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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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gende nutzen wenig oder gar nichts.Partheyen andere injuriarum zu belangen befugt wären, so antworten wir nur auff das, was man uns gefragt. Man fragt uns aber niemahls, ob dem quaerenten zurathen oder ihm nützlich sey, daß er den andern injuriarum belange, und also darff er auch denen Collegiis nichts imputiren, wenn Sie ihn nicht gewarnet haben, denn die Collegia verstehen die Regul wohl, daß ungebetener Rath keinen Danck verdiene, sonst würden Sie, oder doch zum wenigsten etliche zur Antwort geben: In processibus injuriarum, lucramur nihil aut parum. Die Sache weitläuftiger hier auszuführen ist meines Vorhabens nicht, die tägliche Erfahrung bekräfftiget selbige, und wird in meiner Anno 1715. gehaltenen Disputation de Actione injuriarum, und was ich daraus in notis ad Lancelottum lib. 4. nota 407. excerpiret habe, gar vieles können genommen werden, daß diese Anmerckung bekräfftiget. Sprichst du: die injurie ist gar zu groß, ich kan sie nicht verschmertzen, denn der injuriante hat gesagt, es sey ein anderer Vater zu meinem Kinde. Laß es seyn: vielleicht hat er es nicht so böse gemeinet. Man lobet offt die Kinder unter diesen Formalien: Das ist ein liebes Kind: Es ist ein anderer Vater. Oder dencke an das, was ein gewisser Cavallier, der sich um die Juristischen Händel nicht bekümmerte, und ein Zeugniß ablegen solte, und der Actuarius bey denen interrogatoriis generalibus fragte: Ob Zeuge nicht des Titii Ehelicher Sohn sey? zur Antwort gabe: Die Mutter sprichts, der Vater glaubts, ein Narre fragt. Oder wenn du etwa selbst durch diese Reden einen Zweiffel überkömmst, brauche das remedium, das jener kluge Philosophus brauchte, der zu seiner Frau sagte: Er wolte 1000. Thlr drumb geben, wenn er nur gewiß versichert seyn könte, daß das Kind seine wäre. Die Frau, die einen guten natürlichen Verstand hatte, antwortete, diese Versicherung wolte Sie Ihm auch ohne Auszahlung eines einigen Thalers verschaffen, er solte Ihr nur erst sagen: Ob er denn nicht glaubte, daß das Kind Ihre wäre? und als der Mann antwortete, daß er daran den geringsten Zweiffel nicht hätte; sagte die Frau: Nun wohlan, weil dann das Kind meine ist, so will ich es euch hiermit geschencket haben. Und hiemit war der Scrupel völlig gehoben. Aber du willst nun durchaus klagen. Meinet halben. Bedencke aber wohl, wie lange wird der Process werden? wie viel wird er dich kosten? Gesetzt es wird für dich gesprochen, und der injuriante muß dir eine Christliche Abbitte thun, und wird noch dazu gestraft, werden deßhalben auch andre Leute, und sonderlich deine Feinde glauben, daß das Kind deine sey? Wie wenn du aber den Process tumm anfängest, tumm fortsetzest, und der injuriante also weder dir die Schmach-

gende nutzen wenig oder gar nichts.Partheyen andere injuriarum zu belangen befugt wären, so antworten wir nur auff das, was man uns gefragt. Man fragt uns aber niemahls, ob dem quaerenten zurathen oder ihm nützlich sey, daß er den andern injuriarum belange, und also darff er auch denen Collegiis nichts imputiren, wenn Sie ihn nicht gewarnet haben, denn die Collegia verstehen die Regul wohl, daß ungebetener Rath keinen Danck verdiene, sonst würden Sie, oder doch zum wenigsten etliche zur Antwort geben: In processibus injuriarum, lucramur nihil aut parum. Die Sache weitläuftiger hier auszuführen ist meines Vorhabens nicht, die tägliche Erfahrung bekräfftiget selbige, und wird in meiner Anno 1715. gehaltenen Disputation de Actione injuriarum, und was ich daraus in notis ad Lancelottum lib. 4. nota 407. excerpiret habe, gar vieles können genommen werden, daß diese Anmerckung bekräfftiget. Sprichst du: die injurie ist gar zu groß, ich kan sie nicht verschmertzen, denn der injuriante hat gesagt, es sey ein anderer Vater zu meinem Kinde. Laß es seyn: vielleicht hat er es nicht so böse gemeinet. Man lobet offt die Kinder unter diesen Formalien: Das ist ein liebes Kind: Es ist ein anderer Vater. Oder dencke an das, was ein gewisser Cavallier, der sich um die Juristischen Händel nicht bekümmerte, und ein Zeugniß ablegen solte, und der