Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Zuschrifft. am nähesten/ bey deme die Wollust die o-berste Gemüths-Neigung ist. Ein Chole- ricus ist schon weiter von dem Phlegma ent- fernet/ und bey demselben raget die Ehr- gierde über die andern Affecten empor. Die Melancholici, gleich wie sie die wunder- lichsten sind; Also ist der stärckeste Trieb bey ihnen zu der Geld-Liebe. Ja es ist gantz leichte die Eintheilung des Guten in bonum honestum, jucundum & utile, wenn man nach Anleitung dessen/ was ich in dem ersten Hauptstück dieser meiner Sitten-Lehre erin- nert/ das bonum Decorum darzu setzet/ nach denen vier Haupt-Passionen/ und denen itzt- besagten vier Temperamenten einzutheilen. Ein Phlegmaticus ist ein rechter honnet homme, und trachtet in allen der wah- ren Tugend-Ehre/ ob er schon von dem grösten Hauffen der Welt nicht sonderlich hoch/ sondern wohl gar verachtet wird. Ein Sangvineus macht von dem bono jucun- do den grösten Staat. Ein Cholericus hat mit dem Decoro am meisten zu thun. Und endlich ein Melancholicus strebet nach dem bono utili. Gleich wie aber in der Mah- a 5
Zuſchrifft. am naͤheſten/ bey deme die Wolluſt die o-berſte Gemuͤths-Neigung iſt. Ein Chole- ricus iſt ſchon weiter von dem Phlegma ent- fernet/ und bey demſelben raget die Ehr- gierde uͤber die andern Affecten empor. Die Melancholici, gleich wie ſie die wunder- lichſten ſind; Alſo iſt der ſtaͤrckeſte Trieb bey ihnen zu der Geld-Liebe. Ja es iſt gantz leichte die Eintheilung des Guten in bonum honeſtum, jucundum & utile, wenn man nach Anleitung deſſen/ was ich in dem erſten Hauptſtuͤck dieſer meiner Sitten-Lehre erin- nert/ das bonum Decorum darzu ſetzet/ nach denen vier Haupt-Paſſionen/ und denen itzt- beſagten vier Temperamenten einzutheilen. Ein Phlegmaticus iſt ein rechter honnét homme, und trachtet in allen der wah- ren Tugend-Ehre/ ob er ſchon von dem groͤſten Hauffen der Welt nicht ſonderlich hoch/ ſondern wohl gar verachtet wird. Ein Sangvineus macht von dem bono jucun- do den groͤſten Staat. Ein Cholericus hat mit dem Decoro am meiſten zu thun. Und endlich ein Melancholicus ſtrebet nach dem bono utili. Gleich wie aber in der Mah- a 5
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ricus iſt ſchon weiter von dem Phlegma ent-
fernet/ und bey demſelben raget die Ehr-
gierde uͤber die andern Affecten empor. Die
Melancholici, gleich wie ſie die wunder-
lichſten ſind; Alſo iſt der ſtaͤrckeſte Trieb bey
ihnen zu der Geld-Liebe. Ja es iſt gantz
leichte die Eintheilung des Guten in bonum
honeſtum, jucundum & utile, wenn man
nach Anleitung deſſen/ was ich in dem erſten
Hauptſtuͤck dieſer meiner Sitten-Lehre erin-
nert/ das bonum Decorum darzu ſetzet/ nach
denen vier Haupt-Paſſionen/ und denen itzt-
beſagten vier Temperamenten einzutheilen.
Ein Phlegmaticus iſt ein rechter honnét
homme, und trachtet in allen der wah-
ren Tugend-Ehre/ ob er ſchon von dem
groͤſten Hauffen der Welt nicht ſonderlich
hoch/ ſondern wohl gar verachtet wird. Ein
Sangvineus macht von dem bono jucun-
do den groͤſten Staat. Ein Cholericus
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/9>, abgerufen am 16.07.2024. |