhier beygedrucktes Urtheil mit Bedacht lesen und überlegen, ob wir bey diesem gleichwohl zweiffelhafften und etwas verwirrten Handel das rechte Pflöckgen getroffen, oder, wenn er nicht unserer Meinung ist, sich selber über den Handel machen, und unser mense Majo 1694. gesprochenes Urtheil pro lubitu verbessern oder verschlimmern.

P. P. Seynd Esaias und Johanna Christina in Verdacht, daß Sie Marien Elisabeth Ihre Schwester gewaltsamer Weise ertödtet, geben aber beständig vor, daß besagte Maria Elisabeth sich selber auff dem Heuboden erhänget hätte. Ob nun wohl besage der Registratur Fol. 1. ein allgemeiner Ruff entstanden, ob habe Esaias seine Schwester umgebracht, und bey Wiederauffgrabung und Besichtigung des Cörpers der Medicus fol. 15. dafür gehalten, daß, weil die Hände gebunden, und an dem Halß ein wenig Haut abgezogen gewesen, die Todte sich nicht selbst erhangen, auch sonsten bey der Besichtigung dict. fol. 15. hin und wieder an dem Cörper andre indicia gelittener Gewalt zu befinden gewesen; Ferner Inquisit Esaias etliche Stunden zuvor, der Todten ein paar Ohrfeigen gegeben, die Entleibte auch zu erst gefunden haben will, zu Johannen Christinen in die Küche kommen, einen Strick in der Hand gehabt, und zu ihr gesaget: Er habe seine Schwester von dem Stricke abgelöfet: beyde Inquisiten hier auff ohne Beyruffung anderer Personen, die Todte allein von den Boden herunter getragen, die Erhenckung verschwiegen, auch Esaias Johannen Christinen instruiret, daß sie seinen mit der Getödteten vorgehabten Zanck, und daß sich die selbe selbsten gehencket,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0204" n="188"/>
allbereit oben bey dem 12. Handel §. 3.                      gemeldeten contralection, und gedachten nicht alleine in praemissis unsers                      Urtheils dieses absonderlichen fasciculi, und daß darinnen die an Uns                      verfertigte Urtheils-Frage enthalten gewesen, mit Nahmen, sondern wir erinnerten                      auch in fine des Urtheils, daß dieses Concept zuförderst zu denen Actis                      inquisitionalibus gebracht werden solle, ja wir excerpirten über dieses in denen                      rationibus dubitandi seine vornehmsten gravamina wieder die inquisiten, und den                      Amtmann nebst dem Prediger, und beantworteten dieselbe in denen rationibus                      decidendi. Ja man hielte sich in refutirung dieser des Commissarii gemachten                      gravaminum länger auff, weil der defensor die in vorigen §. specificirten                      indicia wieder die delinquenten sehr deutlich und gründlich allbereit                      wiederleget hatte, diejenigen aber, die in der Urtheils-Frage enthalten waren,                      nicht hatte refutiren können, weil man Ihm dieselbe nicht communiciret hatte;                      und wir also sonst nothwendig auff ein interlocut hätten fallen müssen, den                      defensorem über diese des Commissarii neu angebrachte Klag-Momenta zuförderst zu                      hören, wenn man dieselben wichtig zu seyn befunden hätte.</p>
        <note place="left">Das von uns gesprochene Urtheil.</note>
        <p>§. IV. Nach Erwegung dieser bißhero erzehlten Umstände kan nun ein                      unpartheyischer Leser unser allhier beygedrucktes Urtheil mit Bedacht lesen und                      überlegen, ob wir bey diesem gleichwohl zweiffelhafften und etwas verwirrten                      Handel das rechte Pflöckgen getroffen, oder, wenn er nicht unserer Meinung ist,                      sich selber über den Handel machen, und unser mense Majo 1694. gesprochenes                      Urtheil pro lubitu verbessern oder verschlimmern.</p>
