Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.legium ad plena acta gesprochen: Daß D. Johann dasjenige, so er in der mit seinem Eheweibe auffgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todesfall verordnet, zu wiederruffen wohl befugt, dessen übriges Suchen aber hat nicht statt. Als aber beyde Partheyen wieder dieses Urtheil Leuterung eingewendet hatten, und die Acta an unsere Facultät geschickt wurden, hat dieselbe folgender Weise erkant: Daß es beyderseits eingewendeter Leuterung unerachtet, bey vorigen Urtheil billig verbleibe, jedoch, so viel D. Johannis Leuterung betrifft, mit dieser Erklärung, daß, weil er das jenige, so er in der mit seinem Ehe-Weibe aufgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todes-Fall geordnet, zu wiederruffen befugt, er auch nicht schuldig zu achten, die in besagter Ehestifftung geschehene renunciationem ususfructus in bonis uxoris zu halten, sondern er bedienet sich solches ususfructus nach gemeinen Rechten billig. Und ist die in gemeldten Urtheil angehengte Clausul, daß dessen übriges Suchen nicht statt habe, von der von Ihm gesuchten Wiederausantwortung der Ehestifftung act fol. 18. ingleichen von der delatione juramenti fol. 47. welcher Bekl. fol. 58. contradiciret, wie nicht weniger von der durch Ihn vel approbando begehrten separation a thoro & mensa zu verstehen, etc. Was nach diesen Urtheil weiter fürgegangen, davon kan ich ferner nichts sagen. VII. Handel. Wie man sich zu verhalten habe, wenn man injuriret worden, und nicht weiß, von wem? §. I. Kurtze iedoch juristi sche Beantwortung dieser Frage. ES hatte einsmahls ein gewisser Mensch (vermuthlich bey Nacht oder in einem Tumult) eine Ohrfeige bekommen, und wuste nicht, von wem. Ob Ihm nun wohl die kleinen Kinder auff der Gasse, geschweige denn vernünfftige und Rechtsgelehrte Leute würden gerathen haben, er solle kein Wesen von dieser Maulschelle machen, sondern er würde am klügsten thun, wenn er dieselbe in Gedult verschmertzte, sie einsteckte und stilleschwiege, weil er von niemand satisfaction nehmen oder begehren könte, indem er nicht wüste, wen er verklagen, und von Ihm satisfaction begehren solte: so wolte doch der Mensch diesen legium ad plena acta gesprochen: Daß D. Johann dasjenige, so er in der mit seinem Eheweibe auffgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todesfall verordnet, zu wiederruffen wohl befugt, dessen übriges Suchen aber hat nicht statt. Als aber beyde Partheyen wieder dieses Urtheil Leuterung eingewendet hatten, und die Acta an unsere Facultät geschickt wurden, hat dieselbe folgender Weise erkant: Daß es beyderseits eingewendeter Leuterung unerachtet, bey vorigen Urtheil billig verbleibe, jedoch, so viel D. Johannis Leuterung betrifft, mit dieser Erklärung, daß, weil er das jenige, so er in der mit seinem Ehe-Weibe aufgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todes-Fall geordnet, zu wiederruffen befugt, er auch nicht schuldig zu achten, die in besagter Ehestifftung geschehene renunciationem ususfructus in bonis uxoris zu halten, sondern er bedienet sich solches ususfructus nach gemeinen Rechten billig. Und ist die in gemeldten Urtheil angehengte Clausul, daß dessen übriges Suchen nicht statt habe, von der von Ihm gesuchten Wiederausantwortung der Ehestifftung act fol. 18. ingleichen von der delatione juramenti fol. 47. welcher Bekl. fol. 58. contradiciret, wie nicht weniger von der durch Ihn vel approbando begehrten separation a thoro & mensa zu verstehen, etc. Was nach diesen Urtheil weiter fürgegangen, davon kan ich ferner nichts sagen. VII. Handel. Wie man sich zu verhalten habe, wenn man injuriret worden, und nicht weiß, von wem? §. I. Kurtze iedoch juristi sche Beantwortung dieser Frage. ES hatte einsmahls ein gewisser Mensch (vermuthlich bey Nacht oder in einem Tumult) eine Ohrfeige bekommen, und wuste nicht, von wem. Ob Ihm nun wohl die