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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit
etliche unter den Menschen sind/ als die Thiere/
Pflantzen/ u. s. w. etliche neben ihm/ als andere
Menschen/ und endlich das höchste Wesen über
ihm/ nemlich GOtt.

60.

Was die Dinge die unter ihm seyn be-
trifft/ so wird ein jeder vermittelst einer geringen
Auffmerckung gar leichte begreiffen können/ daß
der Mensch zur Erhaltung seiner Dauerung und
seiner natürlichen Kräffte so viel Dinge eben
nicht von nöthen habe/
zum wenigsten sehr
vieler gar füglich missen könne.

61.

Denn zu Erhaltung seiner, Lebens-Gei-
ster
und der Kräffte in seinem Leibe braucht er
zwar Speise und Tranck/ aber hievon ist schon
ein alt Sprichwort bekant/ daß die Natur mit
wenigen vergnügt sey:
Zu Erhaltung der an-
dern äusserlichen Sinne des Gesichts/ Gehörs/
Geruchs/ Geschmacks und Gefühles wird sehr
wenig Reichthum
erfordert/ sondern die Natur
des Menschen kan sich disfalls an fremden Din-
gen/ oder die dem Eigenthum der Menschen nicht
unterworffen sind/ begnügen. Und endlich so ist
wohl aus gemacht/ daß derjenige/ so wenig isset
und trincket/ auch die Belustigung der Sinnen
mäßiglich braucht/ an justesten und accuratesten
zu gedencken geschickt sey.

62.

Es wird zwar diese Anmerckung in praxi
fast durchgehends bey dem menschlichen Ge-
schlecht für lächerlich gehalten/ u. im gegentheil
geglaubet/ der Mensch müsse viel Dinge zu Er-

hal-

Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
etliche unter den Menſchen ſind/ als die Thiere/
Pflantzen/ u. ſ. w. etliche neben ihm/ als andere
Menſchen/ und endlich das hoͤchſte Weſen uͤber
ihm/ nemlich GOtt.

60.

Was die Dinge die unter ihm ſeyn be-
trifft/ ſo wird ein jeder vermittelſt einer geringen
Auffmerckung gar leichte begreiffen koͤnnen/ daß
der Menſch zur Erhaltung ſeiner Dauerung und
ſeiner natuͤrlichen Kraͤffte ſo viel Dinge eben
nicht von noͤthen habe/
zum wenigſten ſehr
vieler gar fuͤglich miſſen koͤnne.

61.

Denn zu Erhaltung ſeiner, Lebens-Gei-
ſter
und der Kraͤffte in ſeinem Leibe braucht er
zwar Speiſe und Tranck/ aber hievon iſt ſchon
ein alt Sprichwort bekant/ daß die Natur mit
wenigen vergnuͤgt ſey:
Zu Erhaltung der an-
dern aͤuſſerlichen Sinne des Geſichts/ Gehoͤrs/
Geruchs/ Geſchmacks und Gefuͤhles wird ſehr
wenig Reichthum
erfoꝛdert/ ſondern die Natur
des Menſchen kan ſich disfalls an fremden Din-
gen/ oder die dem Eigenthum der Menſchen nicht
unterworffen ſind/ begnuͤgen. Und endlich ſo iſt
wohl aus gemacht/ daß derjenige/ ſo wenig iſſet
und trincket/ auch die Beluſtigung der Sinnen
maͤßiglich braucht/ an juſteſten und accurateſten
zu gedencken geſchickt ſey.

62.

Es wird zwar dieſe Anmerckung in praxi
faſt durchgehends bey dem menſchlichen Ge-
ſchlecht fuͤr laͤcherlich gehalten/ u. im gegentheil
geglaubet/ der Menſch muͤſſe viel Dinge zu Er-

hal-
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[24/0056] Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit etliche unter den Menſchen ſind/ als die Thiere/ Pflantzen/ u. ſ. w. etliche neben ihm/ als andere Menſchen/ und endlich das hoͤchſte Weſen uͤber ihm/ nemlich GOtt. 60. Was die Dinge die unter ihm ſeyn be- trifft/ ſo wird ein jeder vermittelſt einer geringen Auffmerckung gar leichte begreiffen koͤnnen/ daß der Menſch zur Erhaltung ſeiner Dauerung und ſeiner natuͤrlichen Kraͤffte ſo viel Dinge eben nicht von noͤthen habe/ zum wenigſten ſehr vieler gar fuͤglich miſſen koͤnne. 61. Denn zu Erhaltung ſeiner, Lebens-Gei- ſter und der Kraͤffte in ſeinem Leibe braucht er zwar Speiſe und Tranck/ aber hievon iſt ſchon ein alt Sprichwort bekant/ daß die Natur mit wenigen vergnuͤgt ſey: Zu Erhaltung der an- dern aͤuſſerlichen Sinne des Geſichts/ Gehoͤrs/ Geruchs/ Geſchmacks und Gefuͤhles wird ſehr wenig Reichthum erfoꝛdert/ ſondern die Natur des Menſchen kan ſich disfalls an fremden Din- gen/ oder die dem Eigenthum der Menſchen nicht unterworffen ſind/ begnuͤgen. Und endlich ſo iſt wohl aus gemacht/ daß derjenige/ ſo wenig iſſet und trincket/ auch die Beluſtigung der Sinnen maͤßiglich braucht/ an juſteſten und accurateſten zu gedencken geſchickt ſey. 62. Es wird zwar dieſe Anmerckung in praxi faſt durchgehends bey dem menſchlichen Ge- ſchlecht fuͤr laͤcherlich gehalten/ u. im gegentheil geglaubet/ der Menſch muͤſſe viel Dinge zu Er- hal-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/56>, abgerufen am 25.11.2024.