Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.und unwahrscheinlichen Dingen. Wage/ wenn das Zünglein sich auff die ande-re Seite bewegte/ wo kein Gewichte läge/ oder auf der Seite stehen bliebe/ wo das leichteste läge/ oder nicht mitten innen stehen bliebe/ wenn die Gewichte gleich wären. 14. Also soll es auch mit dem Menschli- 15. Siehet er aber/ daß sie gleich seyn/ so 16. Erweget er aber dieses nicht wohl/ sich
und unwahrſcheinlichen Dingen. Wage/ wenn das Zuͤnglein ſich auff die ande-re Seite bewegte/ wo kein Gewichte laͤge/ oder auf der Seite ſtehen bliebe/ wo das leichteſte laͤge/ oder nicht mitten innen ſtehen bliebe/ weñ die Gewichte gleich waͤren. 14. Alſo ſoll es auch mit dem Menſchli- 15. Siehet er aber/ daß ſie gleich ſeyn/ ſo 16. Erweget er aber dieſes nicht wohl/ ſich
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und unwahrſcheinlichen Dingen.
Wage/ wenn das Zuͤnglein ſich auff die ande-
re Seite bewegte/ wo kein Gewichte laͤge/ oder
auf der Seite ſtehen bliebe/ wo das leichteſte
laͤge/ oder nicht mitten innen ſtehen bliebe/ weñ
die Gewichte gleich waͤren.
14. Alſo ſoll es auch mit dem Menſchli-
chen Verſtand beſchaffen ſeyn/ ſiehet er/ daß
er in denen Sachen/ in welchen er die Erkaͤnt-
nuͤß der Warheit ſuchet/ und doch zu keiner
demonſtration gelangen kan/ ſondern auff
beyden Theilen vernuͤnfftige Urſachen findet/
ſo muß er dieſelbige wohl erwegen/ und nach
Beſchaffenheit der Uberwegung auff dieſel-
bige Seite incliniren/ und dieſelbe fuͤr wahr-
ſcheinlich oder dem Wahren naͤher/ die wie-
derwaͤrtige Meinung aber fuͤr unwahr-
ſcheinlich oder den Falſchen naͤher achten.
15. Siehet er aber/ daß ſie gleich ſeyn/ ſo
muß er dafuͤr halten/ daß die Sache weder
unwahrſcheinlich noch wahrſcheinlich ſey/ ſon-
dern unerkant bleibe.
16. Erweget er aber dieſes nicht wohl/
ſondern uͤbereilet ſich/ ſo kan es leichte geſche-
hen/ daß er ſich in Dingen/ die er fuͤr unerkant
halten ſoll/ ſich niemahls zur Ruhe begiebt/ ſon-
dern dieſelbe mehr und mehr auszuforſchen
ſich
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