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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 6. Hauptstück von denen

11. Denn ein Mensch hat nur einen eini-
gen Verstand/
und der Verstand/ der bey al-
len Menschen ist/ ist nicht unterschiedenes/ son-
dern eines Wesens.

12. Dannenhero bescheidet man sich zwar/
daß sonsten das Wort primus auch von vie-
len auf gewisse Masse praediciret werden kön-
ne/ alleine bey dem primo principio verita-
tis
bedeutet es nur ein einziges.

13. Denn wenn auch nur zwey principia
prima
wären/ so hätten dieselbigen entweder
eine Verknüpffung mit einander/ oder keine.

14. Wären sie durch das dritte mit einan-
der verknüpfft/ so wäre das dritte principi-
um prius,
und folglich könten diese beyden
nicht prima genennet werden.

15. Wären sie nicht verknüpfft/ so müste
folgen/ daß der Menschliche Verstand nicht
einerley wäre/ sondern zweyerley unterschie-
denes Licht von sich würffe/ welches absurd
ist.

16. Ja es müste folgen/ daß Warheit
nicht Warheit wäre/
weil zwey wiederwär-
tige Dinge keine harmonie machen können.

17. Wie mag aber nun diese propositio
prima
wohl heissen. Wir wollen die phi-

loso-
Das 6. Hauptſtuͤck von denen

11. Denn ein Menſch hat nur einen eini-
gen Verſtand/
und der Verſtand/ der bey al-
len Menſchen iſt/ iſt nicht unterſchiedenes/ ſon-
dern eines Weſens.

12. Dannenhero beſcheidet man ſich zwar/
daß ſonſten das Wort primus auch von vie-
len auf gewiſſe Maſſe prædiciret werden koͤn-
ne/ alleine bey dem primo principio verita-
tis
bedeutet es nur ein einziges.

13. Denn wenn auch nur zwey principia
prima
waͤren/ ſo haͤtten dieſelbigen entweder
eine Verknuͤpffung mit einander/ oder keine.

14. Waͤren ſie durch das dritte mit einan-
der verknuͤpfft/ ſo waͤre das dritte principi-
um prius,
und folglich koͤnten dieſe beyden
nicht prima genennet werden.

15. Waͤren ſie nicht verknuͤpfft/ ſo muͤſte
folgen/ daß der Menſchliche Verſtand nicht
einerley waͤre/ ſondern zweyerley unterſchie-
denes Licht von ſich wuͤrffe/ welches abſurd
iſt.

16. Ja es muͤſte folgen/ daß Warheit
nicht Warheit waͤre/
weil zwey wiederwaͤr-
tige Dinge keine harmonie machen koͤnnen.

17. Wie mag aber nun dieſe propoſitio
prima
wohl heiſſen. Wir wollen die phi-

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[154/0172] Das 6. Hauptſtuͤck von denen 11. Denn ein Menſch hat nur einen eini- gen Verſtand/ und der Verſtand/ der bey al- len Menſchen iſt/ iſt nicht unterſchiedenes/ ſon- dern eines Weſens. 12. Dannenhero beſcheidet man ſich zwar/ daß ſonſten das Wort primus auch von vie- len auf gewiſſe Maſſe prædiciret werden koͤn- ne/ alleine bey dem primo principio verita- tis bedeutet es nur ein einziges. 13. Denn wenn auch nur zwey principia prima waͤren/ ſo haͤtten dieſelbigen entweder eine Verknuͤpffung mit einander/ oder keine. 14. Waͤren ſie durch das dritte mit einan- der verknuͤpfft/ ſo waͤre das dritte principi- um prius, und folglich koͤnten dieſe beyden nicht prima genennet werden. 15. Waͤren ſie nicht verknuͤpfft/ ſo muͤſte folgen/ daß der Menſchliche Verſtand nicht einerley waͤre/ ſondern zweyerley unterſchie- denes Licht von ſich wuͤrffe/ welches abſurd iſt. 16. Ja es muͤſte folgen/ daß Warheit nicht Warheit waͤre/ weil zwey wiederwaͤr- tige Dinge keine harmonie machen koͤnnen. 17. Wie mag aber nun dieſe propoſitio prima wohl heiſſen. Wir wollen die phi- loſo-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/172>, abgerufen am 24.11.2024.