Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

aus obigen Ursachen sich zu hüten, daß Sie von Ihren Bedienten, zu der Zeit, wenn Sie truncken sind, dergleichen Juristische Dinge sich nicht abschwatzen lassen.

Exempel eines unförmlichen Attestats.

§. II. Und zu diesen letzten Fall referire ich nicht ohne Ursache gegenwärtiges Attestat, welches ein sehr vornehmer und berühmter Reichs-Stand einem seiner Unterthanen ertheilet hatte, und das ich Anno 1695. mense Januario bey gewissen Inquisitions-Acten wieder Hans Adam M. wegen einer stuprirten Weibes-Person antraff, indem der Herr Graff, der das Attestatum gegeben hatte, sonsten, und wenn er nüchtern war, für einen klugen und sehr vernünfftigen Herrn passirte, und folglich zu Ausfertigung oder Unterschreibung dieses Attestats bey grosser Trunckenheit muste seyn gebracht worden. Das Attestat lautet also:

Demnach Uns der erbahre junge Geselle Hans Adam M. Rothgerber allhier um ein glaubwürdiges Attestat in Unterthänigkeit angelanget; Als haben wir solches Ihm nicht verweigern können. Attestiren hierbey, aus obrigkeitlicher Macht; daß, so lange er unser Unterthan ist, Wir von Ihm nichts unrechts gehöret haben. Weilen aber anietzo in Schwängerungs-Sachen mit Christina S. mit Ihm was vorgegangen seyn soll (Uns aber unwissend). Als sagen wir so weit, daß er nicht Thäter zu dem Wercke sey, sondern drey andre Personen, als ein Corporal, ein Gärtner, welcher in meinen Diensten sich befunden, und ein Strumpffstricker-Geselle, welcher durchgegangen', auch von Ihme schwanger worden, sich zu solchen Sachen gefunden, da Sie gerne diesen Hans Adam, welcher zwey mahl da gewesen, nicht in Unehren, Sie gerne wolle zur Ehe haben, wegen Reichthums halben, damit die andern möchten durchschlüppern. Und so weit ist mein Attestat.

(L. S.) Graff X. Y. Z.

IX. Handel. Original von einem tummen Zungen-Drescher.
§. I.
Anmerckungen von Zungendre-

ES ist wahr, daß die Advocaten nach dem ietzigen Zustande des Teutschen Rechts und der darinnen eingeführten Gerichts-Processe, unentbehrlich sind, und daß ein ehrlicher und auffrichtiger iedoch vernünfftiger Advocate nicht alleine ein grosses

aus obigen Ursachen sich zu hüten, daß Sie von Ihren Bedienten, zu der Zeit, wenn Sie truncken sind, dergleichen Juristische Dinge sich nicht abschwatzen lassen.

Exempel eines unförmlichen Attestats.

§. II. Und zu diesen letzten Fall referire ich nicht ohne Ursache gegenwärtiges Attestat, welches ein sehr vornehmer und berühmter Reichs-Stand einem seiner Unterthanen ertheilet hatte, und das ich Anno 1695. mense Januario bey gewissen Inquisitions-Acten wieder Hans Adam M. wegen einer stuprirten Weibes-Person antraff, indem der Herr Graff, der das Attestatum gegeben hatte, sonsten, und wenn er nüchtern war, für einen klugen und sehr vernünfftigen Herrn passirte, und folglich zu Ausfertigung oder Unterschreibung dieses Attestats bey grosser Trunckenheit muste seyn gebracht worden. Das Attestat lautet also:

Demnach Uns der erbahre junge Geselle Hans Adam M. Rothgerber allhier um ein glaubwürdiges Attestat in Unterthänigkeit angelanget; Als haben wir solches Ihm nicht verweigern können. Attestiren hierbey, aus obrigkeitlicher Macht; daß, so lange er unser Unterthan ist, Wir von Ihm nichts unrechts gehöret haben. Weilen aber anietzo in Schwängerungs-Sachen mit Christina S. mit Ihm was vorgegangen seyn soll (Uns aber unwissend). Als sagen wir so weit, daß er nicht Thäter zu dem Wercke sey, sondern drey andre Personen, als ein Corporal, ein Gärtner, welcher in meinen Diensten sich befunden, und ein Strumpffstricker-Geselle, welcher durchgegangen', auch von Ihme schwanger worden, sich zu solchen Sachen gefunden, da Sie gerne diesen Hans Adam, welcher zwey mahl da gewesen, nicht in Unehren, Sie gerne wolle zur Ehe haben, wegen Reichthums halben, damit die andern möchten durchschlüppern. Und so weit ist mein Attestat.

(L. S.) Graff X. Y. Z.

