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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit
34.

Denn daß auch diese letzte Art der Be-
wegung nicht gut/ sondern böse sey/ fliesset dar-
aus/ weil dadurch des Menschen seine Daue-
rung verkürtzet
wird/ in dem/ wie wir jetzo er-
wehnet/ er nothwendig zu seinem Ende sich na-
hen muß/ wenn er nicht mehr zunehmen kan. Zu
geschweigen daß durch die allzumerckliche Beför-
derung der Vollkommenheit die von GOtt ver-
ordneten Grade der natürlichen Bewegung über-
schritten/ und also auch in diesem Stück das En-
de seiner Dauerung befordert wird.

35.

Ferner weil der Mensch aus unterschiede-
nen Theilen des Leibes bestehet/ die ihre unter-
schiedene Wirckung haben/ auch etliche durch
unterschiedene Arten der Bewegungen oder durch
die Berührung unterschiedener außerlichen Din-
ge erhalten werden/ so ist offenbahr/ daß die na-
türliche Bewegung der menschlichen Glied-
massen
eine stete und harmonische Verände-
rung erfordere/
und dadurch die Kräffte in de-
sto besserer Dauerung und Vollkommenheit er-
halten werden könne/ und daß anderseits eine
continuirliche Bewegung oder Ruhe eines
Glieds böse sey/
weil sie solches entweder zu
fernerer Bewegung untüchtig macht oder ein-
schläffert.

36.

Gleicher gestalt ist auch dieses unter die
bösen Dinge zu rechnen/ wenn man die menschli-
chen Kräffte entweder stetswehrend auff ein
gewisses Ding
appliciret/ oder gar zu offte und

geschwin-
Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
34.

Denn daß auch dieſe letzte Art der Be-
wegung nicht gut/ ſondern boͤſe ſey/ flieſſet dar-
aus/ weil dadurch des Menſchen ſeine Daue-
rung verkuͤrtzet
wird/ in dem/ wie wir jetzo er-
wehnet/ er nothwendig zu ſeinem Ende ſich na-
hen muß/ wenn er nicht mehr zunehmen kan. Zu
geſchweigen daß durch die allzumerckliche Befoͤr-
derung der Vollkommenheit die von GOtt ver-
ordneten Grade der natuͤrlichen Bewegung uͤber-
ſchritten/ und alſo auch in dieſem Stuͤck das En-
de ſeiner Dauerung befordert wird.

35.

Ferner weil der Menſch aus unterſchiede-
nen Theilen des Leibes beſtehet/ die ihre unter-
ſchiedene Wirckung haben/ auch etliche durch
unterſchiedene Arten der Bewegungen oder durch
die Beruͤhrung unterſchiedener außerlichen Din-
ge erhalten werden/ ſo iſt offenbahr/ daß die na-
tuͤrliche Bewegung der menſchlichen Glied-
maſſen
eine ſtete und harmoniſche Veraͤnde-
rung erfordere/
und dadurch die Kraͤffte in de-
ſto beſſerer Dauerung und Vollkommenheit er-
halten werden koͤnne/ und daß anderſeits eine
continuirliche Bewegung oder Ruhe eines
Glieds boͤſe ſey/
weil ſie ſolches entweder zu
fernerer Bewegung untuͤchtig macht oder ein-
ſchlaͤffert.

36.

Gleicher geſtalt iſt auch dieſes unter die
boͤſen Dinge zu rechnen/ wenn man die menſchli-
chen Kraͤffte entweder ſtetswehrend auff ein
gewiſſes Ding
appliciret/ oder gar zu offte und

geſchwin-
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[16/0048] Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit 34. Denn daß auch dieſe letzte Art der Be- wegung nicht gut/ ſondern boͤſe ſey/ flieſſet dar- aus/ weil dadurch des Menſchen ſeine Daue- rung verkuͤrtzet wird/ in dem/ wie wir jetzo er- wehnet/ er nothwendig zu ſeinem Ende ſich na- hen muß/ wenn er nicht mehr zunehmen kan. Zu geſchweigen daß durch die allzumerckliche Befoͤr- derung der Vollkommenheit die von GOtt ver- ordneten Grade der natuͤrlichen Bewegung uͤber- ſchritten/ und alſo auch in dieſem Stuͤck das En- de ſeiner Dauerung befordert wird. 35. Ferner weil der Menſch aus unterſchiede- nen Theilen des Leibes beſtehet/ die ihre unter- ſchiedene Wirckung haben/ auch etliche durch unterſchiedene Arten der Bewegungen oder durch die Beruͤhrung unterſchiedener außerlichen Din- ge erhalten werden/ ſo iſt offenbahr/ daß die na- tuͤrliche Bewegung der menſchlichen Glied- maſſen eine ſtete und harmoniſche Veraͤnde- rung erfordere/ und dadurch die Kraͤffte in de- ſto beſſerer Dauerung und Vollkommenheit er- halten werden koͤnne/ und daß anderſeits eine continuirliche Bewegung oder Ruhe eines Glieds boͤſe ſey/ weil ſie ſolches entweder zu fernerer Bewegung untuͤchtig macht oder ein- ſchlaͤffert. 36. Gleicher geſtalt iſt auch dieſes unter die boͤſen Dinge zu rechnen/ wenn man die menſchli- chen Kraͤffte entweder ſtetswehrend auff ein gewiſſes Ding appliciret/ oder gar zu offte und geſchwin-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/48>, abgerufen am 13.11.2024.