        <p>P. P. Seynd Esaias und Johanna Christina in Verdacht, daß Sie Marien Elisabeth                      Ihre Schwester gewaltsamer Weise ertödtet, geben aber beständig vor, daß besagte                      Maria Elisabeth sich selber auff dem Heuboden erhänget hätte. Ob nun wohl besage                      der Registratur Fol. 1. ein allgemeiner Ruff entstanden, ob habe Esaias seine                      Schwester umgebracht, und bey Wiederauffgrabung und Besichtigung des Cörpers der                      Medicus fol. 15. dafür gehalten, daß, weil die Hände gebunden, und an dem Halß                      ein wenig Haut abgezogen gewesen, die Todte sich nicht selbst erhangen, auch                      sonsten bey der Besichtigung dict. fol. 15. hin und wieder an dem Cörper andre                      indicia gelittener Gewalt zu befinden gewesen; Ferner Inquisit Esaias etliche                      Stunden zuvor, der Todten ein paar Ohrfeigen gegeben, die Entleibte auch zu erst                      gefunden haben will, zu Johannen Christinen in die Küche kommen, einen Strick in                      der Hand gehabt, und zu ihr gesaget: Er habe seine Schwester von dem Stricke                      abgelöfet: beyde Inquisiten hier auff ohne Beyruffung anderer Personen, die                      Todte allein von den Boden herunter getragen, die Erhenckung verschwiegen, auch                      Esaias Johannen Christinen instruiret, daß sie seinen mit der Getödteten                      vorgehabten Zanck, und daß sich die selbe selbsten gehencket,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0204] allbereit oben bey dem 12. Handel §. 3. gemeldeten contralection, und gedachten nicht alleine in praemissis unsers Urtheils dieses absonderlichen fasciculi, und daß darinnen die an Uns verfertigte Urtheils-Frage enthalten gewesen, mit Nahmen, sondern wir erinnerten auch in fine des Urtheils, daß dieses Concept zuförderst zu denen Actis inquisitionalibus gebracht werden solle, ja wir excerpirten über dieses in denen rationibus dubitandi seine vornehmsten gravamina wieder die inquisiten, und den Amtmann nebst dem Prediger, und beantworteten dieselbe in denen rationibus decidendi. Ja man hielte sich in refutirung dieser des Commissarii gemachten gravaminum länger auff, weil der defensor die in vorigen §. specificirten indicia wieder die delinquenten sehr deutlich und gründlich allbereit wiederleget hatte, diejenigen aber, die in der Urtheils-Frage enthalten waren, nicht hatte refutiren können, weil man Ihm dieselbe nicht communiciret hatte; und wir also sonst nothwendig auff ein interlocut hätten fallen müssen, den defensorem über diese des Commissarii neu angebrachte Klag-Momenta zuförderst zu hören, wenn man dieselben wichtig zu seyn befunden hätte. §. IV. Nach Erwegung dieser bißhero erzehlten Umstände kan nun ein unpartheyischer Leser unser allhier beygedrucktes Urtheil mit Bedacht lesen und überlegen, ob wir bey diesem gleichwohl zweiffelhafften und etwas verwirrten Handel das rechte Pflöckgen getroffen, oder, wenn er nicht unserer Meinung ist, sich selber über den Handel machen, und unser mense Majo 1694. gesprochenes Urtheil pro lubitu verbessern oder verschlimmern. P. P. Seynd Esaias und Johanna Christina in Verdacht, daß Sie Marien Elisabeth Ihre Schwester gewaltsamer Weise ertödtet, geben aber beständig vor, daß besagte Maria Elisabeth sich selber auff dem Heuboden erhänget hätte. Ob nun wohl besage der Registratur Fol. 1. ein allgemeiner Ruff entstanden, ob habe Esaias seine Schwester umgebracht, und bey Wiederauffgrabung und Besichtigung des Cörpers der Medicus fol. 15. dafür gehalten, daß, weil die Hände gebunden, und an dem Halß ein wenig Haut abgezogen gewesen, die Todte sich nicht selbst erhangen, auch sonsten bey der Besichtigung dict. fol. 15. hin und wieder an dem Cörper andre indicia gelittener Gewalt zu befinden gewesen; Ferner Inquisit Esaias etliche Stunden zuvor, der Todten ein paar Ohrfeigen gegeben, die Entleibte auch zu erst gefunden haben will, zu Johannen Christinen in die Küche kommen, einen Strick in der Hand gehabt, und zu ihr gesaget: Er habe seine Schwester von dem Stricke abgelöfet: beyde Inquisiten hier auff ohne Beyruffung anderer Personen, die Todte allein von den Boden herunter getragen, die Erhenckung verschwiegen, auch Esaias Johannen Christinen instruiret, daß sie seinen mit der Getödteten vorgehabten Zanck, und daß sich die selbe selbsten gehencket,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/204
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/204>, abgerufen am 23.11.2024.