IX. Handel. Original von einem tummen Zungen-Drescher.
§. I.
Anmerckungen von Zungendre-

ES ist wahr, daß die Advocaten nach dem ietzigen Zustande des Teutschen Rechts und der darinnen eingeführten Gerichts-Processe, unentbehrlich sind, und daß ein ehrlicher und auffrichtiger iedoch vernünfftiger Advocate nicht alleine ein grosses

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0176" n="160"/>
aus obigen Ursachen sich zu hüten, daß Sie von Ihren Bedienten, zu                      der Zeit, wenn Sie truncken sind, dergleichen Juristische Dinge sich nicht                      abschwatzen lassen.</p>
        <note place="left">Exempel eines unförmlichen <hi rendition="#i">Attestats.</hi></note>
        <p>§. II. Und zu diesen letzten Fall referire ich nicht ohne Ursache gegenwärtiges                      Attestat, welches ein sehr vornehmer und berühmter Reichs-Stand einem seiner                      Unterthanen ertheilet hatte, und das ich Anno 1695. mense Januario bey gewissen                      Inquisitions-Acten wieder Hans Adam M. wegen einer stuprirten Weibes-Person                      antraff, indem der Herr Graff, der das Attestatum gegeben hatte, sonsten, und                      wenn er nüchtern war, für einen klugen und sehr vernünfftigen Herrn passirte,                      und folglich zu Ausfertigung oder Unterschreibung dieses Attestats bey grosser                      Trunckenheit muste seyn gebracht worden. Das Attestat lautet also:</p>
        <p>Demnach Uns der erbahre junge Geselle Hans Adam M. Rothgerber allhier um ein                      glaubwürdiges Attestat in Unterthänigkeit angelanget; Als haben wir solches Ihm                      nicht verweigern können. Attestiren hierbey, aus obrigkeitlicher Macht; daß, so                      lange er unser Unterthan ist, Wir von Ihm nichts unrechts gehöret haben. Weilen                      aber anietzo in Schwängerungs-Sachen mit Christina S. mit Ihm was vorgegangen                      seyn soll (Uns aber unwissend). Als sagen wir so weit, daß er nicht Thäter zu                      dem Wercke sey, sondern drey andre Personen, als ein Corporal, ein Gärtner,                      welcher in meinen Diensten sich befunden, und ein Strumpffstricker-Geselle,                      welcher durchgegangen', auch von Ihme schwanger worden, sich zu solchen Sachen                      gefunden, da Sie gerne diesen Hans Adam, welcher zwey mahl da gewesen, nicht in                      Unehren, Sie gerne wolle zur Ehe haben, wegen Reichthums halben, damit die                      andern möchten durchschlüppern. Und so weit ist mein Attestat.</p>
        <p>(L. S.) Graff X. Y. Z.</p>
      </div>
      <div>
        <head>IX. Handel. Original von einem tummen Zungen-Drescher.</head><lb/>
      </div>
      <div>
        <head>§. I.</head><lb/>
        <note place="left">Anmerckungen von Zungendre-</note>
        <p>ES ist wahr, daß die Advocaten nach dem ietzigen Zustande des Teutschen Rechts                      und der darinnen eingeführten Gerichts-Processe, unentbehrlich sind, und daß ein                      ehrlicher und auffrichtiger iedoch vernünfftiger Advocate nicht alleine ein                      grosses
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0176] aus obigen Ursachen sich zu hüten, daß Sie von Ihren Bedienten, zu der Zeit, wenn Sie truncken sind, dergleichen Juristische Dinge sich nicht abschwatzen lassen. §. II. Und zu diesen letzten Fall referire ich nicht ohne Ursache gegenwärtiges Attestat, welches ein sehr vornehmer und berühmter Reichs-Stand einem seiner Unterthanen ertheilet hatte, und das ich Anno 1695. mense Januario bey gewissen Inquisitions-Acten wieder Hans Adam M. wegen einer stuprirten Weibes-Person antraff, indem der Herr Graff, der das Attestatum gegeben hatte, sonsten, und wenn er nüchtern war, für einen klugen und sehr vernünfftigen Herrn passirte, und folglich zu Ausfertigung oder Unterschreibung dieses Attestats bey grosser Trunckenheit muste seyn gebracht worden. Das Attestat lautet also: Demnach Uns der erbahre junge Geselle Hans Adam M. Rothgerber allhier um ein glaubwürdiges Attestat in Unterthänigkeit angelanget; Als haben wir solches Ihm nicht verweigern können. Attestiren hierbey, aus obrigkeitlicher Macht; daß, so lange er unser Unterthan ist, Wir von Ihm nichts unrechts gehöret haben. Weilen aber anietzo in Schwängerungs-Sachen mit Christina S. mit Ihm was vorgegangen seyn soll (Uns aber unwissend). Als sagen wir so weit, daß er nicht Thäter zu dem Wercke sey, sondern drey andre Personen, als ein Corporal, ein Gärtner, welcher in meinen Diensten sich befunden, und ein Strumpffstricker-Geselle, welcher durchgegangen', auch von Ihme schwanger worden, sich zu solchen Sachen gefunden, da Sie gerne diesen Hans Adam, welcher zwey mahl da gewesen, nicht in Unehren, Sie gerne wolle zur Ehe haben, wegen Reichthums halben, damit die andern möchten durchschlüppern. Und so weit ist mein Attestat. (L. S.) Graff X. Y. Z. IX. Handel. Original von einem tummen Zungen-Drescher. §. I. ES ist wahr, daß die Advocaten nach dem ietzigen Zustande des Teutschen Rechts und der darinnen eingeführten Gerichts-Processe, unentbehrlich sind, und daß ein ehrlicher und auffrichtiger iedoch vernünfftiger Advocate nicht alleine ein grosses

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/176
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/176>, abgerufen am 22.12.2024.