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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 10. Hauptst. von warscheinl.

40. Aber dieses lernet man in der Politic
und practicirung der Welt/ auch durch lange
conversation.

41. Gleichwohl aber pfleget man insge-
mein die praesumtion von dem Vermögen
daher zunehmen/ wenn einer in einer gewissen
Sache erfahren und beruffen ist/ von dem
Willen aber/ wenn er kein interesse dabey
hat. Und scheinet die bekante Regel hierauff
ihr Absehen gerichtet zu haben/ daß man ei-
nem Künstler (das ist einen/ der in waßerley
W[i] ssenschafft es wolle/ geübt ist) in seiner
Kunst Glauben zustellen müsse.

42. Wiewohl auch diese Regel vielen Ab-
fällen unterworffen ist/ indem nicht allein zum
öfftern die Künstler interressirt seyn/ sondern
auch heut zu Tage ein jeder Schlingel den
Titel eines Künstlers sich gar leichte zu wege
bringen kan.

43. Sonsten ist wohl kein Zweiffel/ daß
man auch bey Erwegung der experientz an-
derer Leute betrachten muß/ ob sie auch alle
zu einer Sache gehörige Sinne oder doch
die nöthigsten adhibiret/ und hierauff zielet die
gemeine Regel/ daß man einen sehenden
Zeugen mehr Glauben zustelle/ als einen

hören-
Das 10. Hauptſt. von warſcheinl.

40. Aber dieſes lernet man in der Politic
und practicirung der Welt/ auch durch lange
converſation.

41. Gleichwohl aber pfleget man insge-
mein die præſumtion von dem Vermoͤgen
daher zunehmen/ wenn einer in einer gewiſſen
Sache erfahren und beruffen iſt/ von dem
Willen aber/ wenn er kein intereſſe dabey
hat. Und ſcheinet die bekante Regel hierauff
ihr Abſehen gerichtet zu haben/ daß man ei-
nem Kuͤnſtler (das iſt einen/ der in waßerley
W[i] ſſenſchafft es wolle/ geuͤbt iſt) in ſeiner
Kunſt Glauben zuſtellen muͤſſe.

42. Wiewohl auch dieſe Regel vielen Ab-
faͤllen unterworffen iſt/ indem nicht allein zum
oͤfftern die Kuͤnſtler interreſſirt ſeyn/ ſondern
auch heut zu Tage ein jeder Schlingel den
Titel eines Kuͤnſtlers ſich gar leichte zu wege
bringen kan.

43. Sonſten iſt wohl kein Zweiffel/ daß
man auch bey Erwegung der experientz an-
derer Leute betrachten muß/ ob ſie auch alle
zu einer Sache gehoͤrige Sinne oder doch
die noͤthigſten adhibiret/ und hierauff zielet die
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Zeugen mehr Glauben zuſtelle/ als einen

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[230/0248] Das 10. Hauptſt. von warſcheinl. 40. Aber dieſes lernet man in der Politic und practicirung der Welt/ auch durch lange converſation. 41. Gleichwohl aber pfleget man insge- mein die præſumtion von dem Vermoͤgen daher zunehmen/ wenn einer in einer gewiſſen Sache erfahren und beruffen iſt/ von dem Willen aber/ wenn er kein intereſſe dabey hat. Und ſcheinet die bekante Regel hierauff ihr Abſehen gerichtet zu haben/ daß man ei- nem Kuͤnſtler (das iſt einen/ der in waßerley Wi ſſenſchafft es wolle/ geuͤbt iſt) in ſeiner Kunſt Glauben zuſtellen muͤſſe. 42. Wiewohl auch dieſe Regel vielen Ab- faͤllen unterworffen iſt/ indem nicht allein zum oͤfftern die Kuͤnſtler interreſſirt ſeyn/ ſondern auch heut zu Tage ein jeder Schlingel den Titel eines Kuͤnſtlers ſich gar leichte zu wege bringen kan. 43. Sonſten iſt wohl kein Zweiffel/ daß man auch bey Erwegung der experientz an- derer Leute betrachten muß/ ob ſie auch alle zu einer Sache gehoͤrige Sinne oder doch die noͤthigſten adhibiret/ und hierauff zielet die gemeine Regel/ daß man einen ſehenden Zeugen mehr Glauben zuſtelle/ als einen hoͤren-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/248>, abgerufen am 04.12.2024.