Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.Vorrede. wenn ich behauptet/ daß der Mensch kein einigselbständiges Wesen klar und deutlich erkenne- te/ sondern daß alle seine Wissenschafft von der Erkäntnüß derer Zufälle oder accidentium herrührete/ aus welchen er hernach allezeit ei- ne dunckele oder confuse impression sich von der Substantz selbst mache. Wenn nun der Autor Speciminis mir mit seinem Examine rechtschaffen hätte auf die Haube greiffen wollen/ hätte er in diesen vier Puncten mich recht atta- quiren/ und mir dieselben darnieder legen sol- len; So habe ich auch in der Vorrede meiner Introduction protestiret und gebeten/ daß sich niemand mit mir einlassen möchte/ der nicht in der Historia Philosophica wohlerfahren wäre/ und die hypotheses so wol derer alten als neuen Philosophen wohl inne hätte/ wie- drigenfals würde er sich es nicht ver- driessen lassen/ wenn ich seine objectiones mit stillschweigen übergienge. Weil ich nun die- ses alles weder in denen vier ersten Bogen/ noch in dem übrigen Werck/ als selbiges heraus kommen/ gewahr werden können/ wird mir der Autor Speciminis nicht verdencken/ daß ich bißher ihm nicht geantwortet/ noch künfftig ant- worten werde/ weil doch alle unser Streit in nichts
Vorrede. wenn ich behauptet/ daß der Menſch kein einigſelbſtaͤndiges Weſen klar und deutlich erkenne- te/ ſondern daß alle ſeine Wiſſenſchafft von der Erkaͤntnuͤß derer Zufaͤlle oder accidentium herruͤhrete/ aus welchen er hernach allezeit ei- ne dunckele oder confuſe impreſſion ſich von der Subſtantz ſelbſt mache. Wenn nun der Autor Speciminis mir mit ſeinem Examine rechtſchaffen haͤtte auf die Haube greiffen wollẽ/ haͤtte er in dieſen vier Puncten mich recht atta- quiren/ und mir dieſelben darnieder legen ſol- len; So habe ich auch in der Vorrede meiner Introduction proteſtiret und gebeten/ daß ſich niemand mit mir einlaſſen moͤchte/ der nicht in der Hiſtoria Philoſophica wohlerfahren waͤre/ und die hypotheſes ſo wol derer alten als neuen Philoſophen wohl inne haͤtte/ wie- drigenfals wuͤrde er ſich es nicht ver- drieſſen laſſen/ wenn ich ſeine objectiones mit ſtillſchweigen uͤbergienge. Weil ich nun die- ſes alles weder in denen vier erſten Bogen/ noch in dem uͤbrigen Werck/ als ſelbiges heraus kommen/ gewahr werden koͤnnen/ wird mir der Autor Speciminis nicht verdencken/ daß ich bißher ihm nicht geantwortet/ noch kuͤnfftig ant- worten werde/ weil doch alle unſer Streit in nichts
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> wenn ich behauptet/ daß der Menſch kein einig<lb/> ſelbſtaͤndiges Weſen klar und deutlich erkenne-<lb/> te/ ſondern daß alle ſeine Wiſſenſchafft von der<lb/> Erkaͤntnuͤß derer Zufaͤlle oder <hi rendition="#aq">accidentium</hi><lb/> herruͤhrete/ aus welchen er hernach allezeit ei-<lb/> ne dunckele oder <hi rendition="#aq">confuſe impreſſion</hi> ſich von<lb/> der <hi rendition="#aq">Subſtantz</hi> ſelbſt mache. Wenn nun der<lb/><hi rendition="#aq">Autor Speciminis</hi> mir mit ſeinem <hi rendition="#aq">Examine</hi><lb/> rechtſchaffen haͤtte auf die Haube greiffen wollẽ/<lb/> haͤtte er in dieſen vier Puncten mich recht <hi rendition="#aq">atta-<lb/> qui</hi>ren/ und mir dieſelben darnieder legen ſol-<lb/> len; So habe ich auch in der Vorrede meiner<lb/><hi rendition="#aq">Introduction proteſti</hi>ret und gebeten/ daß<lb/> ſich niemand mit mir einlaſſen moͤchte/ der nicht<lb/> in der <hi rendition="#aq">Hiſtoria Philoſophica</hi> wohlerfahren<lb/> waͤre/ und die <hi rendition="#aq">hypotheſes</hi> ſo wol derer alten<lb/> als neuen <hi rendition="#aq">Philoſophen</hi> wohl inne haͤtte/ wie-<lb/> drigenfals wuͤrde er ſich es nicht ver-<lb/> drieſſen laſſen/ wenn ich ſeine <hi rendition="#aq">objectiones</hi> mit<lb/> ſtillſchweigen uͤbergienge. Weil ich nun die-<lb/> ſes alles weder in denen vier erſten Bogen/ noch<lb/> in dem uͤbrigen Werck/ als ſelbiges heraus<lb/> kommen/ gewahr werden koͤnnen/ wird mir der<lb/><hi rendition="#aq">Autor Speciminis</hi> nicht verdencken/ daß ich<lb/> bißher ihm nicht geantwortet/ noch kuͤnfftig ant-<lb/> worten werde/ weil doch alle unſer Streit in<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nichts</fw><lb/></p> </div> </div> </front> </text> </TEI> [34/0052]
Vorrede.
wenn ich behauptet/ daß der Menſch kein einig
ſelbſtaͤndiges Weſen klar und deutlich erkenne-
te/ ſondern daß alle ſeine Wiſſenſchafft von der
Erkaͤntnuͤß derer Zufaͤlle oder accidentium
herruͤhrete/ aus welchen er hernach allezeit ei-
ne dunckele oder confuſe impreſſion ſich von
der Subſtantz ſelbſt mache. Wenn nun der
Autor Speciminis mir mit ſeinem Examine
rechtſchaffen haͤtte auf die Haube greiffen wollẽ/
haͤtte er in dieſen vier Puncten mich recht atta-
quiren/ und mir dieſelben darnieder legen ſol-
len; So habe ich auch in der Vorrede meiner
Introduction proteſtiret und gebeten/ daß
ſich niemand mit mir einlaſſen moͤchte/ der nicht
in der Hiſtoria Philoſophica wohlerfahren
waͤre/ und die hypotheſes ſo wol derer alten
als neuen Philoſophen wohl inne haͤtte/ wie-
drigenfals wuͤrde er ſich es nicht ver-
drieſſen laſſen/ wenn ich ſeine objectiones mit
ſtillſchweigen uͤbergienge. Weil ich nun die-
ſes alles weder in denen vier erſten Bogen/ noch
in dem uͤbrigen Werck/ als ſelbiges heraus
kommen/ gewahr werden koͤnnen/ wird mir der
Autor Speciminis nicht verdencken/ daß ich
bißher ihm nicht geantwortet/ noch kuͤnfftig ant-
worten werde/ weil doch alle unſer Streit in
nichts
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |