Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.ten, ob nicht die edle Zeit und Unkosten, die Sie aufgewendet, Ihnen mehr Verdruß und Schaden verursacht, als Sie durch ein so genantes favorables definitiv-Urtheil zugesprochen wird; zu geschweigen der Leuterungen und appellationen, durch welche auch dieses gute definitiv-Urtheil kan etliche Jahre auffgehalten oder wohl gar geändert werden, und ist über dieses das allgemeine Sprichwort bekandt: in processibus injuriarum lucramur nihil aut parum &c. III. Handel. Die von der Inquisition absolvirte sind nicht allemahl befugt, sich an denen denuntianten zu erhohlen. §. I. MAn muß von einem extremo nicht auf das andre fallen. Es istEtliche hieher gehörige praeliminar-Anmerckungen. wahr, die delatores und Angeber in peinlichen Sachen sind öffters boßhafftige falsche Leute, denen wenig Glauben beyzumessen, und gehören dannenhero genungsame indicia nebst dem corpore delicti darzu, daß eine inquisition rechtmäßiger weise statt habe; Aber deßwegen folget es nicht, daß alle denuntiationes nebst dem inquisitions-Process wegen des öffteren Mißbrauchs alsbald abzuschaffen, und der accusations-Process wieder einzuführen wäre; oder daß, wenn ein denunciant keine gnungsame indicia anzugeben weiß und der denuntiat wird absolviret, der denuntiant deßwegen Straffe verdiene, oder denuntiato sonsten satisfaction zu geben schuldig sey. In Engelland zum Exempel weis man von keinem inquisitionsprocess, sondern es muß auch peinlich Beklagter durch Zeugen oder sonst gebührend convinciret werden, und dennoch ist von gelehrten Männern angemercket worden, daß öffters die falschen Zeugen daselbst so gefährlich seyn, als bey dem inquisitions-process die in vorigen Handel angemerckten Mißbräuche. Hiernechst so kan ein einfältiger Mensch dasjenige denunciren, was er nur alleine gesehen hat, und kan doch keine genungsame indicia angeben, oder (nach Anleitung dessen, was oben bey dem ersten Handel §. 7. p. 19. angemerckt worden) aus Ungezogenheit in seiner Aussage vagiren, und sich dadurch ten, ob nicht die edle Zeit und Unkosten, die Sie aufgewendet, Ihnen mehr Verdruß und Schaden verursacht, als Sie durch ein so genantes favorables definitiv-Urtheil zugesprochen wird; zu geschweigen der Leuterungen und appellationen, durch welche auch dieses gute definitiv-Urtheil kan etliche Jahre auffgehalten oder wohl gar geändert werden, und ist über dieses das allgemeine Sprichwort bekandt: in processibus injuriarum lucramur nihil aut parum &c. III. Handel. Die von der Inquisition absolvirte sind nicht allemahl befugt, sich an denen denuntianten zu erhohlen. §. I. MAn muß von einem extremo nicht auf das andre fallen. Es istEtliche hieher gehörige praeliminar-Anmerckungen. wahr, die delatores und Angeber in peinlichen Sachen sind öffters boßhafftige falsche Leute, denen wenig Glauben beyzumessen, und gehören dannenhero genungsame indicia nebst dem corpore delicti darzu, daß eine inquisition rechtmäßiger weise statt habe; Aber deßwegen folget es nicht, daß alle denuntiationes nebst dem inquisitions-Process wegen des öffteren Mißbrauchs alsbald abzuschaffen, und der accusations-Process wieder einzuführen wäre; oder daß, wenn ein denunciant keine gnungsame indicia anzugeben weiß und der denuntiat wird absolviret, der denuntiant deßwegen Straffe verdiene, oder denuntiato sonsten satisfaction zu geben schuldig sey. In Engelland zum Exempel weis man von keinem inquisitionsprocess, sondern es muß auch peinlich Beklagter durch Zeugen oder sonst gebührend convinciret werden, und dennoch ist von gelehrten Männern angemercket worden, daß öffters die falschen Zeugen daselbst so gefährlich seyn, als bey dem inquisitions-process die in vorigen Handel angemerckten Mißbräuche. Hiernechst so kan ein einfältiger Mensch dasjenige denunciren, was er nur alleine gesehen hat, und kan doch keine genungsame indicia angeben, oder (nach Anleitung dessen, was oben bey dem ersten Handel §. 