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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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das Gute und Böse zu erkennen überh.
Ehrgeitzigen über den gnädigen Blick eines Für-
sten; eines Geldgierigen über der Erhaltung ei-
nes Gewinsts; eines so genandten Gelehrten
über der Wiederlegung eines seiner Widersa-
cher/ und eines tieffsinnigen Mannes über der
Erfindung der qvadraturae circuli, eben die Freu-
de und Vergnügung empfindet/ als eines/ der
sich über die empfindlichen Berührungen der
Sinnligkeiten belustiget.

105.

Und also wird es nunmehro nicht schwer
seyn von denen Exempeln zu urtheilen/ die man
insgemein giebt um darzuthun/ daß wohl etwas
ein ehrbares Gut seyn könne/ ohne daß es nütz-
lich oder belustigend sey/ oder nützlich und doch
nicht belustigend oder ehrbar/ oder belustigend
und doch nicht nützlich oder ehrbar. Z. e. Sein
Leben für sein Vaterland wagen/ oder sich von
Lastern zur Tugend angewöhnen: Bittere Ar-
tzeney gebrauchen/ oder stehlen/ huhren/ fressen
und sauffen.

106.

Denn was das Stehlen/ huhren/
fressen
und sauffen anlanget/ diese gehören nicht
unter die nützlichen und belustigenden Güter/
weil sie gar nicht unter die Güter zu rechnen sind/
sondern böse sind. Und vermischen die/ so sich
dergleichen Exempel bedienen/ gantz offenbahr
zwey unterschiedene Redens-Arten. Ein anders
ist ein empfindlicher/ augenblicklicher Nutzen oder
Belustigung. Ein anders ein nützliches oder be-
lustigendes Gut.

107.
C 4

das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh.
Ehrgeitzigen uͤber den gnaͤdigen Blick eines Fuͤr-
ſten; eines Geldgierigen uͤber der Erhaltung ei-
nes Gewinſts; eines ſo genandten Gelehrten
uͤber der Wiederlegung eines ſeiner Widerſa-
cher/ und eines tieffſinnigen Mannes uͤber der
Erfindung der qvadraturæ circuli, eben die Freu-
de und Vergnuͤgung empfindet/ als eines/ der
ſich uͤber die empfindlichen Beruͤhrungen der
Sinnligkeiten beluſtiget.

105.

Und alſo wird es nunmehro nicht ſchwer
ſeyn von denen Exempeln zu urtheilen/ die man
insgemein giebt um darzuthun/ daß wohl etwas
ein ehrbares Gut ſeyn koͤnne/ ohne daß es nuͤtz-
lich oder beluſtigend ſey/ oder nuͤtzlich und doch
nicht beluſtigend oder ehrbar/ oder beluſtigend
und doch nicht nuͤtzlich oder ehrbar. Z. e. Sein
Leben fuͤr ſein Vaterland wagen/ oder ſich von
Laſtern zur Tugend angewoͤhnen: Bittere Ar-
tzeney gebrauchen/ oder ſtehlen/ huhren/ freſſen
und ſauffen.

106.

Denn was das Stehlen/ huhren/
freſſen
und ſauffen anlanget/ dieſe gehoͤren nicht
unter die nuͤtzlichen und beluſtigenden Guͤter/
weil ſie gar nicht unter die Guͤter zu rechnen ſind/
ſondern boͤſe ſind. Und vermiſchen die/ ſo ſich
dergleichen Exempel bedienen/ gantz offenbahr
zwey unterſchiedene Redens-Arten. Ein anders
iſt ein empfindlicher/ augenblicklicher Nutzen oder
Beluſtigung. Ein anders ein nuͤtzliches oder be-
luſtigendes Gut.

107.
C 4
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[39/0071] das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh. Ehrgeitzigen uͤber den gnaͤdigen Blick eines Fuͤr- ſten; eines Geldgierigen uͤber der Erhaltung ei- nes Gewinſts; eines ſo genandten Gelehrten uͤber der Wiederlegung eines ſeiner Widerſa- cher/ und eines tieffſinnigen Mannes uͤber der Erfindung der qvadraturæ circuli, eben die Freu- de und Vergnuͤgung empfindet/ als eines/ der ſich uͤber die empfindlichen Beruͤhrungen der Sinnligkeiten beluſtiget. 105. Und alſo wird es nunmehro nicht ſchwer ſeyn von denen Exempeln zu urtheilen/ die man insgemein giebt um darzuthun/ daß wohl etwas ein ehrbares Gut ſeyn koͤnne/ ohne daß es nuͤtz- lich oder beluſtigend ſey/ oder nuͤtzlich und doch nicht beluſtigend oder ehrbar/ oder beluſtigend und doch nicht nuͤtzlich oder ehrbar. Z. e. Sein Leben fuͤr ſein Vaterland wagen/ oder ſich von Laſtern zur Tugend angewoͤhnen: Bittere Ar- tzeney gebrauchen/ oder ſtehlen/ huhren/ freſſen und ſauffen. 106. Denn was das Stehlen/ huhren/ freſſen und ſauffen anlanget/ dieſe gehoͤren nicht unter die nuͤtzlichen und beluſtigenden Guͤter/ weil ſie gar nicht unter die Guͤter zu rechnen ſind/ ſondern boͤſe ſind. Und vermiſchen die/ ſo ſich dergleichen Exempel bedienen/ gantz offenbahr zwey unterſchiedene Redens-Arten. Ein anders iſt ein empfindlicher/ augenblicklicher Nutzen oder Beluſtigung. Ein anders ein nuͤtzliches oder be- luſtigendes Gut. 107. C 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/71>, abgerufen am 13.11.2024.