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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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von denen unerkanten Dingen.
unerkanten zwar manchmahl/ aber nicht alle-
zeit wahr oder falsch.

23. Wahr oder falsch ist es/ wenn es an-
dern Menschen/ denen es zuvor unbekant ist/
kan wahr oder falsch zu seyn erwiesen werden/
und in diesen Gebrauch ist wegen der unvoll-
kommenen Natur des Menschen alles Wah-
re
oder Falsche erstlich unerkant.

24. Es ist weder wahr noch falsch/ wenn
keiner dem andern solches nach Anleitung der
obigen Regeln erweisen kan/ z. e. daß die Erde
herum lauffe/ daß eins/ zwey/ drey oder vier
Elemente seyn u. s. w.

25. Wir können dieses zu desto bessern Un-
terscheid des unbekanten aus der ersten Classe/
nehmlich des übernatürlichen/ ein natürli-
ches unerkantes
nennen.

26. Beyde kommen darinnen überein/
daß sie gleichsam mitten zwischen den Wah-
ren und Falschen seyn.

27. Aber darinnen ist der Unterscheid/
daß in über natürlichen Dingen der Verstand
das unbekante gar nicht bewegen kan/ daß es
dem Wahren oder Falschen näher trete/ und
also bestehet es gleichsam in puncto, und ist
unbeweglich.

28. Aber
O 5

von denen unerkanten Dingen.
unerkanten zwar manchmahl/ aber nicht alle-
zeit wahr oder falſch.

23. Wahr oder falſch iſt es/ wenn es an-
dern Menſchen/ denen es zuvor unbekant iſt/
kan wahr oder falſch zu ſeyn erwieſen werden/
und in dieſen Gebrauch iſt wegen der unvoll-
kommenen Natur des Menſchen alles Wah-
re
oder Falſche erſtlich unerkant.

24. Es iſt weder wahr noch falſch/ wenn
keiner dem andern ſolches nach Anleitung der
obigen Regeln erweiſen kan/ z. e. daß die Erde
herum lauffe/ daß eins/ zwey/ drey oder vier
Elemente ſeyn u. ſ. w.

25. Wir koͤnnen dieſes zu deſto beſſern Un-
terſcheid des unbekanten aus der erſten Claſſe/
nehmlich des uͤbernatuͤrlichen/ ein natuͤrli-
ches unerkantes
nennen.

26. Beyde kommen darinnen uͤberein/
daß ſie gleichſam mitten zwiſchen den Wah-
ren und Falſchen ſeyn.

27. Aber darinnen iſt der Unterſcheid/
daß in uͤber natuͤrlichen Dingen der Verſtand
das unbekante gar nicht bewegen kan/ daß es
dem Wahren oder Falſchen naͤher trete/ und
alſo beſtehet es gleichſam in puncto, und iſt
unbeweglich.

28. Aber
O 5
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[217/0235] von denen unerkanten Dingen. unerkanten zwar manchmahl/ aber nicht alle- zeit wahr oder falſch. 23. Wahr oder falſch iſt es/ wenn es an- dern Menſchen/ denen es zuvor unbekant iſt/ kan wahr oder falſch zu ſeyn erwieſen werden/ und in dieſen Gebrauch iſt wegen der unvoll- kommenen Natur des Menſchen alles Wah- re oder Falſche erſtlich unerkant. 24. Es iſt weder wahr noch falſch/ wenn keiner dem andern ſolches nach Anleitung der obigen Regeln erweiſen kan/ z. e. daß die Erde herum lauffe/ daß eins/ zwey/ drey oder vier Elemente ſeyn u. ſ. w. 25. Wir koͤnnen dieſes zu deſto beſſern Un- terſcheid des unbekanten aus der erſten Claſſe/ nehmlich des uͤbernatuͤrlichen/ ein natuͤrli- ches unerkantes nennen. 26. Beyde kommen darinnen uͤberein/ daß ſie gleichſam mitten zwiſchen den Wah- ren und Falſchen ſeyn. 27. Aber darinnen iſt der Unterſcheid/ daß in uͤber natuͤrlichen Dingen der Verſtand das unbekante gar nicht bewegen kan/ daß es dem Wahren oder Falſchen naͤher trete/ und alſo beſtehet es gleichſam in puncto, und iſt unbeweglich. 28. Aber O 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/235>, abgerufen am 21.11.2024.