kleinen Kinder auff der Gasse, geschweige denn vernünfftige und Rechtsgelehrte Leute würden gerathen haben, er solle kein Wesen von dieser Maulschelle machen, sondern er würde am klügsten thun, wenn er dieselbe in Gedult verschmertzte, sie einsteckte und stilleschwiege, weil er von niemand satisfaction nehmen oder begehren könte, indem er nicht wüste, wen er verklagen, und von Ihm satisfaction begehren solte: so wolte doch der Mensch diesen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0168" n="152"/> legium ad plena acta gesprochen: Daß D. Johann dasjenige, so er in der mit seinem Eheweibe auffgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todesfall verordnet, zu wiederruffen wohl befugt, dessen übriges Suchen aber hat nicht statt. 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Und ist die in gemeldten Urtheil angehengte Clausul, daß dessen übriges Suchen nicht statt habe, von der von Ihm gesuchten Wiederausantwortung der Ehestifftung act fol. 18. ingleichen von der delatione juramenti fol. 47. welcher Bekl. fol. 58. contradiciret, wie nicht weniger von der durch Ihn vel approbando begehrten separation a thoro & mensa zu verstehen, etc. Was nach diesen Urtheil weiter fürgegangen, davon kan ich ferner nichts sagen.</p> </div> <div> <head>VII. Handel. Wie man sich zu verhalten habe, wenn man injuriret worden, und nicht weiß, von wem?</head><lb/> </div> <div> <head>§. I.</head><lb/> <note place="left">Kurtze iedoch <hi rendition="#i">juristi</hi> sche Beantwortung dieser Frage.</note> <p>ES hatte einsmahls ein gewisser Mensch (vermuthlich bey Nacht oder in einem Tumult) eine Ohrfeige bekommen, und wuste nicht, von wem. 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legium ad plena acta gesprochen: Daß D. Johann dasjenige, so er in der mit seinem Eheweibe auffgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todesfall verordnet, zu wiederruffen wohl befugt, dessen übriges Suchen aber hat nicht statt. Als aber beyde Partheyen wieder dieses Urtheil Leuterung eingewendet hatten, und die Acta an unsere Facultät geschickt wurden, hat dieselbe folgender Weise erkant: Daß es beyderseits eingewendeter Leuterung unerachtet, bey vorigen Urtheil billig verbleibe, jedoch, so viel D. Johannis Leuterung betrifft, mit dieser Erklärung, daß, weil er das jenige, so er in der mit seinem Ehe-Weibe aufgerichteten Ehestifftung derselben auff seinen Todes-Fall geordnet, zu wiederruffen befugt, er auch nicht schuldig zu achten, die in besagter Ehestifftung geschehene renunciationem ususfructus in bonis uxoris zu halten, sondern er bedienet sich solches ususfructus nach gemeinen Rechten billig. Und ist die in gemeldten Urtheil angehengte Clausul, daß dessen übriges Suchen nicht statt habe, von der von Ihm gesuchten Wiederausantwortung der Ehestifftung act fol. 18. ingleichen von der delatione juramenti fol. 47. welcher Bekl. fol. 58. contradiciret, wie nicht weniger von der durch Ihn vel approbando begehrten separation a thoro & mensa zu verstehen, etc. Was nach diesen Urtheil weiter fürgegangen, davon kan ich ferner nichts sagen.
VII. Handel. Wie man sich zu verhalten habe, wenn man injuriret worden, und nicht weiß, von wem?
§. I.
ES hatte einsmahls ein gewisser Mensch (vermuthlich bey Nacht oder in einem Tumult) eine Ohrfeige bekommen, und wuste nicht, von wem. Ob Ihm nun wohl die kleinen Kinder auff der Gasse, geschweige denn vernünfftige und Rechtsgelehrte Leute würden gerathen haben, er solle kein Wesen von dieser Maulschelle machen, sondern er würde am klügsten thun, wenn er dieselbe in Gedult verschmertzte, sie einsteckte und stilleschwiege, weil er von niemand satisfaction nehmen oder begehren könte, indem er nicht wüste, wen er verklagen, und von Ihm satisfaction begehren solte: so wolte doch der Mensch diesen
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/168>, abgerufen am 16.02.2025. |