Actuarius bey denen interrogatoriis generalibus fragte: Ob Zeuge nicht des Titii Ehelicher Sohn sey? zur Antwort gabe: Die Mutter sprichts, der Vater glaubts, ein Narre fragt. Oder wenn du etwa selbst durch diese Reden einen Zweiffel überkömmst, brauche das remedium, das jener kluge Philosophus brauchte, der zu seiner Frau sagte: Er wolte 1000. Thlr drumb geben, wenn er nur gewiß versichert seyn könte, daß das Kind seine wäre. Die Frau, die einen guten natürlichen Verstand hatte, antwortete, diese Versicherung wolte Sie Ihm auch ohne Auszahlung eines einigen Thalers verschaffen, er solte Ihr nur erst sagen: Ob er denn nicht glaubte, daß das Kind Ihre wäre? und als der Mann antwortete, daß er daran den geringsten Zweiffel nicht hätte; sagte die Frau: Nun wohlan, weil dann das Kind meine ist, so will ich es euch hiermit geschencket haben. Und hiemit war der Scrupel völlig gehoben. Aber du willst nun durchaus klagen. Meinet halben. Bedencke aber wohl, wie lange wird der Process werden? wie viel wird er dich kosten? Gesetzt es wird für dich gesprochen, und der injuriante muß dir eine Christliche Abbitte thun, und wird noch dazu gestraft, werden deßhalben auch andre Leute, und sonderlich deine Feinde glauben, daß das Kind deine sey? Wie wenn du aber den Process tumm anfängest, tumm fortsetzest, und der injuriante also weder dir die Schmach-

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[132/0148] gende Partheyen andere injuriarum zu belangen befugt wären, so antworten wir nur auff das, was man uns gefragt. Man fragt uns aber niemahls, ob dem quaerenten zurathen oder ihm nützlich sey, daß er den andern injuriarum belange, und also darff er auch denen Collegiis nichts imputiren, wenn Sie ihn nicht gewarnet haben, denn die Collegia verstehen die Regul wohl, daß ungebetener Rath keinen Danck verdiene, sonst würden Sie, oder doch zum wenigsten etliche zur Antwort geben: In processibus injuriarum, lucramur nihil aut parum. Die Sache weitläuftiger hier auszuführen ist meines Vorhabens nicht, die tägliche Erfahrung bekräfftiget selbige, und wird in meiner Anno 1715. gehaltenen Disputation de Actione injuriarum, und was ich daraus in notis ad Lancelottum lib. 4. nota 407. excerpiret habe, gar vieles können genommen werden, daß diese Anmerckung bekräfftiget. Sprichst du: die injurie ist gar zu groß, ich kan sie nicht verschmertzen, denn der injuriante hat gesagt, es sey ein anderer Vater zu meinem Kinde. Laß es seyn: vielleicht hat er es nicht so böse gemeinet. Man lobet offt die Kinder unter diesen Formalien: Das ist ein liebes Kind: Es ist ein anderer Vater. Oder dencke an das, was ein gewisser Cavallier, der sich um die Juristischen Händel nicht bekümmerte, und ein Zeugniß ablegen solte, und der Actuarius bey denen interrogatoriis generalibus fragte: Ob Zeuge nicht des Titii Ehelicher Sohn sey? zur Antwort gabe: Die Mutter sprichts, der Vater glaubts, ein Narre fragt. Oder wenn du etwa selbst durch diese Reden einen Zweiffel überkömmst, brauche das remedium, das jener kluge Philosophus brauchte, der zu seiner Frau sagte: Er wolte 1000. Thlr drumb geben, wenn er nur gewiß versichert seyn könte, daß das Kind seine wäre. Die Frau, die einen guten natürlichen Verstand hatte, antwortete, diese Versicherung wolte Sie Ihm auch ohne Auszahlung eines einigen Thalers verschaffen, er solte Ihr nur erst sagen: Ob er denn nicht glaubte, daß das Kind Ihre wäre? und als der Mann antwortete, daß er daran den geringsten Zweiffel nicht hätte; sagte die Frau: Nun wohlan, weil dann das Kind meine ist, so will ich es euch hiermit geschencket haben. Und hiemit war der Scrupel völlig gehoben. Aber du willst nun durchaus klagen. Meinet halben. Bedencke aber wohl, wie lange wird der Process werden? wie viel wird er dich kosten? Gesetzt es wird für dich gesprochen, und der injuriante muß dir eine Christliche Abbitte thun, und wird noch dazu gestraft, werden deßhalben auch andre Leute, und sonderlich deine Feinde glauben, daß das Kind deine sey? Wie wenn du aber den Process tumm anfängest, tumm fortsetzest, und der injuriante also weder dir die Schmach- nutzen wenig oder gar nichts.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/148>, abgerufen am 24.11.2024.