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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 3. Haupstück von der

49. Hier must du erst bedencken/ daß der
Mensch auch öffters ohne attention was lerne:
wenn ihm nehmlich ein Ding durch öfftere
Wiederhohlung vermittelst der euserlichen
Gliedmassen in das Gehirne ein gedruckt wird.
Also wenn man etliche Tage auf denen Bauer-
Kirmessen gewesen/ wird man befinden/ daß
die offt wiederhohlten Bauerstückgen in dem
Gehirne so feste hafften/ daß man sie etliche Ta-
ge nicht wieder loß werden kan.

50. Also lernen auch die Vögel z. e. sin-
gen/ wenn man durch offte Wiederhohlung der
Flöthe ihnen das Stückgen/ das sie lernen sol-
len/ eindruckt.

51. Jn übrigen aber was die jenigen Sa-
chen anlanget/ die ein Mensch mit attention
erlernet/ muß bey denen Thieren die offt wieder-
hohlte Gewohnheit die Stelle der attention
vertreten/ massen du dich dann einer gantz an-
dern Lehrart bey einem Thiere als bey einem
Menschen bedienen must.

52. Bey der Unterweisung eines Men-
schen/ thut die Rede das vornehmste; aber re-
de einen Thiere vor/ was du wilst/ wenn du
nicht durch andere Mittel ihnen die Kunst/ die
es lernen soll/ beybringst/ wirst du wenig aus-

richten.
Das 3. Haupſtuͤck von der

49. Hier muſt du erſt bedencken/ daß der
Menſch auch oͤffters ohne attention was lerne:
wenn ihm nehmlich ein Ding durch oͤfftere
Wiederhohlung vermittelſt der euſerlichen
Gliedmaſſen in das Gehirne ein gedruckt wird.
Alſo wenn man etliche Tage auf denen Bauer-
Kirmeſſen geweſen/ wird man befinden/ daß
die offt wiederhohlten Bauerſtuͤckgen in dem
Gehirne ſo feſte hafften/ daß man ſie etliche Ta-
ge nicht wieder loß werden kan.

50. Alſo lernen auch die Voͤgel z. e. ſin-
gen/ wenn man durch offte Wiederhohlung der
Floͤthe ihnen das Stuͤckgen/ das ſie lernen ſol-
len/ eindruckt.

51. Jn uͤbrigen aber was die jenigen Sa-
chen anlanget/ die ein Menſch mit attention
erlernet/ muß bey denen Thieren die offt wieder-
hohlte Gewohnheit die Stelle der attention
vertreten/ maſſen du dich dann einer gantz an-
dern Lehrart bey einem Thiere als bey einem
Menſchen bedienen muſt.

52. Bey der Unterweiſung eines Men-
ſchen/ thut die Rede das vornehmſte; aber re-
de einen Thiere vor/ was du wilſt/ wenn du
nicht durch andere Mittel ihnen die Kunſt/ die
es lernen ſoll/ beybringſt/ wirſt du wenig aus-

richten.
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[110/0128] Das 3. Haupſtuͤck von der 49. Hier muſt du erſt bedencken/ daß der Menſch auch oͤffters ohne attention was lerne: wenn ihm nehmlich ein Ding durch oͤfftere Wiederhohlung vermittelſt der euſerlichen Gliedmaſſen in das Gehirne ein gedruckt wird. Alſo wenn man etliche Tage auf denen Bauer- Kirmeſſen geweſen/ wird man befinden/ daß die offt wiederhohlten Bauerſtuͤckgen in dem Gehirne ſo feſte hafften/ daß man ſie etliche Ta- ge nicht wieder loß werden kan. 50. Alſo lernen auch die Voͤgel z. e. ſin- gen/ wenn man durch offte Wiederhohlung der Floͤthe ihnen das Stuͤckgen/ das ſie lernen ſol- len/ eindruckt. 51. Jn uͤbrigen aber was die jenigen Sa- chen anlanget/ die ein Menſch mit attention erlernet/ muß bey denen Thieren die offt wieder- hohlte Gewohnheit die Stelle der attention vertreten/ maſſen du dich dann einer gantz an- dern Lehrart bey einem Thiere als bey einem Menſchen bedienen muſt. 52. Bey der Unterweiſung eines Men- ſchen/ thut die Rede das vornehmſte; aber re- de einen Thiere vor/ was du wilſt/ wenn du nicht durch andere Mittel ihnen die Kunſt/ die es lernen ſoll/ beybringſt/ wirſt du wenig aus- richten.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/128>, abgerufen am 24.11.2024.