Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

von Erfindung neuer Warh.
wenn die Logica artificialis gleichwohl zwi-
schen einen Doctor und einen Handwercks-
mann einen Unterscheid machen müste/ als
wenn die Kunst die Natur übertreffen solte/
ja als wenn die Warheit nur eine Uberein-
stimmung mit gelehrter Leute ihren Gedan-
cken wäre/ so hätten sie sich diese vergebene
Mühe so viel hundert Jahre durch nicht ge-
macht.

16. Wie woltest du dich bezeigen/ wenn
die Gelehrten auf die Thorheit geriethen/ und
wolten sich bemühen/ eine Kunst zuerfinden/
wie sie auf eine besondere Art/ dadurch sie von
denen Bauern und Handwercksleuten unter-
schieden werden könten/ Kinder zeigen möch-
ten? Nun ist aber die Erfindung der War-
heit dem Menschen eben so natürlich/ als das
Kinderzeugen/ nur daß dieses letzte nicht mit
so viel gemeinen Jrrthümern verdunckelt ist/
als jenes.

17. Jch glaube dir es ja wohl/ daß du mit
der doctrina Syllogistica keine neue Warhei-
ten erfinden werdest/ sondern daß solcherge-
stalt die Warheit allezeit der finis externus
der Vernunfft-Lehre bleiben werde.

18 Denn mein/ was hältest du wohl von

jenen

von Erfindung neuer Warh.
wenn die Logica artificialis gleichwohl zwi-
ſchen einen Doctor und einen Handwercks-
mann einen Unterſcheid machen muͤſte/ als
wenn die Kunſt die Natur uͤbertreffen ſolte/
ja als wenn die Warheit nur eine Uberein-
ſtimmung mit gelehrter Leute ihren Gedan-
cken waͤre/ ſo haͤtten ſie ſich dieſe vergebene
Muͤhe ſo viel hundert Jahre durch nicht ge-
macht.

16. Wie wolteſt du dich bezeigen/ wenn
die Gelehrten auf die Thorheit geriethen/ und
wolten ſich bemuͤhen/ eine Kunſt zuerfinden/
wie ſie auf eine beſondere Art/ dadurch ſie von
denen Bauern und Handwercksleuten unter-
ſchieden werden koͤnten/ Kinder zeigen moͤch-
ten? Nun iſt aber die Erfindung der War-
heit dem Menſchen eben ſo natuͤrlich/ als das
Kinderzeugen/ nur daß dieſes letzte nicht mit
ſo viel gemeinen Jrrthuͤmern verdunckelt iſt/
als jenes.

17. Jch glaube dir es ja wohl/ daß du mit
der doctrina Syllogiſtica keine neue Warhei-
ten erfinden werdeſt/ ſondern daß ſolcherge-
ſtalt die Warheit allezeit der finis externus
der Vernunfft-Lehre bleiben werde.

18 Denn mein/ was haͤlteſt du wohl von

jenen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0287" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Erfindung neuer Warh.</hi></fw><lb/>
wenn die <hi rendition="#aq">Logica artificialis</hi> gleichwohl zwi-<lb/>
&#x017F;chen einen <hi rendition="#aq">Doctor</hi> und einen Handwercks-<lb/>
mann einen <hi rendition="#fr">Unter&#x017F;cheid</hi> machen mu&#x0364;&#x017F;te/ als<lb/>
wenn die Kun&#x017F;t die Natur <hi rendition="#fr">u&#x0364;bertreffen</hi> &#x017F;olte/<lb/>
ja als wenn die Warheit nur eine Uberein-<lb/>
&#x017F;timmung mit <hi rendition="#fr">gelehrter Leute</hi> ihren Gedan-<lb/>
cken wa&#x0364;re/ &#x017F;o ha&#x0364;tten &#x017F;ie &#x017F;ich die&#x017F;e vergebene<lb/>
Mu&#x0364;he &#x017F;o viel hundert Jahre durch nicht ge-<lb/>
macht.</p><lb/>
        <p>16. Wie wolte&#x017F;t du dich bezeigen/ wenn<lb/>
die Gelehrten auf die Thorheit geriethen/ und<lb/>
wolten &#x017F;ich bemu&#x0364;hen/ eine Kun&#x017F;t zuerfinden/<lb/>
wie &#x017F;ie auf eine be&#x017F;ondere Art/ dadurch &#x017F;ie von<lb/>
denen Bauern und Handwercksleuten unter-<lb/>
&#x017F;chieden werden ko&#x0364;nten/ Kinder zeigen mo&#x0364;ch-<lb/>
ten? Nun i&#x017F;t aber die Erfindung der War-<lb/>
heit dem Men&#x017F;chen eben &#x017F;o <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rlich/</hi> als das<lb/>
Kinderzeugen/ nur daß die&#x017F;es letzte nicht mit<lb/>
&#x017F;o viel gemeinen Jrrthu&#x0364;mern verdunckelt i&#x017F;t/<lb/>
als jenes.</p><lb/>
        <p>17. Jch glaube dir es ja wohl/ daß du mit<lb/>
der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">doctrina Syllogi&#x017F;tica</hi></hi> keine neue Warhei-<lb/>
ten erfinden werde&#x017F;t/ &#x017F;ondern daß &#x017F;olcherge-<lb/>
&#x017F;talt die Warheit allezeit der <hi rendition="#aq">finis externus</hi><lb/>
der Vernunfft-Lehre bleiben werde.</p><lb/>
        <p>18 Denn mein/ was ha&#x0364;lte&#x017F;t du wohl von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jenen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0287] von Erfindung neuer Warh. wenn die Logica artificialis gleichwohl zwi- ſchen einen Doctor und einen Handwercks- mann einen Unterſcheid machen muͤſte/ als wenn die Kunſt die Natur uͤbertreffen ſolte/ ja als wenn die Warheit nur eine Uberein- ſtimmung mit gelehrter Leute ihren Gedan- cken waͤre/ ſo haͤtten ſie ſich dieſe vergebene Muͤhe ſo viel hundert Jahre durch nicht ge- macht. 16. Wie wolteſt du dich bezeigen/ wenn die Gelehrten auf die Thorheit geriethen/ und wolten ſich bemuͤhen/ eine Kunſt zuerfinden/ wie ſie auf eine beſondere Art/ dadurch ſie von denen Bauern und Handwercksleuten unter- ſchieden werden koͤnten/ Kinder zeigen moͤch- ten? Nun iſt aber die Erfindung der War- heit dem Menſchen eben ſo natuͤrlich/ als das Kinderzeugen/ nur daß dieſes letzte nicht mit ſo viel gemeinen Jrrthuͤmern verdunckelt iſt/ als jenes. 17. Jch glaube dir es ja wohl/ daß du mit der doctrina Syllogiſtica keine neue Warhei- ten erfinden werdeſt/ ſondern daß ſolcherge- ſtalt die Warheit allezeit der finis externus der Vernunfft-Lehre bleiben werde. 18 Denn mein/ was haͤlteſt du wohl von jenen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/287
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/287>, abgerufen am 27.07.2024.