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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Classen waren u. warscheinl. Dinge.
zukünfftige Dinge nur warscheinlich oder
doch nur mit einer confusen und dunckelen
Erkäntnüß qvoad existentiam begriffen
werden.

21. Dann was der Mensch von den We-
sen des vergangenen gewiß und deutlich ver-
stehet/ das ist nicht anders als eine Erinne-
rung solcher Dinge/ die er zuvorher als gegen-
wärtig allbereit begriffen.

21. Dieweil auch zukünfftige Dinge nie-
mahls gegenwärtig gewesen seyn/ und der
Mensch sich solchergestallt derselbigen nicht er-
innern kan/ so hat er auch von denenselben nie-
mahlen natürlicher Weise eine gewisse Er-
käntnüß.

23. Und muß also auch in Erwegung der
warscheinlichen Dinge das Vergangene und
Zukünfftige nach dem Gegenwärtigen ge-
richtet werden/ daß man jenes für wahrschein-
lich hält/ wann es mit diesen übereinkommt/ und
unwahrscheinlich/ wenn es diesen zu wieder ist.

24. Aber nunmehro müssen wir erwegen/
wie weit die Menschliche Erkäntnüß an de-
nen gegenwärtigen Dingen sich ereigene.
Der Mensch erkennet wohl/ und weiß gewiß/
daß das gegenwärtige Ding etwas sey/ ja er

erken-
Q 4

Claſſen waren u. warſcheinl. Dinge.
zukuͤnfftige Dinge nur warſcheinlich oder
doch nur mit einer confuſen und dunckelen
Erkaͤntnuͤß qvoad exiſtentiam begriffen
werden.

21. Dann was der Menſch von den We-
ſen des vergangenen gewiß und deutlich ver-
ſtehet/ das iſt nicht anders als eine Erinne-
rung ſolcher Dinge/ die er zuvorher als gegen-
waͤrtig allbereit begriffen.

21. Dieweil auch zukuͤnfftige Dinge nie-
mahls gegenwaͤrtig geweſen ſeyn/ und der
Menſch ſich ſolchergeſtallt derſelbigen nicht er-
innern kan/ ſo hat er auch von denenſelben nie-
mahlen natuͤrlicher Weiſe eine gewiſſe Er-
kaͤntnuͤß.

23. Und muß alſo auch in Erwegung der
warſcheinlichen Dinge das Vergangene und
Zukuͤnfftige nach dem Gegenwaͤrtigen ge-
richtet werden/ daß man jenes fuͤr wahrſchein-
lich haͤlt/ wann es mit dieſen uͤbereinkom̃t/ und
unwahrſcheinlich/ wenn es dieſen zu wieder iſt.

24. Aber nunmehro muͤſſen wir erwegen/
wie weit die Menſchliche Erkaͤntnuͤß an de-
nen gegenwaͤrtigen Dingen ſich ereigene.
Der Menſch erkennet wohl/ und weiß gewiß/
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erken-
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[247/0265] Claſſen waren u. warſcheinl. Dinge. zukuͤnfftige Dinge nur warſcheinlich oder doch nur mit einer confuſen und dunckelen Erkaͤntnuͤß qvoad exiſtentiam begriffen werden. 21. Dann was der Menſch von den We- ſen des vergangenen gewiß und deutlich ver- ſtehet/ das iſt nicht anders als eine Erinne- rung ſolcher Dinge/ die er zuvorher als gegen- waͤrtig allbereit begriffen. 21. Dieweil auch zukuͤnfftige Dinge nie- mahls gegenwaͤrtig geweſen ſeyn/ und der Menſch ſich ſolchergeſtallt derſelbigen nicht er- innern kan/ ſo hat er auch von denenſelben nie- mahlen natuͤrlicher Weiſe eine gewiſſe Er- kaͤntnuͤß. 23. Und muß alſo auch in Erwegung der warſcheinlichen Dinge das Vergangene und Zukuͤnfftige nach dem Gegenwaͤrtigen ge- richtet werden/ daß man jenes fuͤr wahrſchein- lich haͤlt/ wann es mit dieſen uͤbereinkom̃t/ und unwahrſcheinlich/ wenn es dieſen zu wieder iſt. 24. Aber nunmehro muͤſſen wir erwegen/ wie weit die Menſchliche Erkaͤntnuͤß an de- nen gegenwaͤrtigen Dingen ſich ereigene. Der Menſch erkennet wohl/ und weiß gewiß/ daß das gegenwaͤrtige Ding etwas ſey/ ja er erken- Q 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/265>, abgerufen am 30.11.2024.