7. p. 19. angemerckt worden) aus Ungezogenheit in seiner Aussage vagiren, und sich dadurch <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0135" n="119"/> ten, ob nicht die edle Zeit und Unkosten, die Sie aufgewendet, Ihnen mehr Verdruß und Schaden verursacht, als Sie durch ein so genantes favorables definitiv-Urtheil zugesprochen wird; zu geschweigen der Leuterungen und appellationen, durch welche auch dieses gute definitiv-Urtheil kan etliche Jahre auffgehalten oder wohl gar geändert werden, und ist über dieses das allgemeine Sprichwort bekandt: in processibus injuriarum lucramur nihil aut parum &c.</p> </div> <div> <head>III. Handel. Die von der Inquisition absolvirte sind nicht allemahl befugt, sich an denen denuntianten zu erhohlen.</head><lb/> </div> <div> <head>§. 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In Engelland zum Exempel weis man von keinem inquisitionsprocess, sondern es muß auch peinlich Beklagter durch Zeugen oder sonst gebührend convinciret werden, und dennoch ist von gelehrten Männern angemercket worden, daß öffters die falschen Zeugen daselbst so gefährlich seyn, als bey dem inquisitions-process die in vorigen Handel angemerckten Mißbräuche. Hiernechst so kan ein einfältiger Mensch dasjenige denunciren, was er nur alleine gesehen hat, und kan doch keine genungsame indicia angeben, oder (nach Anleitung dessen, was oben bey dem ersten Handel §. 7. p. 19. angemerckt worden) aus Ungezogenheit in seiner Aussage vagiren, und sich dadurch </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0135]
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III. Handel. Die von der Inquisition absolvirte sind nicht allemahl befugt, sich an denen denuntianten zu erhohlen.
§. I.
MAn muß von einem extremo nicht auf das andre fallen. Es ist wahr, die delatores und Angeber in peinlichen Sachen sind öffters boßhafftige falsche Leute, denen wenig Glauben beyzumessen, und gehören dannenhero genungsame indicia nebst dem corpore delicti darzu, daß eine inquisition rechtmäßiger weise statt habe; Aber deßwegen folget es nicht, daß alle denuntiationes nebst dem inquisitions-Process wegen des öffteren Mißbrauchs alsbald abzuschaffen, und der accusations-Process wieder einzuführen wäre; oder daß, wenn ein denunciant keine gnungsame indicia anzugeben weiß und der denuntiat wird absolviret, der denuntiant deßwegen Straffe verdiene, oder denuntiato sonsten satisfaction zu geben schuldig sey. In Engelland zum Exempel weis man von keinem inquisitionsprocess, sondern es muß auch peinlich Beklagter durch Zeugen oder sonst gebührend convinciret werden, und dennoch ist von gelehrten Männern angemercket worden, daß öffters die falschen Zeugen daselbst so gefährlich seyn, als bey dem inquisitions-process die in vorigen Handel angemerckten Mißbräuche. Hiernechst so kan ein einfältiger Mensch dasjenige denunciren, was er nur alleine gesehen hat, und kan doch keine genungsame indicia angeben, oder (nach Anleitung dessen, was oben bey dem ersten Handel §. 7. p. 19. angemerckt worden) aus Ungezogenheit in seiner Aussage vagiren, und sich dadurch
Etliche hieher gehörige praeliminar-Anmerckungen.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/135>, abgerufen am 16.02.2025. |