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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Gelahrheit insgemein.

5. Nach der Geburt ist ein jedweder
Mensch/ wes standes er sey/ gantz unwissend/
so gar/ daß wenn er in diesem Zustande von de-
nen Menschen abgesondert auferzogen wer-
den solte/ würde er ja so wenig/ wo nicht weni-
ger Vernunfft von sich spühren lassen/ als
manche Bestien.

6. Wenn er aber durch gute Aufer ziehung/
conversation mit andern Leuten/ Lesung gu-
ter Bücher/ eigne Erfahrung/ und reiffes
Nachsinnen/ zuförderst aber durch die Gnade
Gottes die Wolcken seiner Unwissenheit ver-
treibet/ kan er endlich zu dem hohen Grad
der Weißheit/
der in diesem Leben erhalten
werden kan/ gelangen/ massen denn unter de-
nen Heyden dißfalls Socrates, Plato und so
weiter/ unter denen Rechtgläubigen aber Jo-
seph, Salomon, &c.
für andern berühmt
gewesen.

7. Zwischen diesem Grad der höchsten
menschlichen Weißheit/ und den untersten
Grad der höchsten Unwissenheit/ sind unzeh-
lich viel mittlere Stuffen/ die nach Gelegen-
heit bald zu der Gelahrheit/ bald zu der Un-
gelahrheit gerechnet werden.

8. Denn
Gelahrheit insgemein.

5. Nach der Geburt iſt ein jedweder
Menſch/ wes ſtandes er ſey/ gantz unwiſſend/
ſo gar/ daß wenn er in dieſem Zuſtande von de-
nen Menſchen abgeſondert auferzogen wer-
den ſolte/ wuͤrde er ja ſo wenig/ wo nicht weni-
ger Vernunfft von ſich ſpuͤhren laſſen/ als
manche Beſtien.

6. Wenn er aber durch gute Aufer ziehung/
converſation mit andern Leuten/ Leſung gu-
ter Buͤcher/ eigne Erfahrung/ und reiffes
Nachſinnen/ zufoͤrderſt aber durch die Gnade
Gottes die Wolcken ſeiner Unwiſſenheit ver-
treibet/ kan er endlich zu dem hohen Grad
der Weißheit/
der in dieſem Leben erhalten
werden kan/ gelangen/ maſſen denn unter de-
nen Heyden dißfalls Socrates, Plato und ſo
weiter/ unter denen Rechtglaͤubigen aber Jo-
ſeph, Salomon, &c.
fuͤr andern beruͤhmt
geweſen.

7. Zwiſchen dieſem Grad der hoͤchſten
menſchlichen Weißheit/ und den unterſten
Grad der hoͤchſten Unwiſſenheit/ ſind unzeh-
lich viel mittlere Stuffen/ die nach Gelegen-
heit bald zu der Gelahrheit/ bald zu der Un-
gelahrheit gerechnet werden.

8. Denn
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[77/0095] Gelahrheit insgemein. 5. Nach der Geburt iſt ein jedweder Menſch/ wes ſtandes er ſey/ gantz unwiſſend/ ſo gar/ daß wenn er in dieſem Zuſtande von de- nen Menſchen abgeſondert auferzogen wer- den ſolte/ wuͤrde er ja ſo wenig/ wo nicht weni- ger Vernunfft von ſich ſpuͤhren laſſen/ als manche Beſtien. 6. Wenn er aber durch gute Aufer ziehung/ converſation mit andern Leuten/ Leſung gu- ter Buͤcher/ eigne Erfahrung/ und reiffes Nachſinnen/ zufoͤrderſt aber durch die Gnade Gottes die Wolcken ſeiner Unwiſſenheit ver- treibet/ kan er endlich zu dem hohen Grad der Weißheit/ der in dieſem Leben erhalten werden kan/ gelangen/ maſſen denn unter de- nen Heyden dißfalls Socrates, Plato und ſo weiter/ unter denen Rechtglaͤubigen aber Jo- ſeph, Salomon, &c. fuͤr andern beruͤhmt geweſen. 7. Zwiſchen dieſem Grad der hoͤchſten menſchlichen Weißheit/ und den unterſten Grad der hoͤchſten Unwiſſenheit/ ſind unzeh- lich viel mittlere Stuffen/ die nach Gelegen- heit bald zu der Gelahrheit/ bald zu der Un- gelahrheit gerechnet werden. 8. Denn

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/95>, abgerufen am 25.